Der Landkreis Rastatt und das Regierungspräsidium Karlsruhe sprechen sich gegen den Widerstand von Eltern und Schülern für eine Schließung der Handelslehranstalt Gernsbach aus. Andere Alternativen lehnen die Behörden ab. Die Schülerzahlen an der HLA waren in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen.
Das Landratsamt Rastatt positioniert sich klar. In der Vorlage zur Sitzung des Ausschusses für Schulen und Kultur am Dienstag, die wegen der steigenden Corona-Infektionszahlen abgesagt wurde, heißt es: „Nach gemeinsamer Prüfung aller Optionen kommen die Landkreisverwaltung und das Regierungspräsidium zur fachlichen Einschätzung, dass die Verlagerung der Bildungsgänge an die umliegenden Schulen in Trägerschaft des Landkreises Rastatt verbunden mit der Aufhebung der Handelslehranstalt Gernsbach eine erfolgversprechende Perspektive für ein bedarfsgerechtes Bildungsangebot im Landkreis Rastatt ist.“
Schülerzahlen gehen seit Jahren zurück
Man wolle „möglichst alle Bildungsgänge“ der HLA im Landkreis erhalten und konzentrieren, betont die Verwaltung. Nach ihrer Auffassung würde dieser Schritt „zur Stärkung des Schulstandorts Landkreis Rastatt beitragen.“
Laut der Beschlussvorlage sieht das Regierungspräsidium im beruflichen Schulwesen im Regierungsbezirk „deutliche Überkapazitäten.“ Die Entscheidung über die Schließung der HLA wird der Kreistag treffen. Wann das sein wird, ist wegen der Corona-Pandemie noch unklar.
Die Schülerzahlen an der HLA Gernsbach gehen seit Jahren zurück (siehe Grafik). Auch die Verlegung der Wirtschaftsoberschule zum Schuljahr 2012/13 nach Gernsbach brachte nur einen kurzen Aufschwung.
Nach Angaben der Kreisverwaltung ist die HLA mit 326 Schülern im laufenden Jahr die kleinste öffentliche berufliche Schule in Baden-Württemberg. In den vergangenen sechs Jahren sank die Schülerzahl laut dem Landratsamt um 36 Prozent.
Die Maßnahmen zum Erhalt der HLA konnten den Abwärtstrend nicht stoppen.Landratsamt Rastatt
„Für diese besorgniserregende Schülerentwicklung ist die demografische Entwicklung nur ein Faktor“, teilt die Behörde mit. Während die Zahl der 15- bis 19-Jährigen im Mittelbereich Gaggenau/Gernsbach von 2018 auf 2019 nur um 1,8 Prozent zurückgegangen sei, habe sich die Schülerzahl an der HLA um 11,4 Prozent verringert.
„Der anhaltende Rückgang der Schülerzahl stellt einen nachhaltigen Abwärtstrend dar, der konkretes Handeln erfordert“, heißt es in der Sitzungsvorlage.
Landkreis und RP für HLA-Schließung
Die zahlreichen Maßnahmen, die HLA Gernsbach durch zusätzliche Bildungsangebot zu stabilisieren, hätten sich „als mittel- bis langfristig nicht tragfähig“ erwiesen: „Sie waren nur befristet wirksam und konnten den Abwärtstrend lediglich bremsen, nicht aber stoppen.“
Vor diesem Hintergrund sei es zudem „unwahrscheinlich, dass eine nachhaltige Lösung zur Nachbesetzung der vakanten Schulleitung erreicht werden kann.“ Bei den beiden vorangegangenen Ausschreibungen habe es lediglich eine Bewerbung gegeben.
Das Landratsamt Rastatt sieht nach eigener Aussage keine sinnvolle Alternative zur Schließung der HLA. Bereits in der Vergangenheit hätten die Behörden bei Unterschreitungen der Mindestschülerzahlen in den einzelnen Bildungsgängen ein Auge zugedrückt. Setzt sich diese Entwicklung fort, müsse das Regierungspräsidium „sukzessive die Beschulung einstellen.“
Auch die Einrichtung neuer Bildungsgänge bietet nach Einschätzung des Landratsamtes „keine realistische Perspektive“. Dieser Lösung werde das Regierungspräsidium nicht zustimmen.
Fusion mit Carl-Benz-Schule wohl vom Tisch
Gleiches gelte für die Verlagerung von Bildungsgängen nach Gernsbach, wodurch „kreiseigene Schulen an anderen Standorten geschwächt“ würden.
Eine Fusion mit der Carl-Benz-Schule lehne das Regierungspräsidium ebenfalls ab. Zwischen beiden Schulen gebe es eine „geringe Schnittmenge“, heißt es in der Vorlage. Zudem sei mit einem erhöhten Verwaltungsaufwand durch einen Zusammenschluss zu rechnen.
Bleibt die Schließung der traditionsreichen Handelslehranstalt: „Diese Option wird von der Kultusverwaltung als sinnvoll und notwendig bewertet“, teilt das Landratsamt mit.
Die Proteste von Eltern, Schülern und Lehrern, die sich in den vergangenen Monaten öffentlichkeitswirksam für einen Erhalt der HLA eingesetzt hatten, erhalten damit einen heftigen Dämpfer. Nun hat der Kreistag das letzte Wort.