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"wundersame Windvermehrung"

Skepsis in Bühl: Windatlas weist riesige Flächen im Rheintal als geeignet für Windkraft aus

Im Bühler Rathaus überwiegt im Hinblick auf Windkraft in der Rheinebene die Skepsis. Der neue Windatlas Baden-Württemberg weist riesige Flächen im Rheintal als geeignete Standorte für Windkraftanlagen aus. „Das ist eine wundersame Windvermehrung“, meint Oberbürgermeister Hubert Schnurr. „Ich weiß nicht, wie man das werten soll.“

Windkraft
Als wichtige Maßnahmen für die Energiewende bezeichneten 92 Prozent der über 14-Jährigen in Deutschland den Ausbau erneuerbarer Energiequellen wie Windkraft und Sonne. Foto: Patrick Pleul

Der OB verweist auf den alten Windatlas 2011. Der ging davon aus, dass die „Windhöffigkeit“, so der damalige Fachbegriff, im Rheintal gering sei und sich Windkraftanlagen nur im Schwarzwald lohnen. Inzwischen hat sich im neuen Planwerk des Stuttgarter Umweltministeriums nicht nur die Begrifflichkeit geändert.

Gerd Hager, Regionaldirektor des Regionalverbands Mittlerer Oberrhein, hat das im Interview mit unserer Redaktion am 25. Juni erklärt: „Wir haben eine völlig neue Datengrundlage. Das Umweltministerium nennt die größere Nabenhöhe von 160 Metern (statt vorher 100 Meter), in der der Wind nun gemessen wurde, die viel besseren Echtdaten von bereits laufenden Windkraftanlagen und die Tatsache, dass kleinräumige Wetterverhältnisse mit berücksichtigt wurden.“

Kontroverse Diskussionen

Im Bühler Gemeinderat hat die Windkraft in der Vergangenheit für zum Teil kontroverse Diskussionen gesorgt. Insgesamt hielt sich die Begeisterung für diese alternative Energie in überschaubaren Grenzen. Gemeinsam mit den Nachbargemeinden Bühlertal, Sinzheim und Ottersweier hat Bühl eine Planungsgemeinschaft gebildet, damit nicht jede Kommune eigene geeignete Standorte ausweisen muss.

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Hubert Schnurr ist Oberbürgermeister der Stadt Bühl. Foto: Ulrich Coenen

Nur ein Standort

Die Entscheidung fiel schließlich für einen einzigen Standort nordwestlich der Bühlerhöhe, wo maximal vier bis fünf Windkraftanlagen möglich sein sollen. Das Rheintal wurde wegen fehlender Wirtschaftlichkeit und wegen der hohen Wertigkeit der Fauna (Vogelschutzgebiete Natura 2000) bewusst ausgeschlossen.

Noch nicht beschlossen

„Dieser Teilplan Wind des Flächennutzungsplans wurde vom Gemeinderat aber noch nicht beschlossen“, erklärt Schnurr. Aktuell will er das Thema auch nicht zum Beschluss auf die Tagesordnung setzen. „Wir warten die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg ab“, sagt der OB. Wie berichtet, haben Baden-Baden, Malsch, Forbach und Ettlingen Klage gegen die Vorranggebiete eingereicht, die der Regionalverband als Bestenliste ausgewiesen hat.

Windkraft ist privilegiert

Grundsätzlich sind Windkraftanlagen wie die Landwirtschaft privilegiert und dürfen überall im Außenbereich errichtet werden. Wenn ein Grundstückseigentümer und ein Betreiber sich zusammentun und einen Abstand von 700 Metern zu Wohngebieten einhalten, können sie eine solche Anlage in der Regel bauen.

Hager: Gemeinden müssen reagieren

Regionaldirektor Hager hat den Städten und Gemeinden im Interview mit dieser Zeitung empfohlen, jetzt zu reagieren, wenn sie die Windkraftansiedlung selbst steuern wollen. Sie können Vorrang- und Ausschlussgebiete ausweisen. Sie dürfen aber keine Negativplanung machen und müssen substanziell Raum für die Windkraft schaffen.

Schnurr sieht keinen Handlungsbedarf

Für eine Überarbeitung des Teilplans Wind auf Bühler Gemarkung sieht Schnurr dennoch aktuell keinen Bedarf. „Allein auf der Basis des neuen Windatlas wird sich kein Investor finden“, meint der OB. „Da wäre schon eine Machbarkeitsstudie nötig.“

Auch Stromleitungen unbeliebt

Der Oberbürgermeister glaubt nicht, dass der Wind im Rheintal so stark weht, dass sich Windkraftanlagen hier wirtschaftlich lohnen. „Man sollte diese Anlagen dort bauen, wo wirklich Wind weht und den Strom dann hierher transportieren“, fordert er. Dabei ist Schnurr klar, dass die großen Stromleitungen bei den Menschen im Südwesten ebenso unbeliebt sind wie die Windkraftanlagen selbst. „Wo gibt es keinen Ärger?“ fragt er rhetorisch.

Offshore und Solar

Schnurr weiß auch, dass in der nördlichen Hälfte der Bundesrepublik schon sehr viele Windkraftanlagen stehen und dort kaum mehr Zuwachs möglich ist. Als Lösung sieht er Offshore-Anlagen auf dem Meer. Und er verweist auch darauf, dass bei Solaranlagen die Potenziale bei weitem noch nicht ausgeschöpft sind.

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