Sage niemand, die Geschichte habe nichts Neues aufs Lager. Das Stadtmuseum in der Bühler Schwanenstraße beweist das Gegenteil. Das Team vom Stadtgeschichtlichen Institut hat für einen neuen Flyer auch neue Führungen und museumspädagogische Angebote entwickelt.
Der 2017 aufgelegte Flyer war vergriffen, berichtet Ina Stirm vom Stadtgeschichtlichen Institut. Für eine Neuauflage ist er überarbeitet und ergänzt worden. Neu ist nun eine Führung unter dem Titel „Krieg und Frieden“. Das sei so aktuell wie nie, sagt Stirm, um gleich hinzuzufügen: „Oder eigentlich wie immer“. Das Angebot richtet sich an Zwölf- bis 16-Jährige. Bei einem Rundgang zum Museum werden einschlägige Exponate aus verschiedenen Epochen genauer betrachtet. In einem praktischen Teil entstehen Glücksamulette.
Für den Rundgang, Neuerung zwei, wird ein eigener Flyer als Fragenkatalog produziert und an der Theke im Eingangsbereich platziert. 14 Fragen leiten die Besucher durch die Museumsräume. Stirm und Müller verstehen den Fragenkatalog als Anregung für einen individuellen Rundgang mit Zeit zum Austausch und zur Diskussion.
Krieg und Frieden im Museum in Bühl
Die dritte Neuheit hat ihren Platz nicht im Stadtmuseum selbst. Weil dessen Räume für ganze Schulklassen nicht groß genug seien, „gehen wir in die Schulen“, kündigt Stirm an. Für die Mittel- und Oberstufe bietet das Stadtmuseum eine Quellenarbeit zur NS-Zeit an. Die Schülerinnen und Schüler können sich dabei mit Dokumenten aus dem Nachlass zweier Bühler Persönlichkeiten befassen, die unterschiedlicher nicht hätten sein können.
Der eine war ein überzeugter Nationalsozialist, der nach 1945 wenig Einsicht zeigte, der andere ein im Erwachsenenalter aus der israelitischen Religionsgemeinschaft ausgetretener Mann, der 1945 noch in ein Konzentrationslager gesteckt wurde, aber überlebte. „Wie haben diese Männer diese Zeit erlebt?“ Dieser Frage wolle der Workshop auf den Grund gehen, der sich auch mit den bereits angebotenen Führungen „Unterm Hakenkreuz – Bühl und der Nationalsozialismus“ oder „Jüdisches Leben“ kombinieren lasse.
Ritter sind in Bühl beliebt
Auch Führungen wie „Was einer ‘im Schilde’ führt – Sagen und Burgen der Region“ sind weiter möglich. Gerade Ritter und Sagen übten eine große Faszination auf die jungen Besucher aus: „Das ist der absolute Renner“, informiert Ina Stirm. Insgesamt aber sei gerade bei Kinder- und Schulführungen, anders als bei Erwachsenenführungen, das Niveau der Vor-Corona-Zeit bei Weitem noch nicht erreicht, bilanziert Marco Müller vom Stadtgeschichtlichen Institut. 2022 zählte das Stadtmuseum 37 Erwachsenen- und 17 Kinderführungen; 2019 hatten diese Zahlen bei 34 und 31 gelegen.
Die Gesamtzahl der Besucher im Stadtmuseum hat sich im vergangenen Jahr mehr als verdoppelt. Sie stieg von 871 auf 1.922 an 118 Öffnungstagen und ist damit auf dem Niveau der Vor-Corona-Zeit. 2019 waren es 2.216 Besucher an allerdings 151 Öffnungstagen gewesen – erst Ende März des vergangenen Jahres endete im Stadtmuseum die Corona-Zwangspause.
Aktuell ist im ersten Obergeschoss die Wanderausstellung des Vereins Kulturerbe Schwarzwaldhochstraße zur Geschichte dieser Panoramastraße zu sehen. Sie wurde ergänzt um Exponate aus den Beständen von Stadtgeschichtlichem Institut und Stadtmuseum. Ins Auge fallt ein Paar Skier „made in Bühl“: Die Firma Schick hatte in den ersten Jahrzehnten des Wintersports im Nordschwarzwald einen Ruf von internationalem Klang. Dazu kommen unter anderem Bilder, die leichte Wehmut darüber aufkommen lassen können, was im Nordschwarzwald einst alles möglich war.
Die Ausstellung ist voraussichtlich bis zum 1. Oktober zu sehen, immer dienstags von 9 bis 13 Uhr, donnerstags von 14 bis 18 Uhr und sonntags von 14 bis 18 Uhr.
Für den Oktober kündigt Marco Müller bereits eine weitere Ausstellung an. Im Mittelpunkt steht Otto Seifried, der als Spätheimkehrer erst 1955 aus russischer Gefangenschaft zurück nach Bühl kam. Mit Bleistift, Kohle oder Pastellfarben hat er in Zeichnungen das Lagerleben festgehalten. Teils sind sie noch in der Gefangenschaft entstanden, „und es ist ihm irgendwie gelungen, sie an den russischen Soldaten vorbeizuschmuggeln“, sagt Müller. Ergänzt werde die Ausstellung mit Hinweisen zu weiteren Schicksalen von Kriegsgefangenen aus Bühl.
Service
Der Flyer liegt in vielen öffentlichen Einrichtungen aus. Gruppen können sich anmelden beim Stadtgeschichtlichen Institut, (07223) 940876, stgi.stadt@buehl.de. Der Eintritt ins Museum ist kostenlos. Gebühren fallen nur bei Führungen und Kursen an. Für Bühler Schulen und Kindergärten sind auch diese kostenlos.