Es ist Samstag. Manches, was eben noch in der Frischetheke lag, wird am Montag nicht mehr ganz so appetitlich aussehen. Doch einfach in die Tonne kloppen? Für die Foodsaver um Gritly Nyvall ist das keine Option.
Die Foodsaver, und darauf legen die inzwischen rund 70 Mitglieder im Sprengel großen Wert, unterscheiden sich von den Foodsharern. Während letztere im eigenen Kühlschrank oder am Herd Überschuss ausmachen und zur spontanen Abholung anbieten, ist die Idee des Foodsavings viel weitreichender.
Im optimalen Fall soll alles, was im Verkauf nicht mehr zum Einsatz kommen wird, einer anderen Verwendung zugeführt werden als der Braunen Tonne. Denn was – wie eingangs gesagt – bei Ladenschluss durchaus noch sehr gut zum Verzehr taugt, sieht am nächsten Morgen welk aus oder ist trocken.
Foodsaver können nicht planen, welche Lebensmittel sie wann wo bekommen
Gerade in der gegenwärtigen Situation, in der die Tafeln dem großen Zuspruch, der sich aufgrund des Zuzugs der Ukraine-Flüchtlinge vervielfacht hat, kaum mehr Herr werden, sind derartige Konzepte der Nachhaltigkeit mehr gefragt denn je.
Doch was am Ende in die Körbe und Tüten kommt, welche die Foodsaver zur Abholung mitbringen, können sie niemals voraussagen. Allerdings hat sich seit Mitte 2020, als die bundesweite Aktion auch im Murgtal Fuß zu fassen begann, die ein oder andere Tendenz bereits abgezeichnet. „Im letzten Sommer hatten wir wirklich sehr viel Obst und Gemüse bekommen.“
Wohin diese Nahrungsmittel jeweils gegeben werden, ist sehr unterschiedlich. Die Mitglieder, die in einem akkurat entwickelten Turnus abholen, gehen im Nachgang meist sofort ans Verteilen. Das geschieht nicht willkürlich. Vielmehr hat man daran gearbeitet, eine Liste von Haushalten zusammenzustellen, bei denen es vorne und hinten nicht reicht um zu leben oder wenigstens leidlich vernünftig zu essen. Die Retterinnen der Lebensmittel geben diese also gezielt und vor allem auch in Haushalts-angemessenen Mengen ab.
Um die Nachhaltigkeit zu gewährleisten, gehen die gesammelten Nahrungsmittel auch an andere Mitmacher, die den Gedanken des Foodsharings gerne teilen. „Klar gab es Zeiten, in denen wir noch ein paar mehr Haushalte hätten brauchen können.“ Aber seit der Flüchtlingsstrom einsetzte, hat sich das radikal geändert.
Wir nehmen nur, was die Tafeln nicht nehmen können.Foodsaver aus dem Murgtal
Mit den Tafeln wird ein neuer Konsens entwickelt. Denn hier soll keinesfalls konkurriert werden. „Wir nehmen nur, was die Tafeln nicht nehmen können.“ Bestückt wird mit diesen Waren nach wie vor auch der Gabenschrank, der aus dem Zaun in der Nähe des Bahnhofs entstanden ist, wo bis dahin vorgepackte Tüten mit Nahrungsmitteln, teilweise auch Kleidung angehängt wurden.
Doch das Prinzip der Foodsaver reicht noch deutlich weiter. Wer hier mitmachen will, der muss zuerst qualifiziert werden. Abholungen und Weitergaben – das alles unterliegt einem festen Hygienekonzept, welches erlernt werden muss.
Neben der sozialen Komponente ist den Foodsavern die Nachhaltigkeit wichtig
Ansonsten ist das Prinzip des Foodsharings sehr unkompliziert, basiert auf Kooperationen mit festen Betrieben, bei denen übrig gebliebene Lebensmittel abgeholt werden dürfen. Die Foodsaver sind über die Plattform www.foodsharing.de gut vernetzt. Auf diese Weise wird unter den Mitgliedern gut zusammengearbeitet, um zu ermitteln, wo etwas gebraucht wird.
Ganz wichtig jedoch, dass hier ein ganz eigenes Prinzip verfolgt wird. Unterm Strich, so das Anliegen der Gruppe, soll das Leben ein wenig nachhaltiger werden. Denn laut Statistik werden in deutschen Haushalten jährlich etwa 55 Kilogramm Lebensmittel pro Kopf einfach entsorgt.
Dem wirkt die Foodsharing-Initiative kräftig entgegen und hofft – insbesondere in der gegenwärtigen dramatischen Situation –, dass sich noch viele Betriebe und Ehrenamtliche anschließen, um auf der einen Seite die Personen zu unterstützen, die gerade dringend Hilfe brauchen; und zu retten, was viel zu schade für die Tonne ist.