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Experten geben Einblick

Wanderung in Gernsbach auf den Spuren von Luchs und Wolf

Auf den Spuren von Luchsen und Wölfen haben sich Kinder und deren Eltern rund um Hilpertsau begeben. Zwar sind die Kinder keinem der Tiere begegnet – sind ihnen aber dennoch ein Stück näher gekommen.

Staunende Blicke: Kai Lierheimer zeigt einen skelettierten Wolfsschädel.
Staunende Blicke: Kai Lierheimer zeigt einen skelettierten Wolfsschädel. Foto: Dagmar Uebel

Die Hoffnung, während der organisierten Wandertour einem Wolf zu begegnen oder einen Luchs beobachten zu können, hatte niemand. Die Kinder vielleicht, doch nicht die erwachsenen Teilnehmer der Tour „Wolf und Luchs“. Und schon gar nicht Martin Hauser, seit 2019 Wildtierbeauftragter des Landkreises Rastatt, der zusammen mit Schwarzwald-Guide und Natur-Coach Kai Lierheimer zu dieser Tour eingeladen hatte.

Und doch hatten alle Mitwanderer rund um Hilpertsau die Gelegenheit, Spuren von Wildwechseln zu entdecken, einen Luchs per Videofilm beim Fressen zu beobachten, das weiche Fell eines Wolfs zu berühren, an seiner Losung zu riechen, die Größe einer Wolfstatze zu bestaunen und den skelettierten Schädel dieses Raubtiers in der Hand zu halten.

Dem Wolf eilt ein schlechter Ruf voraus

Mit ziemlicher Ehrfurcht taten dies die Erwachsenen – und die Kinder auch mit etwas Schaudern. Eilt doch diesem Raubtier ein schlechter Ruf voraus. Er wird in Mythen, Märchen und bildlichen Darstellungen als unberechenbar reißerisch und gefährlich dargestellt. Ein Zeichen dafür, welch Ängste dieses Tier bei Menschen immer noch auslöst, und in der Vergangenheit eine Begründung, es zu dezimieren und regional fast auszurotten.

Davon, dass in Baden-Württemberg seit etwa sechs Monaten drei residente Wölfe nachgewiesen wurden, zeugen nur gelegentlich aufgefundene DNA-Spuren.

Anders bei GW852m. Genau beobachtet, aber nicht besendert, aber durch Riss, Losung und Fotofallen identifiziert, schaukeln sich manche Ängste hoch. „Zu Unrecht“, meinte Martin Hauser. „Natürlich folgt auch der Wolfsrüde seinem Ur-Instinkt und überwindet so manche nicht immer geeignete Zäune.“ Doch Menschen sieht der Waldtierbeauftragte nicht in Gefahr. „Sie passen einfach nicht in sein Beuteschema.“

Und schon gar nicht der Luchs, der ebenso wie der Wolf erst in den vergangenen Jahren in den Landkreis Rastatt einwanderte. Beide gehören zu den streng geschützten Tierarten, denen Hauser auf der Spur ist, um Erkenntnisse über Vorkommen, Population und Lebensräume zu erhalten und zu dokumentieren.

In Baden-Württemberg konnten seit 2007 insgesamt 16 verschiedene Luchse identifiziert werden. Aktuell sind im Land laut der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Freiburg fünf dieser seltenen Tiere bestätigt, darunter erstmals auch ein Weibchen, das im Mai 2021 im Landkreis Konstanz nachgewiesen wurde.

In unserer Gegend ein Neuankömmling ist Luchs Toni, mit vermuteter Herkunft aus dem Schweizer Jura. In Weisenbach wurde er entdeckt, mit Schlingfallen gefangen, nach kurzzeitiger Betäubung besendert und zur Beobachtung durch GPS wieder freigelassen.

Hausers Dienstwagen schmückt ein Luchs

Hauser ist von dieser ebenfalls räuberischen Großkatze so fasziniert, dass eine bildliche Darstellung sein Dienstauto schmückt und er unruhig wird, kann er über einen längeren Zeitraum keine Signale von Tonis Präsenz empfangen. Hausers Einschätzung: „Da der Luchs überwiegend nachtaktiv ist, ist es sehr unwahrscheinlich, ihm zu begegnen. Sollte es tatsächlich zu einer Begegnung kommen, kann man sich nur darüber freuen. Der Luchs wird die Flucht ergreifen.“

Zum Schluss der Wanderung kam dann doch noch der bunte Schmetterling ins Gespräch, als Hauser fragte, wieso sich der Mensch anmaßt, zwischen guten (dem bunten Schmetterling) und schlechten Tieren (dem grauen Wolf) zu unterscheiden und unliebsame Tierarten auszurotten.

Und auch die umgebende Natur allein nach seinen Bedürfnissen umzuformen. Eine Steilvorlage für Schwarzwald-Guide Kai Lierheimer, der schon zu Beginn der Tour auf die durch die veränderte Klimabilanz kritische Situation heimischen Baumbestands hinwies. Aber ganz besonders auf die des Hochmoors und der Moose auf dem Kaltenbronn.

Nur drei Prozent der weltweiten Landfläche bedeckend, speicherten sie doppelt so viel Kohlenstoff wie die gesamte Biomasse aller Wälder dieser Erde. Aktives Gegensteuern statt Luxusentscheidungen sei wichtiger denn je. In der Einschätzung, „das wird sich rächen“, waren sich Lierheimer und Hauser einig. Und Martin Hausers größte Angst vor der Frage seiner Enkel: „Opa, hast du das gewusst?“ Und nach vermutlichem Kopfnicken und Schulterzucken: „Opa, seid ihr blöd?“

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