Inzwischen wächst im wahrsten Sinne des Wortes Gras über die Sache. Auf dem Gelände der Skandal-Baustelle mitten im Herzen des Steinbacher Städtl sprießt so manches Pflänzchen, das dort eigentlich nicht hingehört. Die Baustelle ruht seit Sommer 2018, weil der Investor ohne Genehmigung der Denkmalbehörden das Dach des denkmalgeschützten Barockhauses Steinbacher Straße 49 einfach abgerissen hat.
Wie bereits mehrfach berichtet, sind gleich drei historische Gebäude, von denen zwei denkmalgeschützt sind, von dieser Misere betroffen. Das Projekt stand von Anfang an unter keinem guten Stern. Zwei Investoren versuchten sich seit 2010 vergeblich an der Sanierung der drei Häuser, bevor der jetzige Bauträger 2015 eingestiegen ist. Der trieb die Sanierung zunächst zügig voran. Zehn Wohnungen sollten in den drei Gebäuden entstehen. Sie waren schnell verkauft.
Mehr als die Hälfte der Baudenkmäler vernichtet
Weil die denkmalpflegerischen Vorgaben bei der Sanierung nicht eingehalten und mehr als die Hälfte der originalen Bausubstanz vernichtet wurde, strich das Landesamt für Denkmalpflege die beiden Häuser 2018 aus der Denkmalliste. Seit Frühjahr 2019 sind die Wohnungen im Haus 53 und in der ehemaligen Schreinerwerkstatt (Nr. 51) an der Rückseite des Hauses 49 bezogen.
Während diese beiden Gebäude zumindest provisorisch fertiggestellt wurden, steht das wertvollste Gebäude des Ensembles aus dem späten 17. Jahrhundert nach wie vor ohne Dach da. Die Planen auf der obersten Geschossdecke hat der Wind längst losgerissen, die Fachwerkkonstruktion ist Wind und Wetter seit zwei Jahren schutzlos ausgeliefert. Das hat Spuren hinterlassen.
Nur noch Kontakt über Anwälte und Gerichte
Der Bauträger und die Wohnungskäufer haben offensichtlich nur noch Kontakt über Anwälte und Gerichte. Besonders schlimm betroffen sind die Käufer der Wohnungen im Barockhaus ohne Dach. Gegenüber dieser Redaktion berichtet eine Familie, dass sie bereits 200.000 Euro für eine Ruine angezahlt hat. Sie hat in zwei Instanzen gegen den Investor geklagt und gewonnen. Geld zurück gab es bisher trotzdem nicht.
„Inzwischen sind wir in der Zwangsvollstreckung“, sagen die Käufer. Den Termin mit dem Gerichtsvollzieher habe der Bauträger allerdings platzen lassen und stattdessen ein ärztliches Attest vorgelegt. „Wir müssen abwarten, wie es weitergeht“, meinen sie.
Terrasse aus Paletten gebaut
Doch auch die beiden anderen Gebäude und der zentrale Hof sind in einem unerfreulichen Zustand. Die Pflastersteine liegen auf einem großen Haufen, über den Hof wurden stattdessen Planken für die Bewohner verlegt. Not macht erfinderisch und so haben sich diese aus Paletten eine Terrasse gezimmert. Die ehemalige Schreinerei hat eine Hausnummer bekommen: aus der Spraydose.
Dennoch gibt man in der Baden-Badener Stadtverwaltung, die 2018 auf ein Bußgeld wegen Denkmalzerstörung verzichtet hat, die Hoffnung auf eine Fortführung des Projekts nicht auf. „Ich hatte Kontakt mit dem Investor und seinem Anwalt“, berichtet Alexander Uhlig, Erster Bürgermeister und Baudezernent der Stadt, auf Anfrage dieser Redaktion. „Ich klemme mich hinter diese Geschichte, weil es so wie bisher nicht weitergehen kann.“
Nichts Neues für die Stadt Baden-Baden
Inhaltlich sei im Gespräch allerdings nichts Neues rübergekommen, räumt Uhlig ein. Der Investor hatte ursprünglich angekündigt, die unterbrochenen Bauarbeiten im ersten Quartal 2020 fortzuführen (wir berichteten). Daraus wurde nichts. Als Grund nannte er Uhlig gegenüber die Corona-Pandemie.
„Nichtsdestotrotz muss es jetzt weitergehen“, fordert der Bürgermeister.
„Der Investor hat eine Baugenehmigung und eine Baufreigabe. Er kommt aus der Kritik, die sich gegen ihn richtet, nur heraus, wenn er vorwärts marschiert. Wir müssen diese Misere beenden, weil die Bausubstanz wird immer schlechter.“ Von einem Abriss des Barockhauses will Uhlig nichts wissen: „So weit sind wir noch nicht.“
Der Investor reagierte auf die Anfrage dieser Redaktion nicht.