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Großprojekt am Wörthgarten

Mehr Platz für die Murg: Wie sich Gernsbach vor Hochwasser schützen will

Gernsbach geht den Hochwasserschutz an. In einem ersten Schritt soll dafür die Murg mehr Platz bekommen. Das hat außerdem noch einen anderen positiven Nebeneffekt.

Großbaustelle: Noch dient die künftige Tiefgarage als Retentionsfläche für etwaige Hochwasser.
Großbaustelle: Noch dient die künftige Tiefgarage als Retentionsfläche für etwaige Hochwasser. Foto: Stephan Juch

Zur Großbaustelle im Wörthgarten gesellt sich ein weiteres Projekt von großer Bedeutung: Mit der Gewässeraufweitung an der Murg startet die Stadt Gernsbach gemeinsam mit dem Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe die grundlegenden Maßnahmen für einen zukunftsfähigen Hochwasserschutz im gesamten Stadtgebiet an der Murg.

Eine entsprechende Machbarkeitsstudie war in Kooperation mit dem Land Baden-Württemberg bereits 2019 erstellt worden. Ziel ist es, einen 100-jährlichen Hochwasserschutz zu gewährleisten. Dafür hat man an der Murg ein Maßnahmenpaket geschnürt, das aus neun Teilen besteht. Der erste läuft unter dem Synonym „GE 6“ seit Montag.

Dabei handelt es sich um die Verbreiterung des Gewässers entlang des ehemaligen Pfleiderer-Areals um circa zehn Meter. Dafür wird die vorhandene Böschung auf einer Länge von rund 350 Metern abgetragen, wodurch im Wörthgarten noch mehr kontaminiertes Erdreich entsorgt wird. „Ein positiver Nebeneffekt und eine weitere Aufwertung des ganzen Quartiers“, freut sich Bürgermeister Julian Christ (SPD).

Der Start der Bauarbeiten in Gernsbach im Juli ist kein Zufall

Das mit Kosten von 2,5 Millionen Euro (70 Prozent trägt das Land, 30 Prozent die Stadt) kalkulierte Projekt soll bei möglichst niedrigen Wasserständen über die Bühne gehen - deswegen fällt der Startschuss auch im Juli.

Um auch während der Arbeiten gegen etwaige Hochwasser durch Starkregenereignisse gewappnet zu sein, muss in Etappen gearbeitet werden, erläutern Ingenieur Martin Hesch vom Büro Wald + Corbe (Hügelsheim) und Stadtbaumeister Jürgen Zimmerlin: „Das sieht vielleicht ungeschickt aus, ist aber logisch.“ Denn der abzutragende Damm diene ja aktuell dem Hochwasserschutz, den könne man nicht einfach komplett aufreißen. Das erfolgt Stück für Stück.

Martin Hesch (Wald + Corbe), Bauamtsleiter Jürgen Zimmerlin und Bürgermeister Julian Christ sowie Peter Schneider und Silke Tänzel vom Regierungspräsidium (von links) erläutern die Hochwasserschutzmaßnahmen an der Murg.
Gewässeraufweitung am Wörthgarten: Martin Hesch (Wald + Corbe), Bauamtsleiter Jürgen Zimmerlin und Bürgermeister Julian Christ sowie Peter Schneider und Silke Tänzel vom Regierungspräsidium (von links) erläutern die Hochwasserschutzmaßnahmen an der Murg. Foto: Stephan Juch

Der Abschluss der Erdarbeiten ist im Herbst 2022 vorgesehen. So lange die Murgaufweitung nicht erfolgt ist, dient die im Bau befindliche Tiefgarage im Wörthgarten als Retentionsfläche. Erst wenn die Murg mehr Platz hat und der Hochwasserschutz dort garantiert ist, könne die Tiefgarage fertig gebaut und ihrer eigentlichen Bestimmung zugeführt werden.

Im Zuge der nun gestarteten Hochwasserschutzmaßnahme wird über Murgstufen zudem ein attraktiver Zugang zum Gewässer geschaffen. Ein Thema, das in Gernsbach schon lange auf dem Wunschzettel steht. Die künftige Erreichbarkeit der Murg im Wörthgarten bezeichnet der Bürgermeister als weiteren „schönen Nebeneffekt“. Und Jürgen Zimmerlin ergänzt, dass der Betriebsweg durch das ehemalige Pfleiderer-Areal auf Murgufer-Niveau Bereiche zugänglich mache, „die wir als Gernsbacher bisher nie betreten durften“.

Hochwasserschutzprojekt in Gernsbach erfordert viel Austausch

Peter Schneider, Leiter des Referats Gewässer erster Ordnung, Hochwasserschutz und Gewässerökologie, Planung und Bau (Landesbetrieb Gewässer) beim RP, und seine Stellvertreterin Silke Tänzel betonen die Vielschichtigkeit des Projekts am nördlichen Stadteingang von Gernsbach.

Durch die in dieser Form seltene Kombination von Gewässer- und Städtebau, Altlastensanierung, Natur- und Artenschutz „sind hier immer sehr viele Disziplinen auf einmal am Werk“. Das bedeute einen intensiven und regelmäßigen Austausch, zumal zwei große Firmen parallel an zwei großen Projekten arbeiten, weshalb es wöchentlich einen Jour-fixe gebe.

Martin Hesch von Wald + Corbe verweist zudem darauf, dass für den Altlastenabtransport wieder eine Reifenwaschanlage zum Einsatz kommt, damit kein Gift über die Lkw nach draußen getragen wird.

Schneider sieht im Wörthgarten ein Leuchtturmprojekt vor „einzigartiger Kulisse“, das vielen Ingenieur-Büros als Anschauungsobjekt dienen könne und von seiner Dimension her weit über Gernsbach hinaus ausstrahle. Diese Einschätzung teilt Bürgermeister Christ, der zudem den Eindruck gewonnen habe, dass der Wörthgarten bei der Bürgerschaft inzwischen angekommen sei und die Entwicklung sehr positiv wahrgenommen werde.

Zum Hochwasserschutz entlang der Murg blickt das Stadtoberhaupt zudem bereits in die Zukunft: Parallel zum aktuellen ersten Schritt werden die Projekte zwei und drei der Machbarkeitsstudie fertig geplant – noch im Herbst dieses Jahres soll mit den Bauarbeiten am Katz’schen Garten begonnen werden, anschließend ist die Erhöhung der Triebwerkskanalmauer unterhalb des Wasserkraftwerks auf Höhe des ehemaligen Pfleiderer-Areals vorgesehen.

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