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Angst vor Tieren

Lernen im Grünen: Weshalb ein Waldklassenzimmer in Gernsbach sinnvoll ist

In Gernsbach entsteht für das kommende Schuljahr ein Waldklassenzimmer. Aber ist es für die Schüler hier überhaupt nötig, sich mehr mit der Natur zu beschäftigen und wo gibt es in der Region noch andere grüne Klassenzimmer?

Gernsbacher Schüler helfen beim Aufbau des neuen Waldklassenzimmers.
Schüler, Lehrer und Eltern engagieren sich im Gernsbacher Forst gemeinsam für die Einrichtung des neuen Waldklassenzimmers, das ab dem kommenden Schuljahr fertig sein soll. Foto: Cornelia Moll

Ab dem kommenden Schuljahr haben die Gernsbacher Schulen einen speziellen Unterrichtsraum zur Verfügung. Gemeinsam mit der Stadt entsteht ein neues Klassenzimmer im Wald. Aber ist ein solches Waldklassenzimmer in ländlicher geprägten Städten wie Gernsbach überhaupt notwendig?

Ursprünglich waren Waldklassenzimmer dazu gedacht, Kinder und Jugendliche wieder mehr in die Natur zu locken und einer „Naturentfremdung“ entgegenzuwirken. Victoria Böhner bestätigt: „Natürlich ist das sehr deutlich in städtischen Bereichen zu beobachten, doch auch hier bei uns zeigen Schüler immer wieder Berührungsängste und Unsicherheiten im Umgang mit dem Wald und der Natur.“

Die Weisenbacherin hat das Klassenzimmer in ihrer Bachelorarbeit „Konzeption eines Waldklassenzimmers am Beispiel der Stadt Gernsbach“ an der Hochschule für Forstwirtschaft in Rottenburg entworfen.

Unterschiedliche Erfahrungen zur Natur

Schulleiter Stefan Beil vom Albert-Schweitzer-Gymnasium will nicht von einer Naturentfremdung der meisten Schüler sprechen. Er sagt aber: „Die Schüler bringen sehr unterschiedliche Erfahrungen zur Natur mit. Einige sind im Wald und in der Natur wie zu Hause und andere wiederum trauen sich kaum, einen Baumstamm anzufassen, geschweige denn den Waldboden oder sogar harmlose Tiere.“

Für Beil gibt es dafür auch einen guten Grund. „Durch die zunehmende Digitalisierung denke ich schon, dass die Freizeit oft im digitalen Bereich stattfindet und weniger draußen.“

Die Faszination für Elektronik sei bei vielen Schülern so groß, dass Natur, Bewegung und echte soziale Kontakte vernachlässigt würden. Ängste vor zum Beispiel kleinen Tieren könnten mit den Erfahrungen im Wald aber sehr schnell abgelegt werden und sogar in Begeisterung umschlagen.

Die Schüler bringen sehr unterschiedliche Erfahrungen zur Natur mit.
Stefan Beil, Schulleiter Albert-Schweitzer-Gymnasium

Außer dem entstehenden Waldklassenzimmer in Gernsbach gibt es in der Region bislang aber nur eine ähnliche Einrichtung in Gaggenau, weiß Forstbezirksleiter Markus Krebs. Das dortige Waldklassenzimmer nutzt die Ebersteingrundschule in Selbach bereits seit mehr als zehn Jahren.

Rektorin Barbara-Uta von Nayhauss verrät, dass auch Studentin Böhner bei den Planungen für das Gernsbacher Klassenzimmer in Selbach vorbeigeschaut hat. Die Schulleiterin sagt: „Auch bei uns auf dem Land ist es nicht mehr selbstverständlich, dass die Kinder am Wochenende mit ihren Eltern nach draußen gehen.“ Die Zeit im Waldklassenzimmer sei für die Schüler daher sehr wichtig.

Initiatorin Böhner sieht für das neue Waldklassenzimmer in Gernsbach aber noch mehr Vorteile. „Vor allem hat der Unterricht im Wald positive Auswirkungen, wie beispielsweise auf die Gesundheit, die Motivation, Konzentration und auch das Sozialverhalten der Schüler.“ Rektorin von Nayhauss ergänzt: „Im Waldklassenzimmer können die Kinder viel besser sportlich ein Körpergefühl entwickeln, wenn sie zum Beispiel auf Baumstämmen balancieren.“ Also alles Vorteile, die nicht nur für Schüler in Städten wichtig sind.

Unterricht im Freien

Wolfgang Held vom staatlichen Schulamt sagt dazu: „Es gibt durchaus Fächer und Themen auch außerhalb der Bildung für nachhaltige Entwicklung, wo sich ein Unterricht im Freien anbietet, zum Beispiel bildende Kunst, Theater und Rollenspiele oder Musik.“

Schulleiter Marcus Mössner von der Realschule Gernsbach sieht aber noch mehr Fächer, in denen sich das Waldklassenzimmer anbieten würde. „In Deutsch mit Lyrik oder im Technikunterricht kann das sehr sinnvoll sein.“ Er verweist darauf, dass die Schulen durch den Bildungsplan auch eine Pflicht dazu haben, den Schülern den Unterrichtsstoff möglichst praxisnah beizubringen. Beim Technik-Thema Wald und Holz in der siebten Klasse biete sich das beispielsweise sehr gut an.

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