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Hilferuf aus Gernsbach

Gernsbachs Bürgermeister Julian Christ richtet Appell an Bund und Land

Bei seiner Haushaltsansprache richtet Gernsbachs Bürgermeister einen Appell an Bund und Land. Die große Politik dürfe die Kommunen nicht „im Regen stehen lassen“. Sein Hilferuf richtet sich vor allem an die Aufgabe der Flüchtlingsunterbringung.

Von Turbo-Internet ist man vielerorts in Gernsbach (wie hier in Obertsrot) noch weit entfernt: Der Ausbau soll im kommenden Jahr vorangebracht werden.
Von Turbo-Internet ist man vielerorts in Gernsbach (wie hier in Obertsrot) noch weit entfernt: Der Ausbau soll im kommenden Jahr vorangebracht werden. Foto: Jacob Juch

Dass die Stadt Gernsbach finanzielle Probleme hat, kann man nur zwischen den Zeilen der Rede von Gernsbachs Bürgermeister Julian Christ (SPD) herauslesen. Bei der Einbringung des Finanzplans für das Jahr 2023 in der Gemeinderatssitzung am Mittwochabend spricht das Stadtoberhaupt von einem „ausgewogenen Haushalt“, den die Kämmerei mit Benedikt Lang an der Spitze aufgestellt habe. Dabei richtet Christ auch einen Appell an Bund und Land, „uns nicht im Regen stehen zu lassen“.

Es sei eine Zumutung, die Aufgabe der Flüchtlingsunterbringung, den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz und auf eine Ganztagsbetreuung an der Grundschule an die Kommunen durchzureichen und sich dann nicht ausreichend an den Kosten dafür zu beteiligen.

„Das ist so, als wenn man ins Restaurant geht, ein gutes Essen genießt und dann zum Schluss nicht die Rechnung bezahlt“, zieht Christ einen Vergleich zum Schnorren.

Gernsbach benötigt dringend Platz für Flüchtlinge

Hintergrund seines Hilferufs an die große Politik ist die extreme Belastung, die dem städtischen Haushalt erwächst, weil in Gernsbach dringend Platz für Flüchtlinge – vor allem aus der Ukraine, aber nicht nur – geschaffen werden muss. Um diese „neue Daueraufgabe“ zu meistern, habe man sich auf den Gernsbacher Weg gemacht.

Eine Maßnahme, um die Aufnahmekapazitäten in der Stadt langfristig zu steigern, befindet sich aktuell bereits in der Umsetzung, nämlich der Umbau des alten Postgebäudes eingangs der Bleichstraße. Mit rund 1,2 Millionen Euro entsteht dort Wohnraum für bis zu 67 Menschen. Aber das reicht noch nicht.

Weitere Projekte müssen folgen, kündigt Christ an. So diskutiert der Gemeinderat am Mittwoch auch die Option, das alte Markthallenareal in Staufenberg für die Anschlussunterbringung von Flüchtlingen zu bebauen. Klar sei schon jetzt, „dass die erweiterte Flüchtlingsunterbringung nicht ohne weiteren Stellenaufwuchs möglich sein wird“, verweist der Bürgermeister auf zusätzliches Personal, das ebenfalls Geld kostet.

„Wir können als Kommune diese Aufgabe nicht alleine stemmen. Ohne Mittel vom Land und vom Bund werden wir zukünftig nur schwer in der Lage sein, unseren Haushalt solide aufzustellen“, mahnt Christ.

Die Folgen wären, wichtige Investitionen im Bereich der Bildung, im Städtebau und im kulturellen Bereich zurückstellen zu müssen; zudem würde sich „der Sanierungsstau in unserer Stadt noch mal um ein Vielfaches vergrößern“.

Trotz aller Herausforderungen, die auch abseits der Flüchtlingskrise sehr groß sind, liege nun ein Haushaltsplan für das Jahr 2023 vor, der „die Stärken der Stadt fördern und Gernsbach weiter zukunftsfähig aufstellen wird“, ist sich Christ sicher. In seiner Haushaltsrede wird der Bürgermeister wenig konkret, kündigt aber beispielhaft folgende Investitionsschwerpunkte an:

  • Die Gründung der Wohnbaugesellschaft Stadt Räume als Eigenbetrieb der Stadt.
  • Die Ersatzbeschaffung für das Löschfahrzeug LF 20.
  • Die Fortsetzung der energetischen Sanierung der Realschule mit Fachräumen.
  • Die Aufwertung der Altstadt durch Förderung privater Sanierungen.
  • Der weitere Ausbau des schnellen Internets unter Einwerbung der entsprechenden Fördermittel.

Seinem Blick in die nahe Zukunft stellt der Bürgermeister in seiner Haushaltsrede den in die Vergangenheit voran. 2022 seien trotz knappen Budgets „wichtige und dringende Investitionen“ erfolgreich umgesetzt worden.

Exemplarisch nennt Christ den Hochwasserschutz an der Murg, die Sanierung eines Teils der Friedrichstraße (Scheuern), die Erschließung des Neubaugebiets Hardt III (Reichental), das Neubaugebiet Eben II (Hilpertsau), die Neustrukturierung der Verkehrssituation am Stadteingang sowie zur Anbindung des neuen Quartiers „Im Wörthgarten“.

Zudem nennt er die gestartete Neuverdolung des Läutersbachs (Deponie), die Aufwertung von Schulen und Kindergärten sowie das frisch hergerichtete Jugendhaus Gleis 3. Einige dieser Projekte werden im kommenden Jahr ihre Fortsetzung finden. „Wir haben erneut einen Haushaltsplanentwurf vorliegen, der sich auf die wesentlichen und unabdingbaren Pflichtaufgaben konzentriert“, bilanziert Julian Christ.

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