Skip to main content

„Marmorpalast“ am Marktplatz

100 Jahre Stadtrechte: Bomben machten Gaggenau zu dem, was es heute ist

Gaggenau kann nicht mit Prachtfassaden oder Fachwerk glänzen – und trotzdem steckt in der so nüchtern wirkenden Stadt an der Murg jede Menge Geschichte. Eine Bauzaun-Ausstellung gibt nun Einblicke in die vergangenen 100 Jahre Stadtgeschichte.

100 Jahre Stadtrechte Gaggenau
Bild der Zerstörung: Stadtarchivarin Karin Hegen-Wagle und OB Christof Florus vor einer der drei Bauzaun-Wände zur Geschichte des Rathauses. Foto: Swantje Huse

Als „Marmorpalast“ wurde es verhöhnt, doch zur Einweihung des neuen Rathauses auf dem ebenso neuen Marktplatz 1958 strömten dann doch die Massen. Selbst auf den Dächern der bereits errichteten Kaufhäusern tummeln sich die Menschen wagemutigst.

Die Kritik scheint vergessen, und das, was sich Bürgermeister Josef Hollerbach beim Richtfest gewünscht hat, wird wahr: „Das Haus der Bürger soll es sein.“ „Das hat prima funktioniert“, so Stadtarchivarin Karin Hegen-Wagle und zeigt auf die historischen Aufnahmen, die auf einem großen Banner direkt vor dem Rathaus an Zäunen befestigt sind.

Mit einer „Bauzaun-Ausstellung“ zur Stadtgeschichte tritt Gaggenau in die nächste Phase der Feierlichkeiten rund um das Thema „100 Jahre Stadtrechte“.

Gaggenau wurde 1944 zu 70 Prozent zerstört

Als Hausherr, der den „Marmorpalast“ bis ins kleinste Detail kennt, ist auch Oberbürgermeister Christof Florus begeistert von dem Bau. „Es ist zeitlos, wunderschön und macht einiges her“, schwärmt er und ist überzeugt: „Da ist doch ganz Gaggenau stolz drauf, auf dieses Rathaus.“

Sein Vor-Vorgänger stand übrigens in etwa da, wo heute die Jeansbox ist und war deutlich kleiner und wesentlich weniger repräsentativ. Es ist der Erweiterung der Eisenwerke zum Opfer gefallen und der durchaus als Prachtbau zu bezeichnende Nachfolger dann an den heutigen Standort der Stadtverwaltung gewandert – und im Bombenhagel untergegangen.

Einweihung neues Rathaus Gaggenau 1958
Großes Fest: Selbst auf den Dächern standen die Gaggenauer bei der Einweihung des neuen Rathauses (nicht im Bild) am 27. September 1958. Foto: Stadtarchiv Gaggenau

Mit der Bauzaun-Ausstellung soll auch jungen oder neu zugezogenen Gaggenauern ein Zugang zur Geschichte der Stadt gegeben werden. Denn die hat sie natürlich – nur sieht man sie ihr nicht an: Zu 70 Prozent wurde Gaggenau im Zweiten Weltkrieg zerstört. Historische Gebäude blieben kaum übrig.

Eine Chance für die Stadtentwicklung auf der einen Seite – eine Schwierigkeit für die Geschichtsvermittlung auf der anderen. Gerade im Vergleich zu so offensichtlich geschichtsträchtigen Nachbarn wie dem barocken Rastatt, dem mondänen Baden-Baden oder Gernsbach mit seinem Fachwerk. Aktuell steht das markante Bauzaun-Dreieck also auf dem Marktplatz und soll dort auch noch etwa sechs Wochen bleiben.

Dann wandert das Dreieck weiter auf den Hildaplatz – bestückt mit neuen Informationen. Im September dann werden alle Banner – ergänzt um die Rahmen zur Geschichte des Waldseebads, die am Eröffnungswochenende dort ausgestellt waren. Aus Platzgründen habe man dort auf die Bauzaun-Variante verzichtet.

Ein Historischer Rundgang durch Gaggenau soll folgen

Die Ausstellung ist nur einer von drei Teilen zur Stadtgeschichte. Zusätzlich zu den Bauzäunen, die mittelfristig wieder verschwinden werden, wird es noch eine klassische Ausstellung im Rathaus sowie einen historischen Rundgang geben. Dieser soll dauerhaft installiert werden und zu Beginn aus acht Stationen bestehen.

Auf der Vorderseite der Tafeln wird ein „Damals“-Foto zu sehen sein, im Hintergrund das heutige Gebäude. „Und da, wo man die Rückseite sehen kann, ein Zerstörungsfoto“, erklärt Citymanager Philipp Springer. „Davon haben wir ja leider mehr als genug.“

Ziel aller Aktionen sei es, die Leute mitzunehmen und zu vermitteln, dass das Thema Stadtrechte sich zwar trocken anhört, für Gaggenau aber von enormer Bedeutung war. Das betont auch OB Florus. Zwar habe Gaggenau wachsen müssen, um zur Stadt erhoben zu werden. „Doch dadurch ist die Stadt dann erst recht gewachsen.“

nach oben Zurück zum Seitenanfang