Trotz Gewinnwarnungen und dem vom Konzern angekündigten Sparkurs muss sich die Stammbelegschaft im Benz-Werk Gaggenau keine Sorgen um ihren Arbeitsplatz machen. Das war die wohl wichtigste Botschaft, die Thomas Twork und Michael Brecht der Presse am Donnerstag im Anschluss an eine Betriebsversammlung mit auf den Weg gaben.
Thomas Twork ist seit April Standortleiter; Michael Brecht ist Betriebsratsvorsitzender von Gaggenau und der gesamten Daimler AG. Nicht zuletzt dank der florierenden Lkw-Produktion (wir berichteten) ist das Werk gut ausgelastet. Leitung und Rat sehen der Zukunft positiv entgegen. Schon in der Vergangenheit habe das Werk „alles aufgefangen“, sagt Brecht. „Ich bin zuversichtlich, dass wir Stück für Stück neue Tätigkeitsfelder bekommen werden.“
Wechsel in Sparten mit Personalbedarf
Derzeit arbeiten in Gaggenau rund 6770 Mitarbeiter; laut Michael Brecht weiterhin eine „sehr stabile Beschäftigung“. Wo nötig, sollen Mitarbeiter in Sparten mit Personalbedarf wechseln oder Altersteilzeitmodelle und Überstundenabbau zum Einsatz kommen.
Ungewissen Zukunft für Leiharbeiter
Von 300 Leiharbeitern werden 30 wie geplant zum 1. Oktober übernommen. 60 weitere wurden bereits im ersten Halbjahr angestellt. Die Zukunft der verbliebenen Leiharbeiter ist noch zu klären. Klares Ziel ist es Twork zufolge, auch diese Beschäftigungsverhältnisse stabil zu halten. Er und Brecht kündigten an, in der Sommerpause an einer Lösung zu arbeiten.
Benz-Werk mit Neubauprojekt
Auch geplante Erweiterungen werden trotz des Sparkurses umgesetzt. Dazu gehören auch der 30 Millionen Euro teure Abriss und Neubau von Werksgebäude 50. An dessen Stelle soll eine neue Klappenfertigungsanlage (zum Beispiel für Türen und Motorhaube) entstehen. Die in Bad Rotenfels situierte Anlage wird eingestampft. Bau 50 wird derzeit geräumt und im August abgerissen. Die Ausschreibung für das Neubauprojekt startet jedoch erst. Zur nächsten Betriebsversammlung im Dezember dürften erste Planungen vorliegen. Neue Projekte und Ideen hingegen müssen warten oder gestrichen werden.
Effizient genutzte Standorte
Der Betriebsrat legt dabei angesichts des Sparkurses vor allem auf eines Wert: Vor neuen Investitionen in Wachstum müssen bestehende Standorte effizient genutzt und ausgelastet werden. Eine entsprechende Vereinbarung ist mit der Geschäftsleitung bereits getroffen worden. Ein Baustein besserer Auslastung ist es, Frontschaltgetriebe nur noch bis 2023 im Werkteil Rastatt zu fertigen. Die Produktion soll auslaufen, weil die Nachfrage sinkt. Bei einer Kapazität von 150.000 Frontschaltgetrieben pro Jahr stehen derzeit für 2019 nur 54.000 Stück auf dem Plan.
Alternativen für Beschäftigte
Deshalb weicht diese Produktion auf lange Sicht einer gefragteren und rentableren Alternative in der Pkw-Sparte. Wie diese aussieht, soll ebenfalls bis zur nächsten Betriebsversammlung geklärt sein.
Die rund 200 betroffenen Beschäftigten dürften neue Arbeitsfelder erhalten. Der Betriebsrat teilt mit, er werde im September beginnen, eine Kompensation vom Unternehmen auszuhandeln. Die Strategie für die Zukunft ist es, sowohl das Kerngeschäft – schwere Getriebe – als auch alternative Antriebsformen in Gaggenau auszubauen. Im Bereich der E-Mobilität werden dort schon ab 2021 Teile für die zweite Generation des Elektro-Lasters „eActros“ gefertigt.
Einstieg in Batterien für E-Autos
Falls künftig ein Lkw-Hybrid entwickelt wird, ist mit der Geschäftsleitung vereinbart, das Werk beim Bau einzubeziehen – vorausgesetzt, dass eine Fertigung in Gaggenau wirtschaftlich tragbar ist. Als weiteres Ziel sieht der Betriebsrat den Einstieg in den Bereich der Batterien für E-Autos.