Es war ein so ambitioniertes wie am Ende erfolgloses Projekt. Die „Geothermie-Bohrung Bühl 1“, gestartet im November 1979, wollte tief im Untergrund Thermalwasser für ein größeres Wärmeheizkraftwerk erschließen; 2 699 Meter arbeitete sich der Bohrkopf nach unten. Die Deutsche Schachtbau- und Tiefbohrgesellschaft mbH (DST) aus Lingen/Ems und die Bühler Stadtwerke machten gemeinsame Sache, der Bund gab Zuschüsse. Bald aber stellte sich Ernüchterung ein, denn trotz „Nachbohrung“ und zahlreicher neuer Studien wurde das Projekt 1982 als „nicht erfolgreich“ beendet. Spätere Versuche, die Bohrungen wieder aufzunehmen, scheiterten. Vier Jahrzehnte nach dem Bohrstart muss die Stadt nun klären, was mit dem „Erbe“ passieren soll: Das Bohrloch in der Siemensstraße ist nach wie vor vorhanden.
Seit 1981 keine Untersuchungen
Seit dem 1. Januar 1983 ist die Stadt zuständig; die DST war im Dezember 1982 aus der Bergaufsicht entlassen worden. Wie aber sieht es heute im Untergrund aus, wie ist es um die Sicherheit bestellt? Verlässliche Antworten sind nicht möglich, da nach 1981 keine weiteren Untersuchungen im Bohrloch vorgenommen wurden. Deshalb ist mittlerweile das Ingenieurbüro Hydro-Data aus Radolfzell beauftragt worden, den aktuellen technischen Zustand der Bohrung zu überprüfen und eine Machbarkeitsstudie für eine „Tiefe Erdwärmesonde“ mit Kostenschätzung und Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen möglicher Varianten zu erstellen. Deren gibt es vier: Belassen des Bohrloches, Verfüllung (mit der Möglichkeit, das Grundstück zu verkaufen), die Teilverfüllung und Einbau einer Erdwärmesonde sowie eine Neuauflage des Projektes. Mit der technischen Zustandserkundung hat „Hydro-Data“ für 25 000 Euro eine Firma aus Hessisch Lichtenau beauftragt. Die geophysikalische Zustandserkundung hat der Gemeinderat nun an eine Firma aus Celle vergeben, Kostenpunkt: 79 000 Euro.
Mit Wasser gefüllt und verschlossen
Laut „Hydro-Data“ war die Bohrung in den vergangenen Jahrzehnten randvoll mit schwach mineralisiertem Wasser gefüllt und verschlossen. Dass sie einen konstanten Kopfdruck zeigte, sei ein Hinweis darauf, dass in die Bohrung kein Nachfluss erfolgte und auch kein Sauerstoff eingetragen wurde. Zu erwarten seien wahrscheinlich nur sehr geringe Korrosionen. Unabhängig von diesen Einschätzungen müssen im Falle einer Nachnutzung oder Verfüllung der Bohrung zunächst eingehende Sonden-Inspektionen mittels geophysikalischer Messmethoden ausgeführt werden. Dazu kommt eine vom KIT in Karlsruhe angeregte Tiefenwasser-Probeentnahme (die 3 000 Euro dafür sind in der jetzt erfolgten Vergabe bereits enthalten), das KIT beteiligt sich zu Forschungszwecken an der Finanzierung. Wenn die Ergebnisse der Untersuchungen vorliegen, muss der Gemeinderat entscheiden, was mit dem Bohrloch passiert.
Dringend geboten
„Eine Überprüfung des technischen Zustands des Bohrlochs in der Siemensstraße ist dringend geboten.“ So wie Pit Hirn (SPD) sahen das auch die Sprecher der anderen Fraktionen, und auch Oberbürgermeister Hubert Schnurr sprach von einem „sensiblen Thema“ und erinnerte an die massiven Probleme, die solche Bohrungen in Staufen verursachten: „Deshalb ist es gut zu wissen, woran wir sind.“
Blick nach Staufen
Margret Burget-Behm (CDU) bekannte ein „komisches Gefühl“. Einerseits werde auf diesem Weg in nordischen Ländern Energie gewonnen, andererseits müsse nicht nur an Staufen, sondern auch Basel erinnert werden, wo es nach Bohrungen ein leichtes Erdbeben gegeben habe: „Bei dieser Geschichte kann man viel Fantasie entwickeln, positiv wie negativ. Umso wichtiger ist, dem mit Fakten zu begegnen.“ Die Möglichkeit, auf dem auch als Lagerfläche genutzten Grundstück ein Haus zu errichten, sah sie sehr skeptisch. Karl Ehinger (FW) sprach von einer Anomalie im Rheingraben: „Unten wird’s wärmer, das macht es interessant für Bohrungen.“ Viele negative Schlagzeilen hätten es aber ruhig werden lassen um die Geothermie. Mit Blick auf das Bühler Bohrloch sprach er von „relativ gesalzenen Kosten“, weshalb ein schlüssiges Ergebnis erwartet werden dürfe.
Verfüllung würde teuer
„Nach 40 Jahren Starren auf das Loch“, so Walter Seifermann (GAL), müsse etwas getan werden. Er gehe von einer bergmännischen Schließung aus; die vollständige Verfüllung würde aber laut Markus Benkeser von der Stadtverwaltung eine halbe Million Euro kosten. Sorgen, dass sich in Bühl Häuser heben könnten, hat Seifermann nicht: „Der Untergrund ist hier ganz anders als in Staufen.“ Auch Alfred Veith (FDP) sah Handlungsbedarf: „Wir müssen auf jeden Fall etwas tun.“ Das Bühler Fastnachtsmotto aus den frühen 80er Jahren, an das Pit Hirn erinnerte, bleibt aber wohl Vergangenheit: „bohre, bohre, nix wie bohre“.