Vier Visionen für Forbach: Spannende Kandidatenvorstellung am Mittwochabend
Zwei Stunden mit vielen Plänen für Forbach hat die Kandidatenvorstellung der Bewerber um das Bürgermeisteramt in der Murgtalgemeinde geboten. Von den eigentlich fünf Kandidaten präsentierten sich allerdings nur vier.
Sichtlich zufrieden beschließt Katrin Buhrke (parteilos) den Abend – eine der mutmaßlich letzten Bewährungsproben im Amt hat die Noch-Rathaus-Chefin gemeinsam mit ihrem Team souverän bewältigt: Nach zwei Stunden endet die Kandidatenvorstellung für die anstehende Bürgermeisterwahl ohne Zwischenfälle. „Neuland Livestream“, so Buhrke, ist geglückt. „Der Abend ist wunderbar verlaufen und auch reibungslos.“
Und nicht nur das: Die knapp 90 Besucher in der Murghalle und die in der Spitze bis zu 700 Zuschauer am Computer haben einen Vorstellungsabend verfolgen können, der auch die ein oder andere Überraschung bereithielt.
So weigerte sich Kandidat Jürgen Erhard, der als erster seine Bewerbung bekannt gegeben hatte und sich deshalb auch als erster hätte vorstellen dürfen, die Halle mit Maske zu betreten – woraufhin die Rathausspitze wiederum von ihrem Hausrecht Gebrauch machte und Erhard nicht in die Halle ließ. Das Angebot des Kandidaten, der für die Partei „Die Basis“ antritt, vor der Halle für Fragen zur Verfügung zu stehen, schlugen die Anwesenden jedoch aus: Alle blieben auf ihren Stühlen sitzen.
Mathias Fey bleibt bei Nachfragen eher vage
Die Vorstellungsrunde eröffnete daraufhin der parteilose Mathias Fey, der als einziger der vier Bewerber seine Redezeit von 15 Minuten nicht voll ausnutzte. In seiner eher schlagwortartigen Rede, der phasenweise Nervosität anzumerken war, entwarf er Szenarien von Forbach als modernes Urlaubsziel mit Ärztezentrum und Popup-Stores.
Auf die Nachfragen aus dem Plenum, mit welchen konkreten Konzepten er den Tourismus ankurbeln, Wolfsheck weiterentwickeln oder eine Neuansiedlung einer Apotheke erreichen wolle, blieb er jedoch eher vage.
Ein buntes Sammelsurium an kommunalpiltischen Themen griff Mathias Fey in seiner Rede auf. Gleich mehrfach verdeutlichte er in mit der (nicht immer vollständigen) Aufzählung aller Ortsteile, wie sehr ihm der Zusammenhalt als Gesamtgemeinde ein Anliegen ist. Diese habe viele schlummernde Potenziale, die es zu erwecken gelte. Beispiel Tourismus: Hier sei in den vergangenen Jahren viel liegen geblieben. „Ich, Fey, Mathias, werde den Wandel vorantreiben vom Kurort zum modernen Urlaubsziel“, versprach der 57-Jährige: „Die Champagner-Luft muss in Forbach intensiver vermarktet werden.“
Der Handwerksmeister aus Bad Wildbad verwies auf seine breit gefächerte Berufs- und Auslandserfahrung, unter anderem habe er 28 Jahre lang ein mittelständisches Unternehmen geführt. Dabei sei er stets auch ehrenamtlich aktiv gewesen, sei es als Kommunalpolitiker oder im Landeselternbeirat. Selbst beschreibt er sich als Pragmatiker, der ein Schultes zum Anfassen sein werde. Als solcher werde Fey alles daran setzen, die Ärzteversorgung in der Gemeinde zu verbessern „und die Apotheke so schnell wie möglich wieder eröffnen“. Diesbezüglich habe er bereits zielführende Gespräche geführt.
Natürlich sei sich Fey der großen Herausforderungen bewusst, die es in Forbach zu meistern gelte. Wie er das genau anstellen möchte, blieb in seiner Vorstellung allerdings vage. „Solide Finanzen sind das A und O.“ Er kündigte an, den Blick auf die zahlreichen Förderprogramme zu wenden, die es abzuschöpfen gelte. Als zentrale Aufgabe für die Verwaltung nannte Fey die Digitalisierung, ohne den analogen Bürgerservice einzuschränken.
