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E-Learning, Online-Unterricht und Co

Corona hat der Digitalisierung an den Murgtal-Schulen einen massiven Schub verschafft

E-Learning, Homeschooling, Online-Unterricht – hinter den Schulen und Schülern liegen seit Ausbruch der Pandemie viele neue Unterrichtsformen. Jetzt liegt der Schwerpunkt auf Präsenzunterricht. Was bedeutet das für die neuen digitalen Lernformate?

Ein Mann an einer digitalen Tafel
Hochmodern: Rudolf Retzler, Schulleiter der Hans-Thoma-Schule in Gaggenau, vor einer sogenannten Hybrid-Tafel, die Kreidetafel, Whiteboard und Touchscreen vereint. Foto: Swantje Huse

Gerade für die Schulen hat Corona besonders große Einschnitte bedeutet. Und doch hat die Pandemie auch positive Seiten gehabt: Die Digitalisierung sei deutlich schneller vorangekommen, als es ohne Lockdowns und Schulschließungen der Fall gewesen wäre. Darin sind sich die Schulleiter von Hans-Thoma-Grundschule, Realschule Gaggenau, Albert-Schweitzer-Gymnasium Gernsbach und Carl-Benz-Schule Gaggenau einig. Und doch ist das, was die vier Schulformen aus den Errungenschaften der Pandemie machen, nicht dasselbe.

„Wir wollten aus beiden Welten das Beste herausnehmen“, sagt Rudolf Retzer. Der Leiter der Gaggenauer Hans-Thoma-Grundschule steht vor einer hybriden Tafel: Sie besteht im doppelten Wortsinn aus drei Teilen – einer Mitte und zwei Seitenteilen. Zugeklappt sieht die Tafel so aus, wie sie auch vor 20 oder 30 Jahren in der Schule hing: grün und für Kreide geeignet.

Klappt man sie auf, wird der Unterschied zu früher sofort sichtbar: Links und rechts Whiteboards, die mit Stift zu beschreiben sind und in der Mitte ein riesiger Touchscreen. Alle zwölf Klassenzimmer sind über die Ferien mit den modernen Tafeln ausgestattet worden, die allein 70.000 Euro gekostet haben. Damit sie auch wirklich sinnvoll eingesetzt werden können, brauche es auch die passende Infrastruktur. Über Monate seien Kabel verlegt worden. Auch einen Serverraum hat die Schule jetzt.

Ich selbst performe am besten mit Kreide in der Hand.
Rudolf Retzer, Leiter der Hans-Thoma-Grundschule Gaggenau

Er habe keine „Wischiwaschilösung“ gewollt, sagt Retzler, dem bewusst ist, dass seine Schule jetzt eher über den Mercedes der Medienausstattung verfügt. Doch er ist überzeugt, dass es die richtige Entscheidung war, so viel Geld in die Hand zu nehmen: „Das Problem der digitalen Tafel war doch, dass die Schulen eine einzelne angeschafft haben, die dann viel zu selten genutzt wurde und am Ende im Medienraum rumstand, weil sich niemand dran getraut hat.“ Wenn aber jeder Raum über eine solche Tafel verfüge, könne man sich eben auch dauerhaft damit auseinandersetzen.

Zudem würden alle Kollegen gleichermaßen ins Boot geholt: die jungen mit hoher digitaler Affinität genauso wie jene Lehrer, die kurz vor der Pension stehen. „Ich selbst performe am besten mit Kreide in der Hand“, sagt Retzler und ein Grinsen umspielt seine Augen.

Digitale Klassenbücher in Hans-Thoma-Schule

Nicht überall ist der Digitalisierungsschub so sichtbar wie an der Hans-Thoma-Schule – da ist er aber trotzdem: Digitale Klassenbücher, Lernplattformen, neue Kommunikationsstrukturen haben Einzug gehalten.

