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Abfallwirtschaftsbetrieb lässt alternative Standorte prüfen

Bürgerprotest gegen PFC-Deponie in Gaggenau trägt Früchte

Mit Infoveranstaltungen und einer Unterschriftensammlung protestieren Bürger aus Oberweier seit Wochen gegen das Vorhaben, die Deponie „Hintere Dollert“ in Gaggenau weiterzubetreiben und womöglich für PFC-haltigen Bodenaushub zu nutzen. Der Protest scheint Früchte zu tragen.

Umstrittenes Vorhaben: Zwei Bereiche der Deponie „Hintere Dollert“ in Gaggenau-Oberweier könnten reaktiviert werden, um 650.000 Kubikmeter Platz zu schaffen - womöglich auch für PFC-haltigen Bodenaushub. Das wollen die Bürger verhindern.
Umstrittenes Vorhaben: Zwei Bereiche der Deponie „Hintere Dollert“ in Gaggenau-Oberweier könnten reaktiviert werden, um 650.000 Kubikmeter Platz zu schaffen - womöglich auch für PFC-haltigen Bodenaushub. Das wollen die Bürger verhindern. Foto: Hans-Peter Hegmann

Wie das Landratsamt am Mittwoch mitteilt, will der Abfallwirtschaftsbetrieb Standort-Alternativen prüfen. In Abstimmung mit der Stadt Gaggenau lässt er ein vorgezogenes Gutachten erstellen. Es soll die bestehenden Deponien in Oberweier, Bühl-Balzhofen, Rastatt, Durmersheim und Gernsbach in den Blick nehmen, aber auch andere Flächen im Landkreis Rastatt untersuchen. Ferner soll es prüfen, welche Verwertungs- und Entsorgungsmöglichkeiten es außerhalb des Landkreises für Bodenaushub gibt, der mit PFC belastet ist.

Der Gaggenauer Oberbürgermeister Christof Florus begrüßt das Vorhaben: „Wir sind sehr zufrieden, dass mit der Standortanalyse die Wünsche der Verwaltung, des Gemeinderates und der Bürger aufgenommen wurden. Dies ist die Grundvoraussetzung, um im Diskussionsprozess besser beurteilen zu können.“ Er sieht die Untersuchung als „klares Zeichen für ein ehrliche und offene Kommunikationspolitik“.

Alternative Standorte wären auch im Lauf des Planfeststellungsverfahrens für die Deponie in Oberweier untersucht worden. Das ist ein zentraler Bestandteil der Planrechtfertigung. Der Erste Landesbeamte Jörg Peter, Betriebsleiter des AWB, hält es für „zielführend“, sie schon jetzt zu prüfen und die Fragen zum Thema PFC-Ablagerung zu bearbeiten. „So können wir zügiger die Bedenken und Vorschläge der Bürgerinnen und Bürger aufgreifen und müssen nicht erst den Fortschritt des Planfeststellungsverfahrens abwarten.“ Der Entscheidungsprozess werde sich dadurch nicht verlängern, „da diese Überprüfung dann zum späteren Zeitpunkt entfällt.“

Nach Infoveranstaltung im Oktober kam Gegenwind

Das Planverfahren hat bislang noch nicht begonnen. Eine öffentliche Informationsveranstaltungen im Oktober sollte den Startschuss darstellen. Dort präsentierte der Landkreis eine Machbarkeitsstudie des Karlsruher Ingenieurbüros Roth und Partner - und erntete kräftigen Gegenwind. Bei Bürgern und Kommunalpolitikern formierte sich Widerstand.

Der Studie zufolge besteht die Möglichkeit, zum Ende der 2020er-Jahre hin auf der Entsorgungsanlage „Hintere Dollert“ 650.000 Kubikmeter zusätzliche Kapazitäten zu schaffen. Dafür müssten zwei Bereiche abgetragen, profiliert und abgedichtet werden. Ein Teilbereich könnte gezielt für PFC-haltigen Bodenaushub genutzt werden. Derzeit ist noch 30.000 Kubikmeter Platz übrig. Er dürfte im Laufe der kommenden sechs Jahre zur Neige gehen. Der Landkreis muss deshalb dringend Flächen für Bodenaushub und Bauschutt schaffen: Der einzige Deponiestandort für leicht und mittel belastetes Material ist Oberweier. Ferner muss der Landkreis dafür sorgen, dass auch PFC-Aushub entsorgt werden kann, der nicht vor Ort verbaut und versiegelt werden kann.

Hier ist die Angst da, dass wir ewig Deponie-Standort sind.
Michael Barth, Ortsvorsteher

Michael Barth, der Ortsvorsteher von Oberweier, freut sich über die schnelle Reaktion des Landkreises. „Man muss sicherlich gucken, welche anderen Möglichkeiten es gibt“, sagt er. „Ich hoffe, dass da etwas gefunden wird.“ Seinem Eindruck nach sorgen sich die Bürger von Oberweier besonders um die Folgen der PFC-Ablagerungen für die Gesundheit und die Umwelt. Aber auch Dauerbrenner wie der Lieferverkehr sind ein Thema. Zumal die Oberweierer bis vor kurzem davon ausgegangen waren, dass der Entsorgungsbetrieb noch im laufenden Jahrzehnt enden würde. „Hier ist die Angst da, dass wir ewig Deponie-Standort sind.“

Auch Toni Böck, Sprecher der Bürgerinitiative „Keine Deponieerweiterung – kein PFC“ (ehemals „Schluss mit der Deponie“), freut sich über die angekündigte Standort-Prüfung. „Wir hätten uns allerdings gewünscht, das wäre vorher passiert.“ Die Initiative wird ihre Position weiter verteidigen. Am Samstag wird sie von 10 bis 15 Uhr vor der Deutschen Bank in Gaggenau Unterschriften gegen die Erweiterungspläne und die PFC-Deponie sammeln. In Oberweier und Umgebung hat sie nach eigenen Angaben bereits hunderte Stimmen erhalten. Ferner sind eine Begehung der Entsorgungsanlage mit Kommunalpolitikern sowie eine Plakat-Aktion in Oberweier geplant.

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