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Sensibles Ökoreservat

Wann gibt es im Bühler Naturschutzgebiet Waldhägenich einen neuen Ranger?

Der alte Ranger des Bühler Naturschutzgebiets Waldhägenich ging im Streit, ein neuer soll kommen, wenn der Klima-Manager eingestellt ist. Das hat man nun getan. Was muss der neue Ranger alles mitbringen?

Blick in eine weite Landschaft mit Wiesen,  Gehölzinseln und Wald.
Idyllisches Fleckchen Erde: Das Naturschutzgebiet Waldhägenich in Bühl gibt es seit gut 30 Jahren. Das sensible Ökosystem ist auch Heimat des Steinkauzes. Foto: Jörg Seiler

Es ist ein wunderbares Fleckchen Erde: An einem Sommerabend, wenn sich drumherum die werktägliche Betriebsamkeit gelegt hat, wirkt das Naturschutzgebiet Waldhägenich noch stärker auf die Sinne und die Seele. Für Maximilian Ganninger ist jeder Besuch eine neue Entdeckungsreise, und das will etwas heißen.

Der 29-jährige Balzhofener engagiert sich dort seit einigen Jahren ehrenamtlich für die Naturschutzarbeit, geht dort regelmäßig joggen. Er kennt dieses rund 550 Hektar große Kleinod wie seine Westentasche. Und er stellte in Bühl die Premieren-Frage über die neue Lesefragen-Plattform dieser Redaktion: „Wann gibt es im Waldhägenich einen neuen Ranger?“ Denn der, so Ganninger, sei wichtig.

Das Niederungsgebiet vor den Toren Bühls ist eines der letzten Rückzugsgebiete für seltene Tiere und Pflanzen im dicht besiedelten Oberrheingraben. 1989 stellte die Stadt Bühl dieses besondere Refugium unter Schutz.

Steinkauz braucht alte Obstbäume als Wohnung

Vögel zwitschern, es riecht nach Wiese, nach Wald, nach See. „Das hat hier schon eine gewisse Aura“, sagt der Mitarbeiter des Landratsamts Karlsruhe, während er mit dem Redakteur des Acher- und Bühler Boten auf dem asphaltierten Fahrweg radelt, der„Streuobst-Allee“.

Kurzer Stopp an einem Baum-Methusalem. Genau diese knorrigen Senioren liebe der Steinkauz, in den Höhlungen und Löchern richten die Vögel ihre Kinderstube ein. Parallel dazu gibt es noch Nisthilfen.

Ein Steinkauz sitzt in einer Baumhöhle und schaut Richtung Betrachter
Wohnt im Waldhägenich: Der Steinkauz benötigt alte Obstbäume als Kinderstube. Deshalb sind die Streuobstbestände im Waldhägenich wichtig. Foto: Rainer Deible

Ganninger ist zwei Mal im Jahr bei den Kontrollen dabei. Im Frühjahr werden die Behausungen von Athene noctua, so der ornithologische Name, gereinigt; im Juni schauen ihre Betreuer von der Naturschutzstiftung Waldhägenich in Kooperation mit dem Nabu nach, ob es Nachwuchs gibt. „In diesem Jahr war es ein Elternpaar mit zwei Jungen“, berichtet Ganninger. Ein Erfolg. Dennoch sorgt sich der Balzhofener. Die Steinkauz-Population nimmt ab.

Nur, wenn die alten Obstbäume stehenbleiben und neue gepflanzt werden, hat der Steinkauz eine Chance
Maximilian Ganninger Naturschützer

„Nur, wenn die alten Obstbäume stehenbleiben und neue gepflanzt werden, hat der Steinkauz eine Chance“, so der Experte. Dazu brauche der Raubvogel für die Jagd offenes Gelände. In diesem Sommer wohnen in vielen der Röhren und Kästen Hornissen – auch sie stehen unter Schutz.

Freizeitdruck war und ist enorm

Ein Jogger kommt vorbei, zieht seine Bahn. Es soll nicht der einzige an diesem Abend bleiben. An der Schranke nahe der Gärtnerei Müller macht sich später eine ganze Laufgruppe warm. Der Freizeitdruck war und ist enorm – vor allem am Wochenende.

Früher, als das Gewässer noch schlicht Oberweierer Baggersee hieß, rückte die ganze Region zum Baden an. Es gab Stellen, da standen die Autos fast am Wasser, Heckklappe oder Türen offen, Dauerbeschallung mit Rock und Pop.

