
Breites Blech mit weichen Konturen, eine extra verlängerte Lenkergabel und der Antriebsriemen hat etwas von einem Transportband im Miniaturformat – irgendwie futuristisch sieht das Motorrad, ein „Big Bear“, von Jochen Walter aus.
Seine Freundin, Petra Kaiser, ist ebenso zur Motorradschau vor dem Festzelt des Musikvereins Sinzheim angebraust gekommen, und zwar mit einer Harley. Mit Argusaugen hat sie ihre „Softail“ im Blick. „Anfassen nur, wenn’s sein muss“, schmunzelt sie.
Die beiden sind ein echtes Rockerpaar, das wie etliche andere Rocker extra für das Samstagabendprogramm zum 100-jährigen Bestehen des MV einen Programmpunkt darstellt.
Duft von Benzin liegt im Sinzheimer Festzelt in der Luft
Punkt acht Uhr werfen die Rocker ihre Maschinen an. Lautes Knattern ist zu hören und die rund tausend Besucher im Festzelt drehen sich Richtung Zelteingang um.
Besucher, die dort stehen, bilden eine Gasse und die Fahrer der motorisierten Schmuckstücke defilieren vor dem Publikum. Der Duft von Benzin liegt in der Luft.
Was für eine irre Show!Besucherin am Samstagabend
Im Nu verbreiten die Rocker mit dem Sound ihrer Harleys das Lebensgefühl, das für viele Freiheit symbolisiert. Sie fahren bis vor die große Bühne und biegen dann rechts ab, um über einen Seitenausgang wieder zu verschwinden.
Von einem der letzten Motorräder klettert Dirigent Simon Huck vom Beifahrersitz herunter. Im selben Moment betreten die mehr als 50 Musiker die in blaues Licht getauchte Bühne.
Die großen Lautsprecherboxen wummern. „Highway to Hell“, grölt das Publikum den Refrain mit, es tanzt. „Was für eine irre Show“, ruft eine Besucherin im augenscheinlich gesetzten Alter und schwingt mit ihren Hüften.
Draht zum Publikum ist von Anfang an da
Siggi Schmich greift zum Mikrofon, er mimt gekonnt den aufgedrehten Ansager, der die Festgäste zusätzlich anspornt, während die Kapelle im Hintergrund immer noch die Straße zur Hölle intoniert.
Mit einem Satz begeben sich die beiden Interpreten von Hubers Party-Band, Thomas Huber und Silke Dugandzic auf die Bühne. Die Überleitung von den Rockern mit ihren legendären Harleys und dem Programmtitel „Sinze rockt“ ist gelungen. Der Draht zum Publikum ist vom ersten Moment an da.
Abwechselnd Arme hochreißen und in die Hände klatschen, „Radio Ga Ga“ sorgt für Bewegung im Publikum und „No Roots“ infiziert die Gäste prompt, denn der Rhythmus geht sofort ins Blut. Die starke Stimme der Sängerin überzeugt und bei dem Song „Big in Japan“, bei dem Erinnerungen aus den 1980ern wach werden, geht im Publikum die Post ab.
Dirigent legt sich beim MV Sinzheim ins Zeug
Bei zwei Instrumentaltiteln wird die musikalische Spielleistung der Musiker besonders deutlich – bei den Hörnern und Posaunen mit einem kräftigen Brass-Sound, der von den Holzbläsern mit hellen, verspielten Floskeln kontrastiert wird. Und am Dirigentenpult, da legt sich Simon Huck mordsmäßig ins Zeug. „Sauber die Dynamik herausgearbeitet“, finden zwei Big-Band-Musiker aus dem Publikum.
Während die Stimmung im Publikum gen Siedepunkt steuert, herrscht in der Küche geschäftiges Arbeiten. Die Frauen des Kartunger Narrenclubs (KNC) brutzeln, frittieren, belegen. Michael Hahn schneidet Brötchen auf und platziert sie auf Pappteller. „Ich bin für den Küchenablauf zuständig. Jeder hat seine Funktion zugewiesen bekommen“, sagt er.
Generalstabsmäßig läuft es auch in der Spülküche bei den Helfern des Musikvereins und bei der Bon-Ausgabe. Dort arbeiten die KNC-Frauen mit den Ehrenamtlichen vom Fanfarenzug Weisenbach Hand in Hand.
Das Festzelt war voll besetzt.Nicole Isabell Vogler
MV Sinzheim
„Freitagabend war die Hölle los“, berichtet Vorsitzender Ralf Schmidt im Gespräch. Sechs Musikformationen hätten bis spät abends das Publikum unterhalten, fügt er hinzu.
„Das Festzelt war voll besetzt. Schon bei der Schlepperschau zu Festbeginn waren viele da“, ergänzt Stellvertreterin Nicole Isabell Vogler.
Selbst der Sauerbraten begeistert
Auch der ökumenische Gottesdienst im Festzelt am dritten Festtag lockt viele Besucher an. Weitere Gäste stoßen um die Mittagszeit hinzu, denn es ist Sauerbraten angekündigt.
Parallel dazu treten verschiedene Gastkapellen auf. Ein musikalisches Glanzlicht wird zum Festausklang mit dem Galakonzert des Bezirksjugendorchesters Yburg-Windeck erwartet, das von Dirigentin Monika Gutmann dirigiert wird.