Skip to main content

Sagen Sie uns Ihre Meinung

Gernsbacher Bürgermeister greift in die Debatte um die verkehrsberuhigte Altstadt ein

Die Gernsbacher Fußgängerzone bleibt ein Zankapfel: Nun sieht sich Bürgermeister Julian Christ gezwungen, mit einem offenen Brief Werbung für das umstrittene Projekt zu machen. Darin findet er klare Worte.

Altstadthäuser mit Blumenschmuck und Sonnenschirmen
Autofrei und ansprechend? Darüber scheiden sich die Geister in Gernsbach. Foto: Stadt Gernsbach

Die Gernsbacher Fußgängerzone bleibt ein heißes Eisen. Vor allem Gastronomen und Einzelhändler kritisieren das Projekt im Herzen der Altstadt.

Ihr Hauptargument: Durch die fehlende Erreichbarkeit mit dem Auto werden Kunden, vor allem die älteren, von einem Besuch abgehalten. Eine Aufwertung des historischen Stadtkerns sehen sie nicht.

Die andauernde Kritik hat nun dazu geführt, dass sich Gernsbachs Bürgermeister Julian Christ (SPD) mit einem offenen Brief an die Bevölkerung wendet. Seine Kernaussage: Die Altstadt stirbt nicht. Gegenteilige Aussagen seien „so emotional wie falsch“, so der Bürgermeister. Und: „Die neue Verkehrsführung und die Fußgängerzone sind nur der Anfang.“

Christ sieht Altstadt als „Wohnzimmer“ Gernsbachs

Mitte Juli ist aus dem Test im vergangenen Jahr ein Dauerzustand geworden: Seitdem ist die Altstadt für den Durchgangsverkehr Tabu. Die Einfahrt ist nur noch Anliegern erlaubt, denen auch die Parkplätze vorbehalten sind.

Das ist insbesondere den Einzelhändlern ein Dorn im Auge. Zuletzt hat Hubert Fischer bekannt gegeben, seine Bäckerei in der Färbertorstraße zu schließen, weil die Kunden ausbleiben.

Das will Gernsbachs Bürgermeister nicht unkommentiert stehenlassen. Es stimme zwar, dass sich das Zentrum um Altstadt, Bleich- oder Schlossstraße gewandelt habe. Dies ist aber dem bundesweiten Umbruch des Einzelhandelns in den vergangenen Jahrzehnten geschuldet, so Christ, der den Wandel als Chance sehen will. Zudem seien „deutlich mehr Geschäfte“ eröffnet worden als geschlossen.

Die neue Verkehrsführung und die Fußgängerzone sind nur der Anfang.
Julian Christ, Bürgermeister

„Wenn einige von uns jetzt über die Fußgängerzone diskutieren, müssen wir uns daran erinnern, dass die Vision Altstadt viel größer ist“, erklärt Christ. Es gehe darum, „dass wir endlich den Menschen Raum geben und nicht den Autos. Es geht darum, dass wir den Radverkehr und die Fußgänger stärken.“

Um eine solche familienfreundliche Altstadt zu erreichen, seien Spielgeräte oder gar ein Wasserspiel geplant, Balkons zur Murg im Mühlgrabenweg und eine „ansprechende Möblierung“ am Stadtbuckel oder passende Mülltonnen-Einhausungen in der Kornhausstraße.

Die Altstadt sei das Wohnzimmer der Gernsbachs. „Warum sollten durch dieses Wohnzimmer im Minutentakt Autos oder Lkws durchrasen?“, fragt Christ.

Auch unter Gastronomen wird das Projekt skeptisch gesehen: Jene, die im Bereich der neuen Fußgängerzone liegen, sehen nicht unbedingt einen Nutzen darin, den Bereich auch im Winter für den Verkehr zu sperren.

Und ein Teil derer, die außerhalb liegen, fühlen sich benachteiligt, weil bei ihnen weiterhin Autos und Motorräder vorbeirauschen.

Christ kritisiert Hauseigentümer

Vorschläge wie die saisonale Sperrung des Stadtbuckels, abendliche Sperrungen oder Sperrungen am Wochenende nennt Christ „Scheinlösungen“. „Wenn wir uns wirklich mehr Platz für Spielgeräte, Baumpflanzungen oder gar für ein Wasserspiel wünschen, muss aus der Durchfahrtsstraße eine Fußgängerzone werden.“

„Wir haben eine funktionierende Altstadt mit individuellen Angeboten und einer vielseitigen Gastronomie“, betont der Bürgermeister. Ohne Kritik kommt auch Christ nicht aus. Er übt sie an jenen Hausbesitzern, die leerstehende Läden nicht vermieten wollten. „Bedauerlicherweise“ komme das „immer wieder vor“.

Leseraufruf

Wie stehen Sie zur neuen Verkehrsführung und zur Fußgängerzone in Gernsbach? Ist sie Chance oder Fehler? Und warum? Schreiben Sie uns bis zum 17. Oktober 2022 an redaktion.gaggenau@bnn.de oder redmurg@badisches-tagblatt.de.

nach oben Zurück zum Seitenanfang