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Kein Passwort notwendig

Digitales Erbe: Gaggenauerin hilft bei Nachlassverwaltung im Netz

Viele Menschen hinterlassen ihren digitalen Fußabdruck im Netz: in sozialen Netzwerken, bei Online-Versandhäusern, Streaming-Diensten oder Partnerbörsen. Was aber passiert damit nach dem Tod? Ihre Angehörigen können das digitale Erbe verwalten - auch ohne Passwort. Dabei hilft jetzt eine Gaggenauerin mit einem Online-Portal.

Viele Menschen hinterlassen Spuren im Netz. Wer sie nach seinem Tod verwischt haben will, sollte sich rechtzeitig um sein digitales Erbe kümmern.
Viele Menschen hinterlassen Spuren im Netz. Wer sie nach seinem Tod verwischt haben will, sollte sich rechtzeitig um sein digitales Erbe kümmern. Foto: pathdoc – stock.adobe.com

Mit dem Tod kommt das digitale Erbe. Menschen hinterlassen Spuren. Auch online. Viele Angehörige wollen sie verwischen: Verträge kündigen, Internetprofile löschen – oder jedoch dem Verstorbenen im Netz ein ehrendes Andenken bewahren. Was aber tun, wenn man dessen Passwörter nicht kennt?

An dieser Stelle kommt meist ein digitaler Nachlassverwalter ins Spiel. Im Gaggenauer Bestattungshaus Heck hat man dafür eine andere Lösung gefunden. Petra Kamm-Schlegel bietet ihren Kunden ein Formalitätenportal an, das Hinterbliebenen die Spurensuche und damit viel Arbeit abnimmt. Einzige Voraussetzung: Die E-Mail-Adresse des Toten muss bekannt sein.

Das digitale Erbe ist ein schwieriges Thema, an dem sich lange auch die Gerichte abarbeiteten. Mit seinem Grundsatzurteil vom 12. Juli 2018 hat der BGH das elektronische mit dem materiellen Erbe gleichgestellt. Demnach zählt auch das Facebook-Profil eines Verstorbenen zum digitalen Nachlass.

Digitales Erbe kann teuer werden

Nach Angaben der Stiftung Warentest sind 87 Prozent aller Menschen ab zehn Jahren online – mit steigender Tendenz. Auch immer mehr Silver Surfer ab 50 Jahren tummeln sich im Netz. Die Nutzer hinterlassen ihren Angehörigen ein digitales Erbe, das in den meisten Fällen arm statt reich macht.

Es geht um Verträge mit Mobilfunkanbietern, Energieversorgern, Vereinen, Fitnessstudios, Partnerportalen oder Streaming-Diensten. Um nach dem Tod eines Menschen unnötige Kosten zu verhindern, müssen Hinterbliebene genau diese Zahlungsverpflichtungen beenden.

Profile in sozialen Netzwerken bleiben aktiv

Wer aus dem Leben ausloggt, bleibt virtuell unsterblich. Zumindest, bis die Angehörigen handeln. Profile in sozialen Netzwerken wie Instagram oder Facebook sind auch nach dem Tod weiter aktiv. Die digitalen Erben konnten sie bislang nur dann löschen lassen, wenn sie die E-Mail-Adresse und das Passwort des Toten kannten. Oder sie beauftragten einen digitalen Nachlassverwalter.

Formalitätenportal entlastet Angehörige

„Das geht mittlerweile einfacher“, weiß Bestatterin Petra Kamm-Schlegel. Ihre Kunden können ein automatisiertes Formalitätenportal nutzen, um Verträge zu kündigen und Konten zu löschen.

„Trauernde müssen ohnehin unzählige Entscheidungen treffen, für die sie oft nicht die Kraft haben“, sagt Kamm-Schlegel, „das Programm nimmt ihnen viel ab.“

Tipps zum digitalen Erbe

In einer Vollmacht kann ein User festlegen, was nach dem Tod mit seinem Account passieren soll. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen rät dazu, eine Person des Vertrauens mit dem digitalen Erbe zu betrauen. Ferner empfiehlt sie, eine Übersicht aller Accounts mit Benutzernamen und Kennwörtern für die Vertrauensperson anzulegen.

Auch sollte man bestimmen, was nach dem Tod mit den digitalen Endgeräten geschieht. Über ein Online-Formular, das einige Bestatter anbieten, kann der Nachlassverwalter auch ohne Passwörter Konten löschen lassen.

Software schreibt 2.000 Online-Dienste an

Das Portal funktioniert so: Angehörige geben die E-Mail-Adresse des Verstorbenen ein. Dann informiert die Software rund 2.000 bekannte Online-Dienste über das Ableben des Nutzers – darunter Versandhändler, Streaming-Anbieter, Partnerportale und soziale Netzwerke.

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Begleitung nach dem Tod: Petra Kamm-Schlegel berät ihre Kunden in Gaggenau auch in Fragen der digitalen Nachlassverwaltung. Foto: Körner

Sie sind laut Kamm-Schlegel dazu verpflichtet, ihren Kundenbestand nach der E-Mail-Adresse zu durchforsten und das Konto, falls vorhanden, zu schließen. Die digitalen Erben können den Status der Anfragen über ihren Computer von zu Hause aus überwachen. Einen Papierkrieg müssen sie so nicht führen.

100.000 Aufträge seit 2016

„99 Prozent meiner Kunden waren über diesen Service überrascht“, sagt Kamm-Schlegel. Das Unternehmen mit Sitz in Berlin hatte dem Bestattungshaus seine Dienste vor eineinhalb Jahren angeboten. Nach eigenen Angaben hat es seit dem Start des Systems 2016 mehr als 100.000 Aufträge ausgeführt.

Mittlerweile sind auch 70-Jährige im Netz aktiv

Auch wenn viele Tote zu Lebzeiten kein Internet hatten, ist das digitale Erbe zunehmend auch im Murgtal ein Thema. „Im ländlichen Raum dauert das ein bisschen“, sagt Kamm-Schlegel: „Aber mittlerweile sind auch 70-Jährige im Netz aktiv.“ Das Formular dürfte künftig also häufiger zum Einsatz kommen.

Sinnvoll ist allerdings trotz der elektronischen Hilfe, eine Person zu bestimmen, die sich nach um das digitale Erbe kümmert.

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