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Jetzt auch in der Ortenau aktiv

Initiative für Bio-Musterregion am Oberrhein sieht noch viel Handlungsbedarf in der Landwirtschaft

Die Suche nach neuen Vermarktungsperspektiven für regionale Produkte, die nach dem Bio-Standard produziert werden, stand im Mittelpunkt einer Arbeitssitzung der Initiativgruppe Bioregion Mittelbaden (IBM).

Antje Eichler, bei der Initiativgruppe Bioregion Mittelbaden (IBM) zuständig für die Projektkoordination, leitete am Samstag, 15. August2020, auf dem Biohof Decker in Weitenung die Arbeitsgruppen. Ziel war es, Swot-Analysen zu erarbeiten, die Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken verschiedener Handlungsfelder aufzeigen sollten. Foto: Michael Brück
Antje Eichler, bei der Initiativgruppe Bioregion Mittelbaden (IBM) zuständig für die Projektkoordination, leitete am Samstag, 15. August2020, auf dem Biohof Decker in Weitenung die Arbeitsgruppen. Ziel war es, Swot-Analysen zu erarbeiten, die Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken verschiedener Handlungsfelder aufzeigen sollten. Foto: Michael Brück

Von Michael Brück

Am Samstag trafen sich auf dem Biohof von Helga Decker in Weitenung erneut zahlreiche landwirtschaftliche Erzeuger, Gewerbetreibende und engagierte Bürger. Nachdem im Juli die Gründung einer Projektgruppe für die Bio-Musterregion am Oberrhein beschlossen wurde, soll im nächsten Schritt neben dem Landratsamt in Rastatt auch der Ortenaukreis aktiviert werden.

Viele Bioregion-Unterstützer kommen aus der Ortenau

Schon jetzt, so berichtete Initiatorin Helga Decker, sei annähernd die Hälfte derer, die das Projekt Bio-Musterregion unterstützten, in der Ortenau beheimatet. Darunter auch zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe, wie der von Sven Wilhelm, der in Haslach einen Demeter-Hof betreibt.

Schon für die kommende Woche ist deshalb geplant, eine eigene Projektgruppe für den Ortenaukreis aufzustellen. „Die Bio-Region zieht ihre Grenze nicht zwischen den beiden Landkreisen“, erklärte Decker. „Es ist für uns wichtig, Offenburg und Rastatt gemeinsam an unseren Tisch zu bringen.“

Um die Stärken und Schwächen, die Chancen, aber auch die Risiken der Vermarktung von Bio-Produkten in der Region ging es dann in der eigentlichen Arbeitssitzung, bei der in zwei Gruppen so genannte Swot-Analysen für die Bereiche Obst und Gemüse sowie Landwirtschaft und Tierhaltung erarbeitet wurden.

Mängel in der Schlacht- und Milchindustrie kritisiert

Hier spielte vor allem der Bühler Schlachthof eine zentrale Rolle. Es gebe schon jetzt kaum mehr Tierhaltung in der Region, wurde da kritisiert. Und wenn der Bühler Schlachthof, wie in der aktuellen Debatte zu hören, tatsächlich geschlossen werden sollte, sinke damit die Motivation der landwirtschaftlichen Betriebe zur Tierhaltung weiter. Kritisiert wurde außerdem das Fehlen eines Zerlegebetriebes am Schlachthof. Es fehle da an der vertikalen Integration. Zudem stehe für eine Vieh-Aufzucht im größeren Stil einfach nicht genügend Fläche zur Verfügung.

Auch in der Milchwirtschaft sei man regional kaum mehr leistungsfähig. Gerade noch etwa zwei bis drei Prozent der in der Region verkauften Milch stammten noch aus regionaler Produktion. Ähnlich verhalte sich das in der Fleischproduktion. So bemerkte etwa ein regionaler Landmetzger, dass er gezwungen sei, etwa zwei Drittel seines Fleisches von außerhalb hinzukaufen zu müssen. Schwierig sei es darüber hinaus, Stallgenehmigungen zu bekommen, wie eine Landwirtin aus Steinbach erzählte.

Maßnahmen für mehr Biodiversität gefordert

Weiteren Handlungsbedarf sehe man im Getreidebereich. Man verfüge über keine regionale Marke, war da zu hören. Als Beispiel wurde das „Kraichgau Korn“ genannt. Im Kraichgau hätten sich gut 50 Erzeuger zusammengetan und erfolgreich eine Marke etabliert, die für nachhaltigen und gesunden Getreideanbau stehe. Ein solcher Erzeugerzusammenschluss müsse auch in einer Bio-Musterregion Mittelbaden-Elsass möglich sein.

Ein weiteres Thema war die anhaltende Trockenheit, die der Landwirtschaft das Leben schwer mache. Gefordert wurden mehr Maßnahmen im Bereich der Biodiversität, um das Austrocknen der Böden aufzuhalten, die natürliche Humus-Bildung zu aktivieren und CO2 im Boden zu speichern.

Wir können mit biologischem Anbau Geld verdienen.
Sven Wilhelm, Demeter-Landwirt aus Haslach

Kritisch sah man den aktuellen Stand im Bereich von Bio-Obst und –Gemüse. „Es gibt noch immer zu wenige Betriebe, die auf biologischen oder gar Demeter-Anbau umstellen“, kritisierte hier Sven Wilhelm. Der Demeter-Landwirt aus Haslach will auch deshalb in seiner Region nun die Fahnen für die Bio-Musterregion hochhalten und Überzeugungsarbeit leisten. „Wir können mit biologischem Anbau Geld verdienen“, erklärte er.

Noch müsse man aber Bio-Obst und Bio-Gemüse aus der Bodenseeregion und diversen EU-Staaten importieren. „Es fehlt hier einfach noch an den entsprechenden Flächen und Erzeugern. Da müssen wir ansetzen.“ Mit den Ergebnissen der Arbeitsgruppen war man sichtlich zufrieden.

„Darauf können wir jetzt aufbauen und Maßnahmen entwickeln, die dann in unseren Antrag für die Bio-Modellregion einfließen. Der erste Schritt ist getan“, zeigte sich Helga Decker erfreut über einen fruchtbaren Nachmittag.

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