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Geheimnis gelüftet

So hat sich der Bühler Holger Siebnich auf „Wetten, dass..?“ vorbereitet

Für seinen Traum vom TV-Auftritt bei Thomas Gottschalk opferte der BNN-Redaktionsleiter einen ganzen Sommer und mehr.

Holger Siebnich Rastatt Bühl
Ohren gespitzt: So sah es aus, als Holger Siebnich sich zu Hause im Keller auf seine Wette vorbereitet hat. Gespannt wartet er darauf, dass ein Spiel vor ihm ausgekippt wird, um es am Geräusch zu erkennen. Foto: Sibylle Kranich

Für manche Menschen ist die Welt der Spiele eine Scheibe. Hinter dem Rand eines „Mensch-ärgere-Dich-nicht“-Felds fällt sie steil ins Nichts ab.

Nicht für Holger Siebnich. Spiele sind sein Universum. Schon seit der Kindheit faszinieren sie den 41-Jährigen, und sobald ein neues Brettspiel auf dem Markt erscheint, kann er kaum erwarten, es auch auszuprobieren.

Der Keller des Haushalts Siebnich-Bieser im Bühler Ortsteil Balzhofen hätte den Titel „Spielhölle“ ehrlich verdient. In den Regalen stapeln sich bunte Spielkartons und wären nicht auch leere Reisekoffer und ein paar andere Haushaltsgegenstände darin verstaut, könnte man meinen, in einem Spiele-Archiv gelandet zu sein. Sämtliche „Spiel des Jahres“-Preisträger füllen den Raum vom Boden bis zur Decke.

Wir haben schon immer sehr viel gespielt.
Holger Siebnich, Wettkandidat

Seit seinem Auftritt im TV bei „Wetten, dass..?“ ist Holger Siebnichs Spieltrieb kein Geheimnis mehr. Bis zur Sendung am Samstagabend im ZDF war er jedoch zum Schweigen verpflichtet. Aber wer den gebürtigen Kuppenheimer näher kennt, wird von seiner Wette nicht überrascht gewesen sein. „Wir haben schon immer sehr viel gespielt“, sagt Holger.

Einmal mit einer Spiele-Wette bei der Show mitzumachen, sei auch schon immer sein Gedanke gewesen. Irgendwas mit Spielen – das war die Idee, lange bevor „Wetten, dass..?“ 2014 abgesetzt wurde und dann 2021 plötzlich wieder auferstand.

ZDF und die „Wetten, dass..?“-Redaktion waren sofort an der Idee für die Spiele-Wette interessiert

Für das erste Gottschalk-Revival im vergangen Jahr war es zu spät. Aber als die Nachricht von einer zweiten und dritten Show kam, verlor der Journalist und Leiter der BNN-Lokalredaktion keine Sekunde.

Sein Bewerbungsschreiben an das ZDF im Januar 2022 formulierte Holger Siebnich in etwa so: „Ich wette, dass ich alle seit 1977 erschienen ‚Spiele des Jahres‘ am Geräusch erkennen kann, das entsteht, wenn man die Packung ausschüttet.“

Ein gutes Team: Wettkandidat Holger Siebnich und sein Assistent André Blickensdorf.
Ein gutes Team: Wettkandidat Holger Siebnich und sein Assistent André Blickensdorf. Foto: Sibylle Kranich

Die „Wetten, dass..?-Redaktion war sofort interessiert. „Ich denke, es war der Retro-Charme, der überzeugt hat“, sagt Siebnich. Brettspiele – das erinnert an gemütliche Winternachmittage mit Familie oder Freunden. Perfekt für eine Spielshow, die den Anspruch hat, alle Generationen vor dem Fernseher zu versammeln.

Für die Wette von Holger Siebnich fehlt noch ein dritter Mann

Wie viel Arbeit vor einem Auftritt als Wettkandidat steht, hätten sich Holger Siebnich und sein Team allerdings nicht träumen lassen. Siebnich und seine Frau Andrea Bieser spielen gern. Und oft. Neben Reisen und Sport sind regelmäßige Spieleabende mit Freunden ihr liebstes Hobby.

Doch mit der ersten positiven Antwort aus Mainz mussten die Spiele-Treffen gestrichen werden. „Wetten, dass..?“ ging vor.

Vielleicht war es die Aussicht, Michelle Hunziker zu treffen.
André Blickensdorf, Teamkollege und Wetthelfer

Um die angebotene Wette richtig ausführen zu können, fehlte den beiden noch ein dritter Mitspieler. „Andrea hat von Anfang an gesagt, dass sie mit mir üben und mich unterstützen wird, dass sie aber auf keinen Fall mit ins Fernsehen möchte“, sagt Siebnich.

Also bat er seinen alten Schulfreund und Trauzeugen, André Blickensdorf, die Rolle des TV-Wettpartners bei „Wetten, dass..?“ zu übernehmen. Der überlegte nicht lange. „Vielleicht war es die Aussicht, Michelle Hunziker mal zu treffen“, sagt André Blickensdorf lachend.

Akribische Vorbereitung für die Spiele-Wette und viele Trainingsstunden

So spielerisch die Wette im Fernsehen auch daher kam, die Vorbereitungen dafür waren planvoll, akribisch und straff organisiert. Zuerst musste die richtige Kipptechnik für den Spielkarton gefunden werden. „Man kann die Packung auf ganz unterschiedliche Arten auskippen“, sagt Siebnich. Jede klingt anders.

Holger Siebnich andré Blickensdorf Wetten, dass..?
BNN-Redaktionsleiter Holger Siebnich (rechts) hat sich für seine Wette mit Jugendfreund André Blickensdorf vorbereitet. Foto: Andrea Bieser

Nach einigem Herumprobieren stand schließlich fest, wie’s gehen soll: Der Schütter öffnet den Karton und packt dann die Kiste mit beiden Händen. Mit einem schnellen Dreh des Handgelenks wird die Schachtel blitzschnell um 180 Grad gedreht. Der Inhalt aus Hunderten von kleinen Einzelteilen ergießt sich in eine eigens konstruierte Plexiglaswanne.

Audio-Dateien mit Spiele-Sounds für den Weg zur Arbeit und im Urlaub

Alles in allem dauert der Vorgang des Spiel-Auskippens nicht länger als zwei Sekunden. Mehr Zeit hat Siebnich nicht, um zu erkennen, um welches der 44 Spiele es sich handelt. „Hase und Igel“? „Carcassonne“? „Siedler von Catan?“

Für seine Solo-Vorbereitung auf die „Wetten, dass..?“-Sendung erstellte das Wett-Team des Bühlers Audio-Dateien von jedem einzelnen Spiel. Auf seinem Weg von und zur Arbeit in Rastatt, den Holger Siebnich immer mit dem Fahrrad absolviert, hatte er so jeden Tag mindestens zwei Stunden Zeit. Immer und immer wieder hörte er sich die 44 verschiedenen Schüttgeräusche.

„Auch während unseres USA-Urlaubs im Sommer habe ich zweieinhalb Wochen quasi nichts Anderes gehört“, sagt Siebnich. Für ihn wurde das Klackern der Steine zum Soundtrack des Sommers.

Obwohl das Team im September noch immer keine definitive Zusage des ZDF vorliegen hatte, probte das Team unverdrossen weiter. Stunden um Stunden verbrachten sie im Keller des Einfamilienhauses in Bühl. Immer und immer wieder wurden Spielkartons in Plexiglaswannen geschüttet und wieder eingeräumt. Für das richtige „Wetten, dass..?“-Feeling bekam Holger Siebnich eine Blindbrille mit zwei Spielkarten darauf gebastelt.

Klackern der Spielsteine war der Soundtrack des Sommers von Holger Siebnich

Als Ende September dann endlich die Zusage kam, wurde die Trainingsfrequenz in Bühl noch einmal deutlich erhöht. Zwei bis drei Mal die Woche wurde jetzt geprobt. Es lief immer besser.

Trotzdem wollten sich Team Siebnich mit einer Trefferquote von 90 Prozent nicht zufriedengeben. „Mir war klar, dass es im Keller, wo es keine Ablenkung gibt, absolut sitzen muss, damit ich in der Sendung mit Publikum und Nebengeräuschen überhaupt eine Chance habe“, sagt er. Seine Team-Coaches waren streng, die Motivation glasklar: „Verlieren gibt es nicht.“

Wie viele Tausend Spiele-Schüttungen am Ende zusammenkamen, können Siebnich und das Team nur noch schätzen. Jetzt, wo der große Traum vom „Wetten, dass..?“-Auftritt mit einem fehlerfreien Wett-Sieg abgehakt ist, kann zu Hause in Bühl endlich einmal wieder richtig gespielt werden. Auswahl gibt es im Keller ja genug.

Nur eines haben die Teamkollegen für künftige Spiele-Nachmittage gefordert: Nie mehr werden sie am Ende die Spielkartons wieder einräumen. „Das muss von nun an immer Holger machen“, sagt Andrea Bieser.

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