Mehr als 10.000 Kubikmeter Beton sind „Am Sonnenrain“ verbaut worden. Zu sehen ist davon kaum noch etwas: Davon überzeugten sich am Dienstagnachmittag Vertreter der Stadt, des Gemeinderats und der beteiligten Firmen.
In ihrem Urteil bestätigten sie unisono das, was Bauherr Wolfgang Reisser so ausdrückte: „Es ist uns gelungen, attraktive Wohnungen mit individuellen Grundrissen vor allem für junge Familien, Senioren und Einzelpersonen zu bauen.“
Viel Wert lege man dabei auf eine individuelle Bepflanzung der Gärten und Balkone. „Dazu inspirieren wir die Bewohner auch“, betonte Reisser im Gespräch mit dieser Redaktion. Er habe die Gernsbacher verstehen können, die phasenweise die Befürchtung hatten, auf dem ehemaligen Schwesternheim-Areal würde eine Betonwüste entstehen.
Manche Gernsbacher fürchteten Betonwüste
Es sei klar gewesen, dass manche regelrecht geschockt gewesen seien, als sie die Tiefgarage im Rohbau sahen. „Doch jetzt ist sie unter der Erde – und oben drauf alles grün“, zeigte der für den Rohbau verantwortliche Mitarbeiter des Architekturbüros Reisser, Stefan Lang, beim Rundgang auf die vielen kleinen (und zum Teil auch größeren) Gärten, die bereits erstaunlich bunt blühen.
Das Grundstück „Am Sonnenrain“ blickt auf eine wechselvolle Geschichte zurück. Nach dem Wegzug der Schwestern aus Scheuern wurde ihr altes Domizil zwischenzeitlich als Asylbewerberunterkunft genutzt und stand ab 2004 leer. Danach folgten mehrere Aufstellungsbeschlüsse im Gemeinderat, von denen zwei wieder aufgehoben wurden. Erst der dritte aus dem Jahr 2015 machte schließlich den Weg zur Bebauung frei. 2018 wurde die Baugenehmigung erteilt und im Dezember 2021 konnte Richtfest gefeiert werden.
Nach vier Jahren Baustelle, die natürlich für die Nachbarn eine nicht unerhebliche Belastung darstellten, ist das Großprojekt nun weitgehend abgeschlossen. Baustelle ist trotzdem noch: Der stark beschädigte Teilabschnitt der Friedrichstraße entlang des neuen Baugebiets wird gerade saniert. Ist auch dieses Projekt fertig (voraussichtlich Anfang August), kehrt für die Anlieger endlich wieder Ruhe ein.
Bauherr lobt Zusammenarbeit mit betroffenen Anwohnern
Reisser, der auch eine sehr persönliche Beziehung zu Gernsbach hat, lobte in diesem Zusammenhang die Geduld der betroffenen Bewohner in der Friedrichstraße. Bis auf eine Ausnahme, mit der man sich unter anderem vor Gericht auseinandersetzen müsse, hätten alle „sehr, sehr gut zusammengearbeitet“.
Der Architekt aus Ludwigsburg erzählte, wie er als elfjähriger Bub sein erstes richtiges Hockeyspiel absolvierte – und zwar gegen den HC Gernsbach. Die Partie endete zwar 0:0, sei für Reisser aber der Startschuss einer Karriere gewesen, die ihn als Leistungssportler bis in die Bundesliga geführt habe. Auch heute ist er dem Hockeysport noch verbunden, weshalb er immer gerne nach Gernsbach komme.
Dort hat er mit seinem Projekt dafür gesorgt, dass in elf Mehrfamilienhäusern insgesamt 122 neue Wohneinheiten (Größenordnung zwischen 54 und 127 Quadratmeter) auf den Markt gekommen sind. Zwölf Eigentumswohnungen seien als Kaufimmobilien noch zu haben, circa 30 noch zu vermieten. Das gesamte Areal ist autofrei, 173 Stellplätze befinden sich in der Tiefgarage; die restlichen entlang der Satteldachhäuser an der Friedrichstraße.
Als gestalterisches Element aller elf Häuser hat man Kanada-Zeder gewählt, was für die Außengestaltung außergewöhnlich sei, wie Stefan Lang anmerkte.
Gasbetriebenes Heizkraftwerk für die gesamte Wohnanlage
Zudem verwies er auf das gasbetriebene Blockheizkraftwerk, das zur Wärmeerzeugung der gesamten Wohnanlage dient; zur Ergänzung sind die Dächer der Mehrfamilienhäuser mit Photovoltaikelementen belegt. Mit diesem eigenen Stromkonzept werden weite Teile des Bedarfs gedeckt, erläuterte Lang. Auf dem neuesten Stand sei man auch bei den Brandschutzvorkehrungen. So gebe es unter anderem extra Abstellflächen für die Feuerwehr.
Bürgermeister Julian Christ (SPD) lobte das Neubauprojekt, das in seiner Größenordnung in Gernsbach „nicht alle Tage“ vorkomme. Die Bedenken der Bürgerschaft während der Bauzeit, dass es doch ein bisschen zu massiv sei, was da nach Scheuern komme, hätten sich nicht bestätigt: „Ich glaube, es fügt sich gut ein.“
Christ sprach von einem „schönen Beispiel für Nachverdichtung“, das die Wohnungsnot in Gernsbach lindere, aber noch längst nicht beseitige. Deshalb seien weitere Anstrengungen in diese Richtung erforderlich, verwies er auf den jüngst gefassten Gemeinderatsbeschluss, eine eigene Wohnbaugesellschaft gründen zu wollen.