Diese Trubelzeiten sind seit gut 30 Jahren vorbei, in dieser Zeit ist der Gehölzsaum am Ufer zu stattlicher Größe herangewachsen. Am See hört man heute nicht mehr Mick Jagger aus der Konserve, sondern die Nachtigall live.

Die Autos bleiben weitestgehend draußen – wenn denn die Schranken unten sind. Da hapert es bisweilen mit der Disziplin, mindestens drei Schlagbäume sind an diesem Abend unverschlossen, manchmal stehen sie ganz offen. Dann zeigt Ganninger auf Fahrzeugspuren, die mittendurch die Botanik führen: „Da ist einfach einer einfach um die Schranke herumgefahren.“

Junger Mann steht unter einem alten Obstbaum und blickt in die Kamera
Engagierter Naturschützer: Maximilian Ganninger arbeitet ehrenamtlich für die Naturschutzstiftung Waldhägenich und ist von diesem Gebiet fasziniert. Foto: Jörg Seiler

Waldhägenich ist ein Herzensanliegen

Man merkt während dieser Rad-Runde deutlich, der Waldhägenich ist für ihn ein Herzensanliegen. „Das ist ein einzigartiges und sehr sensibles Ökosystem“, betont er, deshalb sei es wichtig, dass es möglichst bald einen Nachfolger für Ranger Joachim Doll gebe. Der hatte im Frühjahr gekündigt. Seit dem 31. März ist die Stelle vakant. Doch die Stadtverwaltung will sie wieder besetzen und laut Bürgermeister Wolfgang Jokerst erfolgt jetzt die Ausschreibung.

„Die Stelle des Waldhägenich-Rangers ist an die des neuen Klimamanagers der Stadt Bühl gekoppelt“, erläutert der Erste Beigeordnete der Stadt Bühl. Und damit der Klimamanager bei der Suche des neuen Kollegen mitwirken kann, wartete man im Rathaus ab, bis die Personalie geklärt war. Im September sollen die Bewerbungsgespräche über die Bühne gehen, so Jokerst. Ranger Doll machte seinen Job als Schutzgebietsbetreuer 25 Jahre mit Hingabe und großer Fachkenntnis.

Seine Jahresberichte im Bühler Gemeinderat verdeutlichten immer wieder die Konflikte, die entstehen, wenn sich der erholungssuchende Mensch sich ohne die gebotene Rücksicht die Natur zu eigen macht. Ein Dauerproblem: Hundebesitzer, die ihren Bello einfach laufen lassen, sich nicht um die dort lebenden Wildtiere kümmern. Diejenigen, die an diesem Sommerabend unterwegs sind, verhalten sich allerdings vorbildlich. Die Vierbeiner sind angeleint, in einem Fall sammelt Frauchen gerade den Hundehaufen mit der Tüte auf.

Für Ganninger ist klar: Egal ob Hundebesitzer, Spaziergänger, Jogger, Radfahrer, oder Angler: „Jeder sollte dem Waldhägenich den nötigen Respekt entgegenbringen.“ Sehr wichtig sei es auch, dass die Landwirte mitziehen.

Da könne der Ranger einen wichtigen Beitrag leisten. Bei manchen Vorfällen fehlen Ganninger dann aber einfach die Worte: „Da ist auch schon Jemand mit dem Quad durchgefahren“, berichtet er, „das ist erschreckend!“

Ranger-Tätigkeit durchaus ein Vollzeitjob

Und da setzt die Stadt mit der Besetzung der Rangerstelle an. Mit der fundierten Kenntnis in den Sparten Natur- und Umweltschutz geht es laut Jokerst darum, der Position des Naturschutzes für die Stadt Bühl Ausdruck zu verleihen und auch durchzusetzen. Den Beleg, wie wichtig das ist, liefert Ganninger am Rand des Schutzgebiets. Dort liegt Grünabfall.

„Den kann man doch kostenlos abgeben“, ärgert sich der 29-Jährige. Auf dem Weg zurück zum Startpunkt an der Eingangsschranke mit der Informationstafel meint Maximilian Ganninger noch, angesichts des Aufgabenpensums müsse die Ranger-Stelle eigentlich auf 100 Prozent ausgelegt sein.

Die Laufgruppe ist inzwischen weg, und wenn man die parkenden Autos ignoriert – eines sogar mitten im Gras neben einer Bank – ist es sogar an der Nahtstelle zur Zivilisation ein idyllisches Flecken Erde.



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