Robert Stiebler plädiert für weniger Grundsteuer und mehr Einwohner
Überraschend wenigen Fragen musste sich auch Robert Stiebler stellen. Der unabhängige Kandidat aus Herrenwies hatte zuvor in einem entspannten und überzeugenden Rundumschlag seine Ideen für Forbach skizziert und dabei aus seiner Verbundenheit zur Gemeinde („Ich habe gewählt, mein Zuhause ist hier.“) keinen Hehl gemacht.
Teils visionär (Ausbildungscampus für das Handwerk), dabei die „prekäre, aber nicht aussichtslose“ Lage des Haushalts nicht aus den Augen verlierend, skizzierte er das Bild einer lebendigen, von Feiern getragenen Gemeinde, die weniger Grundsteuer, dafür aber mehr Einwohner braucht.
Ein Ausbildungscampus in der Gemeinde, jährlich ein Floßrennen auf der Murg oder der Schwarzenbachtalsperre? Ideen wie diese möchte Robert Stiebler als Bürgermeister umsetzen. Voraussetzung dafür sei aber zunächst die nachhaltige Konsolidierung des Haushalts. Auch dafür hat der 38-jährige Familienvater ein Konzept: „Um bares Geld zu sparen, brauchen wir eine Bestandsprüfung in kurzen Intervallen.“ Hier spreche er aus Erfahrung durch seine Arbeit als Bauleiter, unterstrich er und sprach von einer finanziellen Situation in Forbach, die „prekär, aber nicht aussichtslos“ sei.
Es gelte, den Standort für Arbeitgeber interessant zu machen: „Das heißt, wir müssen auf die Industrie zugehen und durch eigens erstellte Konzepte überzeugen.“ Den Nachwuchs fördern und selbst für Nachschub an unbesetzten Stellen sorgen, daran führe kein Weg vorbei. „Hier bin ich mit der Idee, einen Ausbildungscampus auf unserer Gemarkung zu errichten, auf sehr großes Interesse gestoßen. Dieses Projekt schafft heute Arbeitsplätze und hilft uns, eine Zukunft zu gestalten“, erklärte Stiebler.
Großes Potenzial, das es zu heben gelte, sieht der Herrenwieser auch im Tourismus, „um unser Dasein als Durchfahrtsort zu beenden und zukünftig als Startpunkt für Expeditionen aller Art durch unsere herrliche Natur zu dienen“. Dafür müsse man „nichts erfinden, sondern das, was wir haben, stilvoll in Szene setzen“. Das soll unter anderem auch mit Mitteln aus der Privatwirtschaft gelingen – etwa im Bereich Outdoor-Sport.
Auch Themen wie Digitalisierung, Pflege, Zuwachs, Einzelhandel, Senioren und Kinder sprach der unabhängige Kandidat in seiner Vorstellung an, bei der er größtenteils frei redete und souverän auftrat.
Kilian Krumm präsentiert breit gefächertes Programm
Deutlich forscher und gleichermaßen mit Plänen ausgerüstet präsentierte sich der gemeinsame Kandidat von SPD, Grünen und FWG, Kilian Krumm, der sein breit gefächertes Programm rund um den zentralen Baustein des Gemeindeentwicklungsplan am Ende fast schon im Schweinsgalopp in die Viertelstunde Redezeit pressen musste.
Auf die Frage, welche beruflichen Qualifikationen er denn für das Amt mitbrächte, verwies der Baden-Badener auf seine lange Karriere als Gewerkschaftssekretär und sein aktuelles Studium in Wirtschaftsrecht.
Dem „Schmuckstück im Murgtal“ will Kilian Krumm neuen Glanz verleihen. Er ist SPD-Mitglied, als unabhängiger Kandidat wird er von SPD, Grünen und FWG unterstützt. Finanzen, Sanierungsbedarf und Bevölkerungsentwicklung seien große Herausforderungen. Unter Bürgermeisterin Katrin Buhrke sei eine vernünftige Konsolidierung der Finanzen begonnen worden; dieser Weg sei nicht zu Ende. Gleichwohl könnten neue Kredite notwendig sein. Einen breit angelegten Gemeindeentwicklungsprozess wolle er anstoßen. „Komplette Bestandsanalyse“ auch der Ausgaben sei notwendig. Gleichwohl brauche das Rathaus für Tourismus, Gemeindemarketing und Wirtschaftsförderung eine weitere Stelle. Der „idyllische Luftkurort“ habe wirtschaftliches Potenzial. Die Gemeindegastronomie neben der Murghalle könne vielleicht mit der Lebenshilfe oder als von Vereinen getragene Genossenschaft funktionieren: „Wir brauchen sowieso ein Hallennutzungskonzept.“ Auch eine Freiluftmesse mit regionalen Produkten oder ein regionales Streetfood-Festival könnten Impulse sein. Das wald- und wasserreiche Forbach sei auch ein „Motor der Energiewende“.
