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75 Jahre DRK Bühl

Werner Vögele ist „Mister Rotes Kreuz“: Ein Krankenwagen war sein Startkapital

Keine Garage für das Dienstfahrzeug, kein Büro: So begann 1961 die Rot-Kreuz-Karriere von Werner Vögele, dem langjährigen Bühler Kreisverbandsvorsitzenden. Anlässlich der 75-Jahr-Feier blickt der 89-Jährige zurück.

Idealist und Arbeitstier: Werner Vögele leitete über drei Jahrzehnte den DRK-Kreisverband, der an diesem Wochenende sein 75-jähriges Bestehen feiert.
Idealist und Arbeitstier: Werner Vögele leitete über drei Jahrzehnte den DRK-Kreisverband, der an diesem Wochenende sein 75-jähriges Bestehen feiert. Foto: Joachim Eiermann

Auch mit 89 begrüßt er mit herzhaft-kräftigem Händedruck. Werner Vögele empfängt in seinem Haus in Schwarzach, um Rückblick auf 75 Jahre Rot-Kreuz-Geschichte im Kreisverband Bühl zu halten.

Das Jubiläum wird am Wochenende in Bühl gefeiert. Mehr als 60 Jahre davon hat er selbst erlebt, 36 aktiv gestaltet und geprägt. Er ist – über Mittelbaden hinaus – als „Mister Rotes Kreuz“ bekannt. Er ist Urgestein, Galionsfigur, lebende Legende. Mit Vögeles Idealismus und Elan nahm der heutige Kreisverband Bühl-Achern eine rasante Entwicklung.

Abschied in den Ruhestand von 211 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern

Als er nach einem erfüllten Arbeitsleben Ende März 1997 in den Ruhestand ging, nahm er Abschied von 211 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Als er im Juni 1961 seine Tätigkeit aufgenommen hatte, verkörperte er noch einen Ein-Mann-Betrieb.

Ich war immer da. Rund um die Uhr.
Werner Vögele

Der „Fuhrpark“ bestand aus nur einem Fahrzeug, einem Mercedes-Liegend-Transporter, der in Notfällen auch für Rettungsdienste herhalten musste. Am Steuer hatte zuvor Ludwig Kist gesessen, Bühls seinerzeit einziger Krankenwagenfahrer. „Er hat mich eingearbeitet.“

Der „Neue“ stammte aus Villingen und war 29 Jahre jung. Er hatte eine Krankenpfleger-Ausbildung in Konstanz und auf der Insel Reichenau sowie eine Zusatzausbildung am Hygiene-Institut Freiburg absolviert. Seit vier Jahren war er für das Bühler Gesundheitsamt als Hygiene-Kontrolleur tätig und stand in der Freizeit Kist als freiwilliger Helfer und Beifahrer zur Verfügung.

Arbeitsplatz beim DRK statt Staatsdienst

Schließlich machte er sich die humanistischen Ideale des Rotkreuz-Gründers Henry Dunant zu eigen und tauschte den sicheren Job im Staatsdienst gegen einen anfänglich prekären Arbeitsplatz beim DRK.

Eine Garage für das Dienstfahrzeug war ebenso wenig vorhanden wie ein Büro. Dieses richtete der junge Familienvater im Kinderzimmer der Mietwohnung in der Fridolin-Stiegler-Straße 1 ein. Nachbar im Untergeschoss war die Autobahnpolizei. Sie ist heute noch dort.

Vögele begann als Leiter des Bereitschaftsdienstes. Nach drei Jahren wurden ihm die Kreisgeschäftsführung und die Leitung des Rettungsdienstes übertragen. Die räumlichen Verhältnisse verbesserten sich erst 1966, als in der Nähe ein Firmengrundstück ins Eigentum des Kreisverbands überging.

Nach dem Abriss alter Hallen war Platz für den Bau von Garagen, Verwaltungsgebäude und Schulungsraum – „überwiegend in Eigenarbeit“. 1973 wurde die Rettungsleitstelle eingerichtet – zu einem Zeitpunkt, „als es noch gar kein Rettungsdienstgesetz gab“. Der Bühler Kreisverband war bundesweit Vorreiter.

Werner Vögele erwarb sich große Verdienste bei der Weiterentwicklung des DRK

Vögele, der im Fernstudium eine Fortbildung zum Betriebswirt absolvierte, hatte inzwischen mit dem früheren Landrat Josef Großmann einen Präsidenten an der Seite, der nicht nur repräsentieren wollte. „So kamen zwei Dynamiker zusammen. Jeder ein Arbeitstier auf seine Weise“, schildert Vögele das sich gegenseitig befruchtende Verhältnis bei seiner Abschiedsfeier vor 26 Jahren.

Lang ist die Liste der Errungenschaften: Bau von Sozialzentrum, mehrerer Rettungswachen und Senioren-Wohnanlagen; Bildung von Rettungshundestaffel und Schnelleinsatzgruppe; strukturelle Modernisierungen der ambulanten Dienste und des Rettungsdienstes bis zur Gründung einer GmbH. Hinzu kamen Hilfsgütertransporte nach Polen, Rumänien oder Ungarn sowie ins moldauische Kalarasch, die Vögele selbst leitete.

Zwischen haupt- und ehrenamtlicher Tätigkeit pflegte er keinen Unterschied zu machen: „Ich war immer da. Rund um die Uhr.“ Es habe früher auch keine hauptamtlichen Mitarbeiter gegeben, die sich nicht zudem ehrenamtlich engagierten. Auf der Rettungswache nachts Bereitschaft zu schieben, das gehörte zum Job.

Neun Jahre nach Vögeles Ausscheiden wurde der Kreisverband selbst zum Notfall. Obwohl er nicht mehr dazugehörte, litt Vögele mit. Sein soziales Lebenswerk für Menschen in Not und der Hilfe bedürfend, das im Jahr 2000 mit dem Bundesverdienstkreuz gewürdigt worden war, drohte in den finanziellen Turbulenzen unterzugehen.

Glücklicherweise fanden sich neue Führungskräfte, die den Karren aus dem Dreck zogen und zurück in die Spur brachten. Bei der Jubiläumsfeier wird Werner Vögele auf viele Wegbegleiter treffen, so auch auf all die Sekretärinnen, die ihm drei Jahrzehnte lang verlässlich assistiert hatten.

Mit Rosemarie Kist und Doris Schmith-Velten waren es gerade mal zwei. Schmunzelnd erwähnt er in diesem Zusammenhang, was über sein Verhältnis zu den Mitarbeitern erzählt wurde: „Wer bei Werner noch keine zehn Jahre ist, ist noch in der Probezeit.“

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