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Ängste und Blockaden

Kinder- und Jugendtrainerin aus Bühl hilft jungen Menschen auf dem Weg zurück in die Normalität

Corona gibt es noch immer, und mit dem Virus schwinden auch nicht die psychischen Belastungen. Eine Bühlerin möchte mit der „Goldgrube“ Schülern helfen.

junge Frau
Laura Wisser hat ihren Vollzeitjob als Schulsozialarbeiterin gekündigt, um sich primär der selbständigen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen zu widmen. Foto: Katrin König-Derki

„Die Goldgrube für Kinder und Jugendliche“ hat Sozialpädagogin Laura Wisser ein Coaching-Projekt überschrieben, mit dem sie bereits im Juni in die Teil-Selbständigkeit gestartet ist.

Vorausgegangen waren viele Jahre der Berufstätigkeit als Sozialarbeiterin an einer Realschule und eine Zusatzausbildung zum Kinder- und Jugendcoach, bei der es primär um die Auflösung von Blockaden und Ängsten ging.

Ich musste immer mehr Schüler an Therapeuten vermitteln.
Laura Wisser, Sozialpädagogin

Genau die, so beobachtete es Wisser im Schulalltag, nahmen im Zuge der Corona-Lockdowns und der damit verbundenen Isolation auffällig zu. „Ich musste immer mehr Schüler an Therapeuten vermitteln. Die aber sind ausgelastet und nehmen neue Patienten meist nur mit langen Wartezeiten auf.“

Und weiter: „Jugendpsychiatrien behandeln fast ausschließlich akute Fälle, Selbstmordgefährdete etwa. So entstand die Idee, die jungen Menschen mit meinem Angebot ein Stück weit aufzufangen.“

Die Veränderungen bei den Schülern skizziert sie wie folgt: „Einige, die vor der Pandemie klar, emotional stabil und zielorientiert waren, wirkten plötzlich total verunsichert. In den zehnten Klassen etwa gab es solche Schülerinnen: Sie verfielen vor den Abschlussprüfungen in Panik und waren so blockiert, dass sie sich nicht mehr auf den Stoff konzentrieren konnten. Ihr Selbstvertrauen war stark geschwächt.“

Schüler leiden unter Verstimmung und Schlaflosigkeit

Weitere Auffälligkeiten, die seit Beginn der Pandemie deutlich häufiger aufträten, seien etwa depressive Verstimmungen und Schlaflosigkeit. „Ich hatte einen Jungen im Coaching, der immer wieder sagte: ‚Ich habe vor allem Angst!‘. Das galt auch für harmlose Alltagssituationen.“

Einigen sei die Rückkehr in die vor Corona übliche Freizeitgestaltung nicht mehr gelungen. „Sie sitzen zu Hause, statt wie früher im Musik- oder Sportverein aktiv zu sein, verharren in einer Art Lähmung. Dann dreht sich das Gedankenkarussell noch mehr.“

Wisser versucht, dieser Negativspirale zu begegnen, indem sie bewährte Coaching-Methoden anwendet. Die iERT-Methode etwa, ihr zufolge eine Ableitung und kindgerechte Erweiterung der EMDR-Methode, aus der Traumatherapie bekannt.

„Dabei werden die Augen gezielt zu bestimmten, der REM-Phase im Schlaf vergleichbaren Bewegungen verleitet.“ So komme es zu einer Umstrukturierung im Gehirn. „Emotionale Blockaden im Nervensystem werden aufgehoben. Das ermöglicht die Weiterverarbeitung und Neutralisierung von belastenden Erlebnissen.“

Die iERT-Methode habe auch bei den von ihr betreuten Fällen sehr gut funktioniert. „Neben solchen Tools spreche ich auch mit den Kindern. Ich möchte sie in ihrer Persönlichkeitsentwicklung unterstützen und sie anleiten, mutig, selbstbewusst und zielsicher durchs Leben zu gehen.“

Daher auch der Name „Goldgrube“: „Ihre Fähigkeiten und Potenziale ruhen manchmal wie eine Goldgrube in ihnen. Es gilt, sie zu entdecken und zu entfalten.“ Sie sieht zugleich die unterschiedlichen Methoden, mit denen sie arbeitet, als „Goldgrube“, aus der jeder das Passende schöpfen darf.

Ich sehe einen zu hohen Bedarf bei den jungen Menschen, sie brauchen dringend Hilfe.
Laura Wisser, Sozialpädagogin

Wisser bietet wöchentliche Einzel- und Gruppensitzungen an, voraus geht ein Erstgespräch gemeinsam mit den Eltern. „Wir schauen, ob die Chemie stimmt, ob die Kinder und Jugendlichen überhaupt mit mir auf die Reise gehen wollen.“ Ihren Vollzeitjob hat sie dafür gekündigt.

„Ich sehe einen zu hohen Bedarf bei den jungen Menschen, sie brauchen dringend Hilfe, und als Schulsozialarbeiterin konnte ich die nur bedingt leisten.“ Für die Sitzungen hat sie einen Raum in der Aloys-Schreiber-Straße angemietet – ein geschützter Rahmen ist ihr wichtig. Die erwähnten Zehntklässlerinnen haben ihren Schulabschluss derweil erfolgreich bestanden.

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