Skip to main content

Betreiber verweisen auf hohen Stellenwert für die Gesundheit

Verlängerung des Lockdowns trifft Fitness-Studios in Bühl und Ottersweier hart

Fitness-Studios klagen in der Pandemie über finanzielle Verluste. Nach ihrer Ansicht besteht in den Sporteinrichtungen nur eine geringe Ansteckungsgefahr.

Stefan Pfetzer im Fitline in Bühl. Momentan trainiert dort nur er selbst.
Kein Publikum: Stefan Pfetzer betreibt die Fitline-Studios in Bühl und Ottersweier. Momentan trainiert dort freilich nur er selbst. Foto: Katrin König-Derki

Das „Workout“ in Bühl verfügt über eine Fläche von rund 3.000 Quadratmetern und eine Klimaanlage, die für einen Frischluftanteil von dauerhaft 100 Prozent sorgen soll.

Nach dem ersten Lockdown im Frühjahr entwickelte das Team um Geschäftsführer Günther Kreidenweis zusätzlich ein umfassendes Hygienekonzept, das beim Ordnungsamt Bühl für Begeisterung sorgte, wie Kreidenweis im ABB-Interview berichtet.

„Natürlich implizierte dieses Konzept parallel zur Pandemie und damit verbundenen Ängsten bereits einen Rückgang der Kundenzahlen“, blickt er zurück. Im Umkehrzug habe die Politik damals zugesagt, einen weiteren strengen Lockdown zu verhindern. „Worte“, konstatiert Kreidenweis heute, und es klingt wie: „Schall und Rauch“.

Kreidenweis ist mit der erneuten Schließung der Fitnessstudios absolut nicht einverstanden. Nicht nur, weil es seines Wissens nach nur einen - unbedeutenden - Fall einer Infektion mit Covid-19 in einem deutschen Studio gegeben hat. Nicht nur, weil man von Seiten der Regierung dennoch auf Infektionen in US-amerikanischen Fitnesscentern verwies, wo eben keine Hygienemaßnahmen ergriffen worden waren.

Nein, was sein Unverständnis ausmacht, ist die Vernachlässigung des gesundheitlichen Aspekts: „Die Stärkung des Immunsystems ist eine Aufgabe, die die rund 10.000 Fitnessstudios bundesweit in hohem Maße erfüllen, gerade auch ältere Generationen betreffend. Es gibt heute mehr Menschen, die unter professioneller Anleitung Fitness treiben, als Mitglieder im DFB.“

Ein schwaches Immunsystem, etwa durch zu wenig Bewegung, bedeute aber eine größere Anfälligkeit für Viren, so der Sportwissenschaftler - ganz zu schweigen von den Auswirkungen von Isolation auf die Psyche. „Sportstätten zu schließen, ist also ein Widerspruch in sich“, urteilt er.

Wir buchen keine Beiträge mehr ab.
Günther Kreidenweis, Geschäftsführer „Workout“

Dass der Lockdown nun sogar noch verlängert wurde, trifft die Branche bis ins Mark, zumal der Januar traditionell einer der stärksten Monate im Jahr ist: Aufgrund der kurzen Tage, der Witterung, der Vorsätze fürs neue Jahr, so Kreidenweis. Die Studios kämpfen jetzt auf verschiedenen Ebenen: Das Workout zum Beispiel hat teures Equipment gekauft, um täglich Online-Kurse anzubieten und so die Kunden zu motivieren, sich fit zu halten.

Zu diesem Zweck werden auch Geräte wie Bodypumps verliehen. Staatliche Hilfen wurden beantragt und teils ausgezahlt. „Sie reichen aber bei Weitem nicht, um dauerhaft zu überleben, das funktioniert nur mit Kreditaufnahmen“, sagt Kreidenweis, der ohnehin 2019 hohe Summen in einen Anbau investiert hatte.

Auch Stefan Pfetzer, Inhaber der Fitline-Studios in Bühl und Ottersweier, reagiert betroffen auf den verlängerten Lockdown. Wie sein Kollege steckte er viel Geld in Schutzmaßnahmen wie Desinfektion, Masken und Markierungen; er schaffte zwei Plasmaluftfilteranlagen an, Kostenpunkt: 10.000 Euro. „Und jetzt das.“

Die Novemberhilfe wurde Pfetzer noch nicht komplett ausgezahlt, die Mitarbeiter sind in Kurzarbeit, die Lehrlinge weitgehend untätig. Ein Online-Kurs pro Tag wird angeboten, Geräte werden verliehen.

„Wir buchen keine Beiträge mehr ab, und die, die ohne Gegenleistung abgebucht wurden, gelten als Gutschrift“, sagt Pfetzer. „Die Kundenzahl ist stark gesunken. Das alles bei Fixkosten, zu denen im Januar die hohen Versicherungszahlungen kommen.“

Der Schreinermeister widmet sich derzeit der Renovierung der Umkleidekabinen. „Ich bin sonst ganztägig in meinen Studios. Nur da sitzen, das ertrage ich nicht“, meint Pfetzer. Sein vor 25 Jahren initiiertes „Lebenswerk“ sieht er erschüttert, manchmal schläft er kaum. Wie Kreidenweis hält Pfetzer die Folgen der Schließungen für fatal. „Viele Kunden kommen, weil sie Schmerzen haben, die sie hier mit konsequentem Training lindern“, so Pfetzer.

„Dies wie auch der Sozialkontakt fehlt ihnen, ganz zu schweigen von steigender Anfälligkeit für Krankheiten.“ Aus seiner Sicht haben Fitness-Studios gesellschaftlich nicht den Stellenwert, den sie verdienen, und somit keine Lobby in der Politik. Er hofft, Ende Januar wieder öffnen zu können. Dann übergäbe er den Kunden auch endlich die Weihnachts-Giveaways. 2.000 Stück liegen Pfetzer zufolge auf Halde.

nach oben Zurück zum Seitenanfang