Mit Fördergeld könnte die flächengrößte Gemeinde im Landkreis mit den Schwarzwaldvereinen einen Panoramaweg realisieren. Mit schnellem Internet und neuen günstigen Bauplätzen könne Forbach attraktiv sein für junge Familien.
Für bezahlbare Wohnungen regt Krumm die Gründung einer überörtlichen Murgtal-Wohnbaugenossenschaft an. Bedarfsgerechte Öffnungszeiten im Kindergarten seien wichtig. Krumm wolle nahe bei den Bürgern sein.
Mathias Reidel gibt sich als Macher
Auf eine Kultur des Wohlwollens und Mittragens, ohne die Streitkultur auszusparen, hob der von der CDU unterstützte Bewerber Mathias Reidel in seiner Rede ab und beschrieb sich als „Macher mit To-do-Mentalität“.
Für seine Vision von einem neuen Hotel an der Schwarzenbachtalsperre gegenüber dem alten erntete er zwar Lacher, ließ sich davon aber nicht aus dem Konzept bringen. Am Ende schlug das Applausometer für Stiebler, Krumm und Reidel ähnlich stark aus.
„Mit mir ist in Forbach noch lange nicht Feierabend“ zeigte sich Mathias Reidel selbstbewusst. Seine Kandidatur wird von der örtlichen CDU unterstützt. Motivation für das Bürgermeisteramt beziehe er aus seiner Herkunft: „Forbach ist meine Heimat; ich bin hier geboren.“ Doch würden junge Familien der Gemeinde den Rücken kehren. Diesen Trend gelte es umzukehren. „Einen klaren Plan“ habe er, wie man Forbach entwickeln könne, ohne anschließend allzu sehr ins Detail zu gehen. Aber Streitkultur sei etwas Positives.
Die Aufbruchstimmung zum bevorstehenden Ende der Pandemie gelte es zu nutzen, damit auch örtliche Betriebe profitieren könnten. Ein Augenmerk richtete er auf den Tourismus. Ein Blick auf Mummelsee einerseits und Schwarzenbachtalsperre andererseits sei hilfreich: Beliebte Ausflugsziele, doch damit seien die Gemeinsamkeiten schon fast aufgezählt. Während am Mummelsee eine „gewachsene Infrastruktur“ vorhanden sei, mit moderner Hotellerie und Gastronomie „und mitten im Nationalpark“ gelegen, sei an der Talsperre sehr viel weniger geboten, dazu noch ein seit Jahren geschlossenes Hotel. „Soll das wirklich so bleiben?“, fragte Reidel. Schließlich sei Forbach mit Ortsteilen „die Perle im Murgtal“, aber anscheinend im Dornröschenschlaf.
Einerseits gebe es in Kernort und Ortsteilen lobenswertes Engagement auch für das Ortsbild, aber es bleibe viel zu tun. Es gelte, mutig in den Tourismus zu investieren, das Potenzial auszuschöpfen und Fördergelder zu generieren: „Wenn die Gäste kommen, kommen auch die Geschäfte.“
Nachhaltigkeit, Naturnähe, seien Pfunde auch mit Blick auf Familien. Und: „Sicherheit und Sauberkeit, das ist das Maß aller Dinge, damit man sich in der Gemeinde wohlfühlen kann.“ Das medizinische Versorgungszentrum in Klosterreichenbach könne Vorbild sein, um die unerlässliche ärztliche Grundversorgung zu sichern, regte er an. Das Rathaus werde mit ihm „mehr offene als geschlossene Türen“ haben. Ein Wunschkonzert könne es aber nicht geben, auch wenn er alle Bürger anhören wolle.
Der Mitschnitt der Kandidatenvorstellung wird spätestens am Freitag, 25. Februar, auf der Gemeindehomepage hochgeladen und steht dort bis zur Wahl am 13. März oder dem zweiten Wahlgang am 3. April zur Verfügung.