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40 Menschen angekommen

In Gaggenau startet die Hilfe für Ukraine-Flüchtlinge

Die Unterstützung für ukrainische Flüchtlinge nimmt in Gaggenau immer konkretere Formen an. Bereits 40 Personen haben die Stadt erreicht, darunter ein Kleinkind von 15 Monaten und eine Frau, die 1929 geboren wurde.

Zwei Frauen an einem Schreibtisch, zwischen ihnen liegt ein Telefonhörer
Liliana Erbesdobler (links) und Vanessa Wilke halten Kontakt zu Michal Sitarek in der polnischen Partnerstadt Sieradz, um zu erfahren, was dort für die ukrainischen Flüchtlinge gebraucht wird. Foto: Swantje Huse

„Rozumien. Verstehe.“ Gespannt lauschen die beiden Frauen am Donnerstag auf die Worte, die aus dem Telefonhörer zwischen ihnen dringt. Es ist die Stimme von Michal Sitarek, die in ruhigen, aber offenbar eindringlichen Worten auf polnisch schildert, was sich gerade in Gaggenaus Partnerstadt Sieradz abspielt.

Die Frauen am deutschen Ende der Leitung sind Vanessa Wilke, die sich bei der Stadt um Partnerschaften kümmert, und Liliana Erbesdobler, eigentlich für Schulen zuständig, jetzt aber wegen ihrer Sprachkenntnisse gefragt.

Immer wieder tippt Erbesdobler nebenbei stichwortartig in den Computer, was Sitarek berichtet. So kann Wilke dem Gespräch auch folgen und Nachfragen stellen. Nach gut zehn Minuten ist es vorbei. Erbesdobler schaut auf. „Die brauchen dringend Sachen. Die Materiallager sind leer.“ Benötigt werde alles, was ein Mensch brauche, der einen Schlafplatz sucht. „Schlafsachen, Decken, Matratzen, Hygieneartikel, Windeln.“

Täglich kommen 30 bis 40 weitere Ukraine-Flüchtlinge in der polnischen Partnerstadt von Gaggenau an

Waren es Ende vergangener Woche noch 200 ukrainische Flüchtlinge, die Sieradz im Herzen Polens erreicht haben, so sind es inzwischen bereits 300. Nur Frauen und vor allem Kinder, wie Michal Sitarek sagt.

Und täglich kämen 30 bis 40 Personen dazu. Sie sind im Sieradzer Stadthotel als erster Anlaufstelle untergebracht, außerdem in Privatwohnungen. Weitere Sammelunterkünfte würden derzeit eingerichtet. „Gastfreundschaft liegt in der Mentalität der Polen“, erklärt Liliana Erbesdobler.

Die brauchen dringend Sachen.
Liliana Erbesdobler, Stadt Gaggenau

Helfen will auch die Stadt Gaggenau. Das macht Oberbürgermeister Christof Florus (parteilos) bei einem Pressegespräch am Freitagmittag deutlich. Wie genau Sieradz geholfen wird, steht noch nicht fest.

„Das muss schon ganz genau geplant sein“, sagt Florus. „Wir wollen ja sicher sein, dass das, was wir hinschicken, dort auch gebraucht wird.“ Es werde aber schnell gehen, versichert der OB. „Anfang nächster Woche wird das anlaufen.“

Viel Zeit für lange Planungen bleibt es nicht. Hieß es vor kurzem noch, dass sich erst knapp zehn Flüchtlinge aus der Ukraine bei der Stadt gemeldet hätte und zwei, drei weitere Familien angekündigt seien, sind diese Zahlen zum Ende der Woche schon deutlich höher: Insgesamt 40 ukrainische Flüchtlinge, davon 28 weiblich und 13 minderjährig. Das jüngste Kind ist 15 Monate, die älteste Geflüchtete Jahrgang 1929. Florus: „Sie hat schon einen Weltkrieg mitgemacht, den Krimkrieg und jetzt das.“

Um genug Wohnraum anbieten zu können, plane die Stadt ein Haus zu kaufen, so Florus. Eine konkrete Immobilie stehe schon fest, der Gemeinderat habe die Entscheidung bereits abgesegnet. Um welches Gebäude es sich handelt, wollte der OB noch nicht preisgeben. Dass es aber das Parkhotel sein könnte, dementierte er sofort.

„Dieses Millionengrab würden wir nie anlangen. Das hat die Stadt zwei Mal in die Hand genommen und sich jedes Mal blutige Hände geholt.“ Zudem sei mit dem Landkreis vereinbart worden, dass sich die Stadt um die kleinen, dezentralen Unterbringungsmöglichkeiten kümmere und der Kreis um große Unterkünfte. Außerdem will die Stadt nach Möglichkeit noch in diesem Jahr anfange zu bauen.

Womöglich wollen manche Mütter ihre Kinder nach dem Erlebten auch gar nicht abgeben.
Oberbürgermeister Christof Florus zur Betreuungssituation der Flüchtlingskinder

Auf den städtischen Aufruf, freistehende Wohnungen gezielt für ukrainische Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen, seien laut Florus bereits 32 Angebote eingegangen, die Hälfte davon für begrenzte Zeit, manche sogar kostenfrei. Zudem haben sich 35 Ehrenamtliche gemeldet, die Betreuung, Fahrdienste, Begleitung zu Behörden oder Dolmetscherdienste übernehmen wollen. Auch therapeutische Angebote seien eingegangen. „Das ist ganz überragend.“

Gespräche mit Schulleitern und Kitas geplant

Neben der Unterbringung liegt der Fokus der Stadt auch auf der Betreuung der Menschen, vor allem der Kinder. Nächste Woche sind laut OB Sitzungen mit den Schulleitern und den Kindergärten geplant. Dabei soll geklärt werden, wie die teils traumatisierten Flüchtlingskinder eingegliedert werden können.

„Womöglich wollen manche Mütter ihre Kinder nach dem Erlebten auch gar nicht abgeben“, beschreibt Florus die vielen offenen Fragen in dem Zusammenhang. Deshalb gehe es auch darum, niederschwellige Angebote für Kinder und Mütter zusammen zu schaffen.

Und damit die Informationen bei den geflüchteten Menschen auch ankommen, werden derzeit Infoblätter mit allen wichtigen Hinweisen zusammengestellt. Teils könne die Stadt dabei auf mehrsprachige Flyer von Bund und Land zurückgreifen, teils müssten die Informationen noch übersetzt werden. Die Devise dabei sei aber klar, so Florus: „Unser Job ist zu helfen.“

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