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Esportler aus Los Angeles zurück

„League of Legends“-Team des Gaggenauers Felix Braun vergibt im Finale Matchball

Felix Braun verstärkt seit Jahresbeginn das Team Excel Esports im Spiel „League of Legends“ (LoL). So führte der Oberweierer die neue Mannschaft nach seinem Amerika-Abenteuer aus dem Tabellenkeller ins Saison-Finale.

Felix Braun sitzt am PC und spielt im Finale von „League of Legends“
Felix Braun führt sein Berliner Team nach einem Fehlstart in die „League of Legends“-Saison ins Finale. Dort unterlag jedoch der Midlaner aus Oberweier knapp mit 2:3 und verpasst die WM-Qualifikation. Foto: Riot Games

Drei Spielzeiten – drei Endspiel-Teilnahmen. Die Erfolge von Felix Braun hätten mit den „100 Thieves“ kaum besser sein können. Lediglich zwei Final-Niederlagen trüben die starke Bilanz des Teams aus Los Angeles mit dem Oberweierer.

Der 22-jährige E-Sportler gilt in „League of Legends“ (LoL) als einer der weltbesten Midlaner, wie seine Position heißt. 600.000 US-Dollar hat Braun das Engagement pro Jahr eingebracht, taxierte der TV-Sender n-tv sein Salär. Der Blondschopf aus der Murgtäler Bäcker-Dynastie bestätigt gegenüber dieser Redaktion, dass die Summe ungefähr hinkomme.

Trotzdem brach der populäre Spieler mit dem Kampfnamen „Abbedagge“ im November seine Zelte in den USA ab. Das zeichnete sich schon im Vorjahr ab, als Braun einer Special-Interest-Webseite im Interview sagte, dass er sich eine Rückkehr von der League of Legends Championship Series (LCS) in das europäische Pendant LEC „definitiv“ vorstellen könnte, auch wenn „noch nichts entschieden“ sei.

Unschöner Abgang bei den „100 Thieves“

Braun bereut den Sprung über den Großen Teich nicht, für den die „100 Thieves“ eine Million Dollar Ablöse an seinen Brötchengeber Schalke 04 überwiesen hatte - auch wenn der Abgang bei den „100 Thieves“ kein schöner war: Obwohl Braun die zweitbeste Bilanz als Midlaner in der nordamerikanischen LCS aufwies und das Spieler-Quintett mit einem Husarenstück zum Titelgewinn nach einem 0:2-Rückstand geführt hatte (wir berichteten), setzte ihm das Management überraschend Sören „Bjergsen“ Bjerg vor die Nase.

Der 27-jährige Däne erzielte die ligaweit allerbeste KDA-Bilanz. Diese Statistik aus „Kills, Deaths, Assists“ (KDA) beschreibt im Spiel, wie viele gegnerische Champions der Spieler in „LoL“ ausgeschaltet hat, wie oft er gestorben ist und wie vielen Tötungen er assistiert hat.

Team geht Geld aus

„Der Wechsel lag aber nicht an meinen Leistungen“, stellt der Oberweierer klar. Die „100 Thieves“ gerieten in finanzielle Schwierigkeiten, weshalb sie das gesamte Team gegen ein neues, billigeres austauschten. Esportlich gesehen war das ein Flop, ohne Braun lief es deutlich schlechter. Sein Nachfolger Bjerg ging inzwischen sogar „in Rente“, weiß der Murgtäler zu berichten.

Ich bin in L.A. offener geworden.
Felix Braun
Star-Midlaner bei League of Legends

Die neuen Erfahrungen fern der