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Die Dirndl kamen gut an

Berufsmesse „Zukunft HoGa“ auf Schloss Eberstein stößt auf große Resonanz

Im Fernsehen gibt es immer mehr Kochshows – Köche sind aber Mangelware. Und von einem Urlaub im Luxushotel träumt fast jeder. Doch dort arbeiten? Lieber nicht. Was die Hotel- und Gastronomiebranche zu bieten hat, war jetzt auf Schloss Eberstein zu sehen.

zwei Frauen im Gespräch
Lichtblick: Sidney-Camille Lippert (links) sucht nach einem neuen Ausbildungsbetrieb, nachdem ihrer insolvent gegangen ist. Sophia Bruder macht ihr Hoffnung. Foto: Swantje Huse

Sidney-Camille Lippert lächelt erleichtert. Gerade hat die junge Frau eine Bewerbung abgegeben. Es ist erst die dritte, seitdem ihr Ausbildungsbetrieb, ein Hotel in Esslingen, im Februar in die Insolvenz gegangen ist. „Ich habe zwei Jahre Köchin gelernt und will das dritte Lehrjahr gerne auch noch machen“, erzählt die 22-Jährige.

Doch Corona hat ihre beruflichen Pläne durcheinandergebracht. Der Besuch der Ausbildungs- und Fachkräftemesse „Zukunft HoGa“ auf Schloss Eberstein ist für sie daher ein Muss. „Hier sind gleich mehrere Betriebe und man kann sich persönlich vorstellen. Das ist echt gut.“

Das findet auch Sophia Bruder vom Maison Messmer. Sie hält die Bewerbung von Lippert in der Hand und freut sich über den direkten Kontakt.

„Ich bespreche das mit meiner Kollegin, dann melden wir uns bei Ihnen“, macht sie der jungen Frau Hoffnung, dass es vielleicht schon bald mit der Ausbildung weitergehen kann. Denn auch in dem Baden-Badener Fünf-Sterne-Hotel ist der Fachkräftemangel angekommen. „Auch wir suchen nach neuen Mitarbeitern“, erklärt Bruder.

Die jungen Menschen brauchen jetzt Unterstützung.
Bernd Werner, Schloss Eberstein

Sechs Schulen aus ganz Mittelbaden haben sich für den Besuch der Messe angemeldet. Die meisten sind im Klassenverband unterwegs, so wie die Siebtklässler der Realschule Kuppenheim. Sie stehen gerade am Stand der Robert-Schuman-Schule, wo Küchenmeister Gerd Astor gerade für das Koch-Metier wirbt

„Wer von euch will denn Koch werden?“, fragt er erwartungsvoll. Kein Finger hebt sich. Immerhin: Der ein oder andere Schüler hilft zuhause manchmal beim Kochen. „Auch wir merken einen deutlichen Rückgang“, erzählt Astor. Das Berufsbild habe massiv unter der Medienpräsenz der vielen Fernsehköche gelitten. „Da gibt es durchaus gute Shows, aber eben auch ganz, ganz schlimme.“

Bernd Werner mit Schülern
Vier Töpfe und ein Sternekoch: Bernd Werner zeigt einer Schulklasse, wie eine Profiküche aussieht. In den riesigen Töpfen blubbern 240 Liter Sauce. Foto: Swantje Huse

Und doch gibt es Menschen wie Bernd Werner, den Patron auf Schloss Eberstein, der sichtlich für seinen Beruf brennt. Um die Begeisterung weiterzugeben, öffnet er sogar die Küche seines Sternerestaurants.

„Am Ende sehen die Teller immer aus wie ein kleines, tolles Bild“, beschreibt er einer Schülergruppe gerade den Reiz seines Berufs und steckt die jungen Leute mit seiner Begeisterung an. Sie können es kaum glauben, als Werner ihnen sagt, dass in den vier riesigen Töpfen gerade je 60 Liter Sauce mit insgesamt 100 Kilo Fleisch blubbern. „Und am Ende kommen pro Topf zwei Liter Jus raus.“ Die man natürlich am Infostand auch probieren darf.

Ich war ziemlich angetan von dem, was ich gehört habe.
Lukas Roske, Quereinsteiger

Doch es sind nicht nur die Leckereien, die Lust auf mehr machen. „Unsere Dirndl kommen immer gut an“, verrät Josefine Faißt vom Hotel Bareiss. „Die Mädchen haben oft ein Funkeln in den Augen, wenn sie hören, dass das unsere Arbeitskleidung ist.“

Das trifft auch auf Leona und Soraya zu. Die beiden Merkur-Schülerinnen überlegen, nach der zehnten Klasse eine Ausbildung zur Hotelfachfrau zu machen. „Das wirkt sehr sympathisch“, sagen sie mit Blick auf den Bareiss-Stand. „Auch die Dirndl.“

Ein Schulpraktikum soll nun zeigen, ob der Berufswunsch der richtige ist. Genau der richtige Weg, findet auch Josefine Faißt. „Dann weiß man ganz schnell, ob es passt.“

Zweite Auflage im Frühjahr?

ein Mann und ein Totenkopf
Ein bisschen Show muss sein: Ayoub Abdel-Hadi macht im Rantastic seine Ausbildung. Auf der Messe kühlt er Gläser mit Hilfe eines Totenkopfs. Foto: Swantje Huse

Ganz so weit ist Lukas Roske noch nicht. Der 28-jährige aus Baden-Baden will sich beruflich neu orientieren. Eine Lehre als Landschaftsgärtner hat er abgebrochen, seitdem vor allem im Einzelhandel gearbeitet.

„Ich bin ganz spontan hier, weil mich der Bereich interessiert. Und noch mehr, seitdem ich weiß, dass so intensiv nach Leuten gesucht wird.“ Die Arbeit als Koch gefalle ihm. „Ich war ziemlich angetan von dem, was ich gehört habe.“ Da er keinen Führerschein hat, könnte er sich das Rantastic gut als Ausbildungsbetrieb vorstellen. „Da kann ich sogar hinradeln.“

Es sind genau diese Gespräche und ersten Kontakte, die Bernd Werner und der Arbeitsagentur vorgeschwebt haben, als sie die „HoGa Zukunft“ organisiert haben. Die Resonanz ist so überzeugend, dass Benjamin Gondro von der Arbeitsagentur eine Neuauflage im Frühjahr oder aber einen Ableger im Elsass nicht ausschließt.

Und auch Sternekoch Werner gefällt, was sich da in seinem Schloss abspielt: Guter Ablauf, gute Stimmung, gutes Wetter. „Die jungen Menschen brauchen jetzt Unterstützung“, ist Werner überzeugt. Selbst wenn es in diesem Jahr nicht mehr mit einer Ausbildungsstelle klappe. „Dann vielleicht nächstes Jahr. Aber wir müssen jetzt den Grundstock legen.“

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