Auf Gernsbach kommen in naher Zukunft als Schulträgerin große Aufgaben zu. Eine zentrale Frage ist, wie es mit der Handelslehranstalt weitergeht. Der Kreistag entscheidet voraussichtlich im Mai, ob die Schule in Zukunft bestehen bleibt.
Doch zuerst muss sich der Ausschuss für Schulen und Kultur am 27. April zum Antrag für den Erhalt der Schule beraten. Diesen reichte Bürgermeister und SPD-Kreisrat Julian Christ im Oktober 2020 ein. 46 von 61 Kreisräte gaben dafür ihre Stimme.
Zudem demonstrierten mehrere Jugendliche 2021 vor der Badner Halle in Rastatt gegen die Schließung.
Wir verlieren wertvolle Zeit.Julian Christ, Bürgermeister in Gernsbach
„Wir verlieren wertvolle Zeit. Der Antrag wird immer wieder geschoben“, sagt Christ bei der Videokonferenz zum Schulentwicklungsplan der Stadt. Aufgrund der ungewissen Zukunft der Schule gingen die Schülerzahlen noch weiter zurück als ohnehin schon.
Ein stetiger Abwärtstrend in den vergangenen Jahren war Auslöser für die Debatten, die kleinste kaufmännische Schule Baden-Württembergs zu schließen. Nach Angaben des Landratsamts Rastatt besuchten im Schuljahr 2014/15 noch 471 Schüler die Handelslehranstalt. 2019 waren es gerade einmal 372.
Christ zeigt sich trotzdem optimistisch. Er geht von einer Mehrheit für den Fortbestand der Schule aus, wenn der Antrag im Kreistag behandelt wird.
Neubau der Von-Drais-Grundschule wird immer wahrscheinlicher
Auch bei anderen Gernsbacher Schulen stehen künftig tiefgreifende Veränderungen an. Für Wolf Krämer-Mandeau, Geschäftsführer der Projektgruppe Bildung und Region biregio, hat der Umbau der Von-Drais-Grundschule zur Ganztagsschule oberste Priorität. Die Stadt Gernsbach hat biregio beauftragt, einen Schulentwicklungsplan für die Kommune aufzustellen.
Eine Umfrage von biregio unter Eltern hat ergeben, dass sich etwa 50 Prozent künftig eine Ganztagsbetreuung ihrer Kinder im Grundschulalter wünschen. Auf diese haben Eltern ab 2025 auch einen Rechtsanspruch. Der Umbau der Von-Drais-Grundschule ist demnach eine Pflichtaufgabe für die Stadt.
Thomas Lachnicht, Leiter der Hauptverwaltung, hält einen Neubau mittlerweile für realistischer als einen Umbau des aktuellen Gebäudes. biregio kommt im Schulentwicklungsplan zu dem Schluss, dass sich das Gelände und der Hof nicht für eine Ganztagsschule eignen. „Wir haben schon drei mögliche Bauplätze im Visier. Es ist aber noch zu früh, um darüber konkret zu sprechen“, sagt Lachnicht.
Voraussichtlich mehr Grundschüler in Zukunft
Bürgermeister Christ meint ebenfalls, dass es wahrscheinlich auf einen Neubau hinauslaufen werde. Letztlich sei es eine Abwägungssache zwischen der fachlichen Notwendigkeit und den Kosten eines Neubaus. Die Stadt arbeite „mit Hochdruck“ an einer Lösung.
Krämer-Mandeau verweist auch darauf, dass es in den nächsten Jahren wegen zugezogener junger Familien voraussichtlich mehr Grundschüler gibt. Beim Albert-Schweitzer-Gymnasium zeigen die Schülerzahlen laut biregio eher nach unten. Zuletzt hätten diese zwar kaum geschwankt.
Doch Krämer-Mandeau sieht Nachholbedarf: Das Gymnasium müsse seine guten Testergebnisse im Vergleich mit anderen Schulen besser vermarkten. Sein Ziel ist es, drei Klassen pro Stufe zu erhalten. Krämer-Mandeau erklärt, dass die Realschule künftig die stärkste Schule in Gernsbach sei.
Nur drei Prozent der Eltern wünschen sich Gemeinschaftsschule für ihr Kind
Seiner Ansicht nach entscheiden sich viele Eltern dafür, ihr Kind auch ohne eine klare Empfehlung bei der Realschule statt der Von-Drais-Gemeinschaftsschule anzumelden. Auf beiden Schulen ist ein Hauptschulabschluss in der neunten Klasse möglich. Deshalb seien beide Schulen inhaltlich ähnlicher geworden.
Die Realschule locke aber mehr Menschen an. Krämer-Mandeau weist darauf hin, dass die Von-Drais-Gemeinschaftsschule dadurch immer weniger Schüler hat. Eine Elternbefragung von biregio bestätigt diesen Trend. 24 Prozent der Eltern wünschen sich die Realschule für ihr Kind, 50 Prozent das Gymnasium und nur drei Prozent die Gemeinschaftsschule.
Sie besteht laut Krämer-Mandeau zu 50 Prozent aus Schülern, die nicht direkt aus Gernsbach kommen. Dieser Einpendleranteil sei wichtig, damit die Schule weiterhin bestehen könne.