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Ochsentour nach Moldawien

Unterstützung für ukrainische Flüchtlinge: Bühler Helfer haben in Kalarasch Tränen in den Augen

Eine Ochsentour nennt der Bühler Feuerwehrkommandant Günter Dußmann den Hilfstransport in die moldawische Partnerregion Kalarasch. Für ihn und seine Mitstreiter sei es eine schwierige Aufgabe gewesen. In Kalarasch flossen auch Tränen.

Lkw wird entladen
Auch Feldbetten und Matratzen waren auf dem Lkw, den Bühler Feuerwehrangehörige nach Kalarasch steuerten. Foto: Günter Dußmann

Nach fast 108 Stunden sind die Helfer von der Bühler Feuerwehr zurück aus Kalarasch. Auf dem Hinweg 32 Stunden Fahrt und fünf Stunden Pause, das gleiche Programm auf dem Rückweg. „Das war eine Ochsentour“, sagt Kommandant Günter Dußmann.

Gemeinsam mit seinen Feuerwehrkollegen Oliver Linz, Christian Stricker und Tobias Nehus sowie Dolmetscher Johann Schmidt brachte er einen Lastwagen voller Hilfsgüter für ukrainische Flüchtlinge in die Bühler Partnerregion. Dußmann zollt seiner Truppe „allerhöchsten Respekt“. Jeder könne sich auf jeden verlassen, „sonst ginge das gar nicht“.

Zeit zum Durchatmen blieb dem Quintett nicht. Der Vorteil des straffen Zeitplans: Die Gruppe erreichte die rumänisch-moldawische Grenze am frühen Morgen, so dass der gesamte Tag zum Abladen genutzt werden konnte.

Moldawische Zöllner sind irritiert von Facebook-Post der Bühler Feuerwehr

Zuvor indes war eine heikle Situation zu bewältigen. Die Zollpapiere waren bereits ausgefüllt worden, als noch gar nicht klar war, was alles mitgenommen würde: „Das musste in der Vorbereitung alles ziemlich schnell gehen“, sagt Dußmann. Die moldawischen Zöllner waren bei der Arbeit, derweil nutzte der Kommandant die Wartezeit, um auf der Facebook-Seite der Feuerwehr einen Post abzusetzen. Auf diese Weise informierte er von unterwegs über den Transport.

Das war in diesem Fall ein wenig vorschnell. Denn er berichtete, dass mitgebrachte Medikamente direkt an Ärzte übergeben werden sollen.

Auch die Zöllner lasen dies, nur fanden sie auf der Liste der Ladung keine Medikamente. „Die Zöllner machten nur ihre Arbeit“, erzählt Dußmann, der nach einem Hinweis eines moldawischen Partners den Post sofort änderte.

Leute in Flur
Übergabe: Die mitgebrachten Medikamente wurden in Kalarasch einer Ärztin übergeben. Die Hilfsgüter wurden in verschiedenen Orten im Rayon Kalarasch verteilt. Foto: Günter Dußmann

Gerade in solchen Situationen seien die Kontakte hilfreich, die die Feuerwehr in den vergangenen Jahren aufgebaut habe.

Kontakt mit ukrainischen Flüchtlingen berührt Feuerwehrleute

Die Kontakte zu den Flüchtlingen hätten die Gruppe extrem angefasst: „Wir hatten Tränen in den Augen“, berichtet Dußmann. „Wenn man daneben steht, sieht, wie sie beim Reden mit den Tränen kämpfen, dann ist das etwas ganz anderes, als es im Fernsehen zu sehen.“

Lange hätte ich nicht mehr übersetzen können.
Johann Schmidt, Dolmetscher

Johann Schmidt berichtet von Gesprächen, bei denen er die Tränen hinunterschlucken musste: „Lange hätte ich nicht mehr übersetzen können.“

Gruppenbild
Treffen mit Geflüchteten: Die Bühler Feuerwehrleute unterhielten sich, übersetzt von Johann Schmidt, mit ukrainischen Frauen und Kindern in Kalarasch. Foto: Günter Dußmann

Die Blicke der Kinder und Mütter sprächen Bände. Viele hätten gedacht, sie gingen für zwei oder drei Wochen nach Moldawien und könnten anschließend nach Hause, so Dußmann. Jetzt aber müssten sie erkennen, dass das so nicht möglich sein werde.

Bevölkerung von Kalarasch ist hilfsbereit

Die einheimische Bevölkerung sei sehr hilfsbereit. Wie Frauen und Kinder in einem umfunktionierten Altenheim untergebracht seien, nötigt Dußmann Respekt ab.

Und nicht nur das: Der Staat sichert den Geflüchteten eine warme Mahlzeit pro Tag zu. „In Kalarasch bekommen sie drei Mahlzeiten. Außerdem können sie dank Lebensmittelspenden selbst kochen.“ Das sei umso höher zu bewerten, da die Moldawier selbst nur wenig besäßen.

Noch einmal sei eine solche Tour nicht möglich, stellt Dußmann nach der Rückkehr fest: „Es war an der Belastungsgrenze.“ Im begleitenden Mannschaftstransportwagen sei während der Fahrt nicht an Schlaf zu denken gewesen, im Lkw-Bett „einigermaßen auch nur auf der Autobahn“. Weitere Hilfe werde aber nötig sein. Wenn noch mehr Flüchtlinge ins Land kämen, würden wohl vor allem Lebensmittel und Kleider benötigt. Bei einem Angriff auf das in Grenznähe liegende Odessa sei noch mit deutlich höheren Zahlen zu rechnen.

Das war alles gut investiert.
Günter Dußmann, Feuerwehrkommandant

Auch deswegen sagt Dußmann mit Blick etwa auf die gelieferten Feldbetten: „Das war alles gut investiert.“ Gleichzeitig seien neue Kontakte geknüpft worden, über die gezielt Informationen zu benötigten Dinge zu erhalten seien.

Passgenaue Hilfe sei gefragt: Als die Bühler Gruppe einer Ärztin Fieberthermometer überreichte, sei sie so begeistert gewesen, dass nach weiteren notwendigen Instrumenten gefragt wurde. Auf die Antwort „ein Blutdruckmessgerät“ spendete Johann Schmidt spontan sein privat mitgeführtes Gerät.

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