Skip to main content

Corona und die Künstler

Frust und Verärgerung machen sich bei dem Murgtäler Musiker Gerald Sänger breit

Der Murgtaler Profimusiker und Bandleader Gerald Sänger spricht über ein Jahr Corona. „Bei der Unterstützung der Kultur versagt die Politik komplett“, lautet seine Meinung.

Gerald Sänger inmitten seiner zahlreichen Gitarren, mit denen er seinen Lebensunterhalt verdient.
Gerald Sänger inmitten seiner zahlreichen Gitarren, mit denen er seinen Lebensunterhalt verdient Foto: Gerald Sänger

Die Liste der Bands, denen Gerald Sänger seinen Stempel aufdrückte, ist lang. Weit über das Murgtal hinaus stand er, oft mehrmals die Woche, auf den Bühnen. Der 56-jährige Ausnahmegitarrist begeistert in unterschiedlichen Formationen seit Jahrzehnten die Musikfreunde.

Bis vor einem Jahr war er voll im Geschäft: Ob im Duett mit Maike Oberle bei „2cool“, als musikalischer Kopf von „Cream of Clapton“ und auch bei der „Eric Prinzinger Band“ bestimmte sein unverwechselbares Gitarrenspiel bis zum Beginn der Pandemie den Sound des Rock‘n‘rolls. Bis zurück zur Ära „Saitensprung“ hat Sänger mit seiner Kunst sich viele Freunde geschaffen.

Doch dann kam Corona: „Der erste Lockdown war schwer zu ertragen, es hagelte Auftrittsabsagen am laufenden Band. Es war eine seelische und wirtschaftliche Herausforderung, schließlich brach ein wichtiger Lebensinhalt weg“, erzählt der Musiker.

Sänger sah einen Hoffnungsschimmer: „Was mich zunächst über Wasser hielt, war die Hoffnung, dass es im Sommer wieder besser werden würde, was auch tatsächlich ein bisschen so war, ein paar Auftritte hatte ich sogar.“ Es waren kleine Open-Air-Gigs mit Platzreservierung und Hygienekonzept.

Man hat bis heute immer noch keine Perspektive.
Gerald Sänger, Musiker

Wie viele seiner Musikerkollegen dachte Sänger zu Beginn, „dass nach den Sommerferien alles im Groben überstanden sein müsste, und dass es nur eine Durststrecke bis dahin sein würde.“

Doch es kam anders für die Branche: „Der zweite Lockdown war und ist noch viel schlimmer, der Winter kam und man hat bis heute immer noch keine Perspektive.“

Es ging nun gewissermaßen an das Eingemachte: „Die Ersparnisse waren allmählich aufgebraucht. Es standen keine Termine mehr im Kalender. Die letzten 30 Jahre habe ich so etwas nicht erlebt.“

Die Musik ist nicht nur Sängers Arbeit, um den Lebensunterhalt seiner Familie zu verdienen, sie ist sein Leben.

„Weil ich noch ein halbes Deputat an der Musikschule Gaggenau habe, bei der nur noch Online-Unterricht erlaubt ist, falle ich komplett durch das Raster, was irgendeine Aussicht auf Unterstützung seitens des Staates angeht. Ich muss durch das verhängte Berufsverbot mit etwa 40 Prozent weniger Einkommen auskommen, und das seit über einem Jahr.“

Was mich durchhalten lässt, ist meine Familie.
Gerald Sänger, Musiker

Gerald Sänger zeigt klare Kante: „Bei der Unterstützung der Kultur versagt die Politik komplett.“ Er bezieht damit auch die riesige Branche mit ein, die viel mehr beinhaltet als nur die Menschen, die auf der Bühne stehen.

„Nach über einem Jahr machen sich immer mehr Frust und Verärgerung breit, weil meine Branche komplett brachliegt. Sie war die erste, die geschlossen wurde und wird die letzte sein, bei der irgendwann mal wieder Normalität einkehren wird.“

Der Gitarrist ist sich sicher, dass Veranstaltungen mit Hygienekonzept sehr sicher umsetzbar wären, ähnliches gilt auch für die Gastronomie. „Was mich durchhalten lässt ist meine Familie, mein Mountainbike und die Hoffnung, dass es ab Sommer wieder besser werden könnte.“

nach oben Zurück zum Seitenanfang