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Corona-Krise

Stadtpfarrer aus Bühl wehrt sich gegen Kritik an Online-Gottesdiensten

In Zeiten von Corona sind Gottesdienste anders. Viele katholische Priester haben aus der Not heraus ihre Messen ins Internet verlagert. Das sorgt auf dem Internetportal der katholischen Kirche in Deutschland (katholisch.de) seit Wochen für kontroverse Diskussionen.

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Theologische Grundsatzdiskussionen im Internet irritieren: Stadtpfarrer Wolf-Dieter Geißler (links) und Dekan Martin Schlick beziehen deutlich Stellung. Foto: Lienhard

Gleich drei Professoren für Liturgiewissenschaft üben heftige Kritik an den Online-Messen: Es sind Albert Gerhards (Bonn), Benedikt Kranemann (Erfurt) und Stephan Winter (Münster). „Spätestens seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil gilt die Heilige Messe nicht mehr als Besitzstand der Priester“, meinen sie.

Wegen der Messen im Internet fürchten sie eine „doppelte Exklusion“ der Laien. Doch damit nicht genug. Kaum sind Gottesdienste unter bestimmten Einschränkungen wieder erlaubt, meldet sich der Magdeburger Bischof Gerhard Feige zu Wort. „Nur eine geringe Zahl von Gläubigen wird nach bestimmten Kriterien zugelassen“, schreibt er. „Nicht die Kranken und Schwachen dürfen kommen, sondern nur die Starken und Gesunden.“ Er spricht von einem „Pyrrhussieg“.

Die jetzige Situation hat niemand gedacht und geregelt.
Wolf-Dieter Geißler, Stadtpfarrer von Bühl, verteidigt die Online-Messen gegen Kritik

Diese sehr akademischen Diskussionen der Theologen kommen an der Basis nicht wirklich gut an. „Das geht mir auf die Nerven“, meint der Bühler Stadtpfarrer Wolf-Dieter Geißler auf Anfrage dieser Redaktion.

„Alle Regeln für Gottesdienste, die die Kirche über Jahrhunderte aufgestellt haben, gelten für den Normalfall. Die jetzige Situation hat niemand gedacht und geregelt.“

Er habe pragmatische Lösungen gesucht, sagt Geißler im Hinblick auf seine Internet-Gottesdienste. „Ich habe mich gefragt, wie können wir den Auftrag, das Evangelium zu den Menschen zu bringen, schaffen. Wir standen vor der Frage: Machen wir nichts oder ein Angebot für die Menschen? Theologisch muss das an anderer Stelle diskutiert werden, auch im Nachhinein. Jetzt ist jedenfalls keine Zeit für Grundsatzdiskussionen. Die Leute sind froh über die Internet-Gottesdienste. Das zeigen die Rückmeldungen.“ Geißler verweist ausdrücklich auf das Kirchenrecht, in dem es heiße: „Das Heil der Seelen ist das höchste Gebot.“

Probleme hat der Bühler Stadtpfarrer mit den Regeln für Gottesdienste unter Auflagen. „Damit tue ich mich arg schwer“, räumt er ein. „Ich darf nur 60 Leute in die Kirche lassen und muss die Messe ohne Gesang und Ministranten feiern. Da frage ich mich schon, ob ein Online-Gottesdienst nicht besser ist. Da können die Leute daheim auf dem Sofa mitsingen.“ Der Verzicht auf Gesang sei auch bei „Hybrid-Gottesdienste“ (mit 60 Personen in der Kirche und gleichzeitig Online-Übertragung) ein Handicap.

Gottesdienst unter freiem Himmel als Zwischenlösung?

Jetzt setzt Geißler auf Gottesdienst unter freiem Himmel. „Dann können mehr Gläubige kommen“, sagt er.

Auch Martin Schlick, Dekan des Dekanats Baden-Baden Bühl und Pfarrer der Seelsorgeeinheit Sinzheim/Hügelsheim, weist im Hinblick auf die Diskussion im katholischen Internetforum darauf hin, dass die jetzige Situation eine Ausnahmesituation sei.

Zu Online-Gottesdiensten konnte sich Schlick nicht entschließen. Das überrascht, denn er gehört ohne Zweifel zu den Priestern die sich dem Internet schon sehr früh und mit Begeisterung zugewandt haben. Die Pfarrgemeinde Sinzheim ging bereits im vergangenen Jahrtausend online, die Seite hat Schlick selbst programmiert und betreut sie bis heute.

„Online-Gottesdienste überlasse ich denen, die das besser können“, sagt Schlick. „Als Notlösung finde ich sie prinzipiell gut, wenn man entsprechende Fachleute und Technik hat, die die Qualität bei der Übertragung garantieren.“ Dies sei wegen der SWR-Mitarbeiter beispielsweise in der Seelsorgeeinheit Baden-Baden der Fall. Auch das „Wiederhochfahren“ der Gottesdienste unter Einschränkungen erfordere Kreativität. „Ich will das in meiner Seelsorgeeinheit zunächst in den Gremien besprechen“, berichtet er. „Die muss ich aber erst einmal zusammentrommeln.“ In Corona-Zeiten ist das gar nicht so einfach.

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