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Vortrag in Gernsbach

Nicht genutzter Wald stößt an Grenzen bei der CO2-Bindung

Der Rottenburger Forstprofessor Bastian Kaiser referiert auf Einladung der katholischen Arbeitsgruppe Klimaschutz in Gernsbach.

Prof. Dr. Bastian Kaiser
Prof. Dr. Bastian Kaiser Foto: Veronika Gareus-Kugel

Den Deutschen wird ein besonderes Verhältnis zum Wald nachgesagt. Doch dieser gerät zunehmend unter Stress. Die Durchschnittstemperaturen steigen, Trockenperioden häufen sich, ebenso Extremwetterereignisse.

„Unser Wald – Opfer oder Retter in der Klimakrise?“ Eine Frage die mit einem klaren „jein“ beantwortet werden muss. Einen Masterplan gebe es nicht, meinte der Referent des Abends, Forstprofessor Bastian Kaiser.

Es ist in jedem Fall ein Thema, was die Menschen interessiert, wie die im Anschluss rege geführte Diskussion unter Beweis stellen sollte. Fast jeder Stuhl im Gasthaus „Brüderlin“ fand am Donnerstagabend einen interessierten Zuhörer. Eingeladen zu dem Vortrag hatte die Arbeitsgruppe Klimaschutz des Pfarrgemeinderats der katholischen Seelsorgeeinheit Gernsbach.

Der auf der schwäbischen Alb aufgewachsene Kaiser hat in Freiburg Forstwissenschaften studiert und sich auf Forstökonomie spezialisiert. Nach einigen Jahren in Lateinamerika ist er seit 1998 Professor an der Hochschule für Forstwirtschaft Rottenburg und seit 2001 ihr Rektor. Ebenso ist er Mitglied im Nachhaltigkeitsbeirat des Landes Baden-Württemberg, im Landesforstwirtschaftsrat sowie im Deutschen Forstwirtschaftsrat.

Wald als Erholungsraum, Ausflugsziel und Rohstofflieferant

Kann die Schöpfung, die Natur es noch schaffen, sich selber zu heilen? Was die Wälder und die Evolution in der Vergangenheit bislang ganz gut hinbekamen durch Auslese auf veränderte Rahmenbedingungen zu reagieren, ist in der aktuellen Lage nicht zu sehen.

Die Wälder leiden, doch wie kann ihnen geholfen werden? Eine pauschale oder einfache Antwort darauf gibt es nicht. Mehr als 6.600 Hektar Wald befinden sich auf Gernsbacher Gemarkung. Er ist Erholungsraum, Ausflugsziel und Rohstofflieferant. Doch welche Rolle wird der Wald in der Zukunft spielen?

Kaiser schlug einen weiten Bogen zurück zum Waldsterben in den 1980er-Jahren, das anders als gegenwärtig ein lokales Ereignis gewesen sei und als Emissionsproblem beschrieben werden könne. Der Vorteil der damaligen Misere kann in der Anstrengung der Waldbesitzer gesehen werden, den Waldumbau voranzutreiben. „Jeder Waldbesitzer hat in dieser Zeit seinen eigenen Tick ausgelebt, was im Südwesten zu einer Vielfalt an Wald führte“, legte Kaiser dar. Damit liege der Südwesten in Deutschland ganz weit vorne.

Dramatische Waldverluste verzeichnet

Während in Mitteleuropa die Waldflächen zunehmen, sind andernorts vor allem in Osteuropa, Russland und in Richtung Asien dramatische Waldverluste zu verzeichnen. Eine weitere These, die Kaiser aufstellte, ist, dass in Zukunft nicht nur Krieg um Wasser geführt werde, sondern auch Waldrefugien zum Gegenstand von Auseinandersetzungen werden können.

Mit der Leidenschaft des Wissenschaftlers räumt er mit lieb gewordenen Redewendungen „Die Wälder sind die grüne Lunge“ auf. Kaiser: „Ein schönes Bild, aber völliger Blödsinn.“ Bäume binden CO2, der Mensch atmet dieses Gas über die Lunge aus. Dass nicht genutzter Forst irgendwann bei der CO2-Bindung an seine Grenzen stößt, ließ die Zuhörer aufhorchen. Nur sinnvoll genutzte Waldungen binden genügend Treibhausgas. Doch was kann der Mensch für die Wälder tun, dass diese etwas für ihn tun?

Darauf kann keine allgemeingültige Antwort gegeben werden. Dafür ist die Thematik zu komplex, war zu hören. Als Beispiel nannte der Forstexperte Gedankenspiele, Baumarten aus Südeuropa in der Region anzusiedeln. Das kann nur ausprobiert werden, so sein Fazit. Die Waldgesellschaft wird nach oben rutschen, das gilt jedenfalls als gesichert. Ebenso ist davon auszugehen, dass von jedem Hektar Wald nicht mehr alles erwartet werden kann, wie die gesamte Palette von Erholungs- bis Wirtschaftswald.

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