„Es gibt tatsächlich positive Aspekte von dieser nicht ganz freiwillig eingelegten Homeschooling-Phase“, sagt auch Axel Zerrer, Rektor der Gaggenauer Realschule: eine Lernplattform, also einen digitalen Bereich, in dem Arbeitsmaterialien abgelegt und auch abgerufen werden können, habe es vorher nicht gegeben. Auch die Ausstattung sämtlicher Lehrer mit Dienstgeräten wäre ohne Corona nicht so schnell möglich gewesen, ist sich Zerrer sicher. Nun gehe es aber auch darum, alles auf dem aktuellen Stand zu halten und weiterhin zu nutzen.

Auch die Ausstattung der Schüler mit Laptops oder Tablets hat Zerrer dabei im Blick. „Das wollen wir weiter ausbauen.“ Doch genau hier tauchen auch schon die ersten Hürden auf: „Geräte zu bestellen, ist das eine. Sie auch zu bekommen, das andere. Und dann braucht es noch die Handwerker dazu, die die Infrastruktur installieren.“ In der Realschule, die zugleich auch Naturparkschule ist, wird zwar auch künftig auf beschreibbare Whiteboards gesetzt. Sie sollen aber durch Tablets und Monitore ergänzt werden. „Ich möchte beides parallel und ergänzend. Das ist für mich die perfekte Ausstattung“, sagt Zerrer.

Albert-Schweitzer-Gymnasium setzt Tablets als Unterrichtsgerät ein

Der Erhalt und die Weiterführung der neu gewonnen digitalen Kompetenzen stehen auch am Albert-Schweitzer-Gymnasium (ASG) in Gernsbach auf der Tagesordnung. Der Schwerpunkt hier liegt auf einem Mediencurriculum, das aktuell erarbeitet und noch im Herbst verabschiedet werden soll.

Statt Medienkompetenz als eigenes Projekt zu etablieren, gehe es darum, die „medialen Lerninhalte in den einzelnen Fächern zu verorten“, erklärt Schulleiter Stefan Beil. Nach den Herbstferien wird dann das Tablet als Unterrichtsgerät in der 10. Klasse eingeführt werden. „Damit leiten wir den Übergang zu einer Tablet-Klasse ein.“

Ein Tablet ist viel, viel mehr als nur Internetrecherche.
Stefan Beil, Leiter des Albert-Schweitzer-Gymnasiums Gernsbach

Einen Tablet-Koffer, der für einzelne Unterrichtseinheiten genutzt werden kann, gab es schon länger am ASG. Er soll jetzt um einen zweiten ergänzt werden. Doch ausreichend findet Beil das nicht. „Meist werden die nur für Internetrecherche genutzt. Aber ein Tablet ist viel, viel mehr.“ Gerade auch mit Blick auf den Übergang von der Oberstufe ins Studium sei es wichtig, dass sie Absolventen „mehr mitbekommen als nur Internetrecherche“. Beil denkt etwa an die digitale Erfassung von Messergebnissen bei naturwissenschaftlichen Experimenten.

Ein Mann an einem Flipchart
Vernetzung: Bei Falk Hartmann, Schulleiter der Carl-Benz-Schule, zieht die Digitalisierung große Kreise. Foto: Swantje Huse

Ein Szenario, dass in der Carl-Benz-Schule in Gaggenau bereits Realität ist. Schulleiter Falk Hartmann erzählt. „Wir haben aus unseren Räumen hier Autos in unserer Partnerschule in Singapur gesteuert.“ Von den besseren Möglichkeiten der Partnerschaftspflege einmal abgesehen, geht es dem Leiter der beruflichen Schule ebenfalls darum, seine Schüler „fit für die Zukunft“ zu machen. „Die müssen sich im Digitalen bewegen können. Das ist so vielschichtig wie die Industrie 4.0.“

In Online-Formaten sieht Hartmann einerseits einfach nur ein weiteres Werkzeug in der Vermittlung von Inhalten. Andererseits aber auch die Möglichkeit, sich ganz anders zu vernetzen. Und das auf vielen Ebenen: innerhalb der Schule, zwischen Schulen auf lokaler, regionaler, nationaler oder eben sogar internationaler Ebene. Und Gleiches auch mit der Industrie. „Wir haben unseren Arm verlängert“, sagt Hartmann. „Und wir haben unsere Welt vergrößert. Oder verkleinert.“

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