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Bürgermeister informiert Gemeinderat

Ukrainische Flüchtlinge in Bühl: Tafel und Hotels sind erste Anlaufstationen

Ukrainische Flüchtlinge stellen die Stadt Bühl vor gewaltige Herausforderungen. Nicht nur Wohnungen werden gesucht. Auch neue Plätze in Kindergärten und Schulen sind nötig.

Krone Oberbruch
Neue Aufgabe: Bis vor wenige Monaten war das Gasthaus „Krone“ in Oberbruch ein Gourmet-Restaurant. Jetzt werden im Hotel ukrainische Flüchtlinge untergebracht. Foto: Ulrich Coenen

Oberbürgermeister Hubert Schnurr (FW) hatte dem Bühler Gemeinderat einen „großen und nachdenklichen Bericht“ angekündigt. Sein Stellvertreter Wolfgang Jokerst (Grüne) hat sich in seinem anschließenden Vortrag mit den Auswirkungen des russischen Überfalls auf die Ukraine auf die Stadt Bühl beschäftigt. Danach diskutierte der Gemeinderat ausführlich über die Konsequenzen.

Jokerst sprach von aktuell 2,5 Millionen Flüchtlingen, die ihre Heimat verlassen haben. Nach einer Videokonferenz mit EU-Abgeordneten gehe er davon aus, dass diese Zahl auf bis zu acht Millionen steigen könne. „Die Dimensionen vermag noch niemand zu prognostizieren“, meinte der Erste Beigeordnete.

Es sei aber bereits jetzt absehbar, dass die derzeitigen Kapazitäten nicht ausreichen würden. Die Landeserstaufnahmestellen (LEA) seinen bereits fast vollständig belegt.

Bislang rund 180 Ukraine-Flüchtlinge in Bühl untergebracht

In Bühl sind aktuell 106 ukrainische Flüchtlinge privat untergebracht, weitere 70 wohnen in den Gasthäusern „Blume“ in Rittersbach und „Krone“ in Oberbruch. „Die Zahl wird sich sehr schnell auf 300 erhöhen“, sagte Jokerst. Die Kommune hat eine Vermittlungsstelle eingerichtet. Rund 20 Wohnungen wurden der Stadt bereits angeboten, darunter auch Vereinsräume in Balzhofen. Zehn sind bereits belegt.

Die Kommune teilt die angebotenen Wohnungen, die vom städtischen Vollzugsdienst und der Hochbauabteilung besichtigt werden, in drei Kategorien. Die der dritten Kategorie, zu der einzelne Zimmer ohne Bad und Küche zählen, sind nur für einen kurzen Aufenthalt geeignet. „Dank der Unterstützung aus der Bevölkerung und des großen Engagements der Rathausmitarbeiter funktioniert bisher alles gut“, meinte Jokerst.

Das Kultusministerium sagt jedem Kind einen Schulplatz zu.
Wolfgang Jokerst (Grüne), Erster Beigeordneter

Ein wichtiger Aspekt ist die Registrierung der neu angekommen Flüchtlinge, weil diese die Grundlage für den Bezug von Sozialleistungen darstellt. Die meisten Flüchtlinge sind Frauen mit Kindern. Das stellt die Kitas und Schulen in Bühl vor Herausforderungen, vor allem die Kindergärten, in denen die Plätze ohnehin knapp sind. „Das Kultusministerium sagt jedem Kind einen Schulplatz zu“, berichtete Jokerst. Wie auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise in den Jahren 2015 und 2016 sollen Vorbereitungsklassen eingerichtet werden.

Unterstützerkreis von 2015 könnte reaktiviert werden

Nach Auskunft von Jokerst leben in Bühl rund 30 ukrainischstämmige Menschen. „Wir suchen Leute mit ukrainischen Sprachkenntnissen, die uns als Dolmetscher und eventuell Sprachlehrer unterstützen können“, sagte er. Gleichzeitig will die Kommune die 100 bis 200 Mitarbeiter des Unterstützerkreises von 2015 reaktivieren. „Von deren Erfahrungen möchten wir profitieren“, meinte der Beigeordnete.

Das sei wichtig, weil das Angebot an Deutsch-Sprachkursen nicht sofort erhöht wird. Ein Kursangebot gibt es nur, wenn im Rahmen der bestehenden Kapazitäten Plätze frei sind. „2015 haben sich eine ganze Reihe pensionierter Lehrer gemeldet, um zu helfen“, erinnerte Jokerst.

Pit Hirn (SPD) wies darauf hin, dass die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ein Sonderprogramm auflegt. „Hilft uns das bei Flüchtlingseinrichtungen?“, fragte er. „Wir müssen uns Gedanken machen, ob wir dauerhafte Einrichtungen wie eine Containersiedlung bauen wollen“, erklärte Jokerst. „In diesem Fall brauchen wir Fördergelder.“

Lutz Jäckel (FDP) warb dafür, nicht nur nach ehrenamtlichen Helfern zu suchen, die Ukrainisch sprechen. „Die meisten Ukrainer sprechen Russisch“, stellte er fest. Gleichzeitig sah er die Tafel in einer schwierigen Situation, weil sie erste Anlaufstelle der Flüchtlinge sei. Er empfahl Spendern, Gutscheine im CAP-Markt zu kaufen und diese an die Tafel weiterzugeben. Die könne dann Lebensmittel im CAP-Markt kaufen, so dass beide Unternehmen profitierten.

Tafel braucht mehr Waren, um Ukraine-Flüchtlinge zu versorgen

Auch Beate Gässler (GAL) betonte die besondere Leistung der Tafel in dieser Situation. Die brauche unbedingt mehr Waren, um die Flüchtlinge zu versorgen. „Die Waren sind nicht das Problem“, erklärte Johannes van Daalen (CDU). Inzwischen seien Gutscheine in Höhe von 10.000 Euro für den CAP-Markt gespendet worden. „Der Tafel fehlt es an Personal, auch wegen der Corona-Pandemie“, erklärte van Daalen.

Timo Gretz (SPD) stellte fest, dass die Tafel als private Organisation die Versorgung von Menschen in Not übernehmen müsse. „Sie sollte personell unterstützt werden“, forderte er. „Gäbe es die Tafel nicht, müsste der Staat diese Aufgabe erledigen.“ Das sah Walter Seifermann (GAL) ähnlich. „Die Tafel übernimmt eine zentrale Aufgabe in der Krisenbewältigung. Und diese Krise fängt gerade erst an.“

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