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Grandiose Aussicht

Weingut Kopp in Sinzheim-Ebenung: Wein wird zum Architektur-Erlebnis

Moderne Wein-Architektur gibt es in der Ortenau kaum. Nicht nur wegen der spektakulären Aussicht ist das neue Weingut Kopp in Sinzheim bei Baden-Baden ein Ausflugstipp.

Weingut Kopp
Mit seiner Erdfarbe fügt sich der große Baukörper in die Ausläufer des Fremersberges bei Sinzheim. Auf dem Dach steht das Penthouse des Winzers. Foto: Ulrich Coenen

Es ist ein beachtlicher Baukörper, der größte im Dörfchen Ebenung mit seinen lediglich 80 Einwohnern. Doch wenn man sich nur 50 Meter vom Weingut Kopp entfernt, verschwindet das zweieinhalbgeschossige Gebäude am Ausläufer des Fremersbergs in den Reben. Der Architekt Thomas Bechtold (Bühl) hat es hervorragend in die in zwei Richtungen steil abfallende Vorgebirgszone eingefügt.

Moderne Weinarchitektur liegt zwar im Trend, ist aber in der Ortenau bislang nur selten angekommen. Vermeintliche Bautradition hat sich in den vergangenen Jahrzehnten oft in Fassaden mit bayrischen Blumenbalkonen erschöpft, die verschämt vor einen unattraktiven Zweckbau gestellt wurden. Der Winzer Johannes Kopp, dessen Familie bereits seit 1928 in Ebenung ansässig ist, hat als Bauherr ein modernes architektonisches Zeichen gesetzt. Das soll Wein zum Erlebnis machen.

Hier schlägt das Herz des Hauses.
Thomas Bechtold, Architekt

In Ermangelung an traditionellen mittelbadischen Vorbildern erinnert das Weingut Kopp eher an eine Villa, die der Bauherr wegen der grandiosen Lage an diesem Ort gebaut hat. Das verwundert nicht, denn Bechtold ist auf anspruchsvolle Einfamilienhäuser spezialisiert und wurde dafür mehrfach vom Bund Deutscher Architektinnen und Architekten (BDA) und der Architektenkammer ausgezeichnet.

Im Sinzheimer Ortsteil Ebenung ist sein erstes Weingut entstanden, für das Bechtold typische Stilmerkmale seiner zum Teil villenartigen Einfamilienhäuser übernommen hat.

Weingut Kopp
Eingebettet in die Rebhänge: Der große Baukörper des Weinguts Kopp im Sinzheimer Ortsteil Ebenung verschwindet beinahe in der Vorgebirgszone. Foto: Ulrich Coenen

Der Besucher nähert sich dem Weingut über den speziell für das Restaurant im ersten Obergeschoss neu angelegten Parkplatz. Vor ihm erhebt sich ein lang gestreckter Baukörper über rechteckigem Grundriss mit den Abmessungen 38 mal 18 Meter. Das Untergeschoss des Stahlbetonbaus ist in Sandfarben verputzt, das Obergeschoss mit Cortenstahl verkleidet. Dank dieser rostbraunen Erdfarbe wirkt er wie in die Landschaft gebettet. Bechtold, der eigentlich für weiße Putzfassaden steht, ist aus gutem Grund von seiner Vorliebe abgewichen.

Weingut Kopp
Grandiose Aussicht: Durch die großen Panoramafenster des Restaurants blickt der Gast auf Schwarzwald, Vorgebirgszone und Oberrheintal. Der Blick fällt zunächst auf den Baden-Badener Stadtteil Varnhalt. Foto: Ulrich Coenen

Der Balkon des Restaurants im ersten Obergeschoss, der Beletage des Hauses, kragt vier Meter in die Reblandschaft vor. Im Penthouse auf dem Dach befindet sich die Wohnung des Winzers, komplett in Holzbauweise. Der vorspringende Balkon und das zurückspringende Penthouse staffeln den Baukörper doppelt und geben ihm – auch wegen der unterschiedlichen Materialien – beinahe ein reliefartige Struktur.

Weingut Kopp
Blick ins Restaurant des Weinguts Kopp Foto: Ulrich Coenen

Im Weinkeller schlägt das Herz des Gebäudes

Der Restaurantbesucher betritt das Weingut ganz bewusst durch den Weinkeller. „Hier schlägt das Herz des Hauses“, meint Bechtold. Das dunkle Lager mit den Barrique-Fässern an der rechten Seite ist mit Kunstlicht erleuchtet. Es riecht nach Wein.

Der Eingangsbereich und das Treppenhaus sind brutalistisch mit nacktem Beton am Boden und den Wänden. Über die Podesttreppe steigt der Gast empor, blickt zunächst auf eine spartanische Betonwand, wendet sich und erklimmt die letzten Stufen. Der erste Eindruck, der sich mit jedem Schritt verstärkt, ist kaum zu beschreiben.

Weingut Kopp
Die Vinothek des Weinguts Kopp. Im Hintergrund links ist das Treppenhaus zu sehen. Foto: Ulrich Coenen

Die Aussicht über die Ausläufer des Schwarzwalds, das Rebland bis Bühl und die Rheinebene bis Straßburg, die sich plötzlich vor dem Besucher auftut, ist ebenso überraschend wie spektakulär. Die bodentiefen, vier Meter hohen Fenster und noch mehr der Balkon zeigen ein Panorama, das in der Region, die viele schöne Aussichten kennt, seinesgleichen sucht.

Weingut Kopp
Herz des Weinguts: Der Restaurantbesucher betritt das Gebäude durch den Weinkeller. Dort lagern die Barriquefässer. Foto: Ulrich Coenen

Die kleinere Vinothek, die der Besucher zunächst erblickt, und das anschließende größere Restaurant mit 80 Sitzplätzen sind weniger karg als der Treppenaufgang, aber ebenfalls puristisch gestaltet. Bechtold beschränkt sich auf wenige Farben wie das Grau des Zementestrichs und das Braun der Tische aus Eichenholz.

Lediglich im Restaurant erlaubt er sich an der mit blauen Relieffliesen verkleideten Theke, hinter der sich mit einem Glasfenster der Blick in die Küche öffnet, einen bunten Tupfer. Es ist ein bewusster Hinweis auf die Firmenfarbe des Bauherrn. Gegen den Schwarzwald grenzt das Restaurant an seiner Schmalseite mit einer tief in die Wand geschnittenen Loggia. Dank des steil abfallenden Hangs kann der Gast von hier aus ebenerdig den Garten betreten.

Weingut Kopp
Vier Meter ragt der Balkon ins Rebland: Das Weingut Kopp bietet den Besuchern dank seiner Lage in den Reben eine phantastische Aussicht bis zum Straßburger Münster. Foto: Ulrich Coenen

Der Weg in die private Wohnung des Winzers im Penthouse bleibt den Restaurantbesuchern selbstverständlich verwehrt. Das ist fast zu bedauern, denn fünfeinhalb Meter über dem Fußbodenniveau des Restaurants schweift der Blick noch weiter ins Rheintal. Die normale Raumhöhe in dieser Holzarchitektur wirkt beinahe ein wenig drückend, wenn man aus der großzügigen Beletage des Restaurants in die Privaträume empor gestiegen ist.

Dieses Weingut ist in Mittelbaden einzigartig und wird hoffentlich Winzergenossenschaften und Winzern in ihrer Rolle als Bauherren wichtige Impulse geben. Das Weinland Baden braucht mehr anspruchsvolle moderne Wein-Architektur wie diese.

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