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Streit über Kulturgut

"Windecker Reiterlein" landet vor dem Amtsgericht Bühl

Um alte Bauteile der Burg Windeck in Bühl und eine kleine Skulptur aus dem Mittelalter (das Windecker Reiterlein) ist ein erbitterter Rechtsstreit entbrannt. Die frühere Eigentümerin fordert von der Stadt die Herausgabe der wertvollen Museumsstücke. Die neue Eigentümer stellt sich hinter die Gemeinde.

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Die Burg Windeck oberhalb von Bühl hat seit dem vergangenen Jahr in Erwin Junker einen neuen Eigentümer. Die Vorbesitzerin erhebt aber Ansprüche auf museale Bauteile. Foto: Ulrich Coenen

Mit diesem neuen Knatsch hat keiner gerechnet: Um alte Bauteile der Burg Windeck in Bühl (sogenannte Spolien) und eine kleine Skulptur, das Windecker Reiterlein, ist ein Rechtsstreit entbrannt.

Wer zahlt Ringmauer der Burg Windeck?

Noch vor knapp einem Jahr hat die Stadt vor der Zivilkammer des Landgerichts Baden-Baden mit der damaligen Eigentümerin der Burg Windeck wegen dringend notwendiger Restaurierungsmaßnahmen an der mittelalterlichen Ringmauer gestritten. Wenige Wochen später löste sich alles in Wohlgefallen auf. Der in Bühl wohnende Unternehmer Erwin Junker kaufte die spätromanische Ruine, die sich auf einem Bergsporn 378 Meter hoch über Bühl erhebt. Nach einem TÜV-Gutachten und kleinen Sanierungsarbeiten öffnete der neue Burgherr am 1. Juni den Bergfried, der eine herrliche Aussicht über die Stadt und die Rheinebene bietet, wieder für die Allgemeinheit.

Pachtvertrag für Oberburg

Bereits 1990 hat die Stadt Bühl mit dem damaligen Eigentümer der Burg Windeck (Jürgen Fischer) einen Pacht- und Gestattungsvertrag geschlossen, der 1993 durch den neuen Besitzer (ein namhafter Hersteller von Tür- und Hauskommunikation) bestätigt wurde. Vor 29 Jahren teilten sich Stadt und Eigentümer die Kosten, um den jahrzehntelang geschlossenen Bergfried wieder als Aussichtsturm für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Für die Verkehrsicherheit der Oberburg ist seitdem die Kommune zuständig, was im vergangenen Jahr zum Streit mit der damaligen Eigentümerin führte. Nachdem zwischen Junker und Oberbürgermeister Hubert Schnurr bestes Einvernehmen herrscht, könnte die Welt nun in Ordnung sein, wenn die frühere Eigentümerin nicht die Herausgabe des Windecker Reiterleins fordern würde.

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Über die Zukunft des „Windecker Reiterleins“ entscheidet das Amtsgericht. Foto: Stadtgeschichtliches Institut Bühl

Tonfigur und wertvolle Spolien

Neben der kleinen Tonfigur ist ebenfalls der Besitz von vier Spolien aus der Burg Windeck umstritten, die allesamt seit vielen Jahren im Magazin des Stadtgeschichtlichen Instituts/Stadtmuseums im Schloss Waldsteg im Stadtteil Neusatz aufbewahrt werden. Die früheren Eigentümer hatten diese mittelalterlichen Stücke als Leihgaben dorthin gegeben. Nun verlangt die Vorbesitzerin der Burg vom Museum die Herausgabe und will ihre Ansprüche vor dem Amtsgericht Bühl durchsetzen. Das gefällt weder der Stadt noch dem neuen Eigentümer Erwin Junker, der davon ausgeht, dass er gemeinsam mit der Burg auch das Reiterlein und die vier Spolien erworben hat. Diese Rechtsauffassung bekräftigte Junkers Rechtsanwalt Walter Schubert (Ortenberg) im Gespräch mit dieser Zeitung: „Herr Junker betrachtet die kleine Skulptur und die Spolien als Kulturgut und Zubehör zur Burg, auch wenn diese im Kaufvertrag nicht ausdrücklich erwähnt werden. Er will, dass diese weiterhin im Stadtgeschichtlichen Institut aufbewahrt werden.“ Aus diesem Grund sei Junker als „Streitverkündeter“ dem anhängigen Prozess beigetreten, in dem die frühere Eigentümerin die Stadt auf Herausgabe verklagt.

Kinderspielzeug oder Votivfigur

Das Windecker Reiterlein ist eine kleine, nur teilweise erhaltene Tonfigur, die nach bisherigen Erkenntnissen des Stadtgeschichtlichen Instituts aus dem 14. oder 15. Jahrhundert stammt. Meist wird sie als Fragment eines Kinderspielzeugs gedeutet, es gibt aber auch andere Interpretationsansätze, beispielsweise als Votivfigur. Unter Votiven versteht man Opfergaben aufgrund eines Gelübdes.

Bei Bauarbeiten entdeckt

Das Reiterlein wurde 1958 bei den Bauarbeiten für das neue Restaurant auf dem Gelände der ehemaligen Vorburg gefunden. Figuren dieser Art waren im Spätmittelalter durchaus verbreitet, wie eine ganze Reihe von Funden zeigt. Zu den Stücken im Magazin von Schloss Waldsteg zählen auch zwei romanische Schlusssteine, die vermutlich zur ehemaligen Kapelle der Burg Windeck gehörten, außerdem zwei Säulenfragmente aus der Romanik beziehungsweise Gotik.

Stadt will „Reiterlein” behalten

Für die Stadt ist die Sache klar. „Nach unserer Auffassung gehören das Windecker Reiterlein und die Spolien untrennbar zur Burg Windeck“, erklärte Pressesprecher Matthias Buschert auf Anfrage dieser Zeitung. „Wir wollen diesen Schatz nicht verlieren, teilen die Rechtsauffassung von Erwin Junker und hoffen, dass das Gericht dies ebenfalls so sieht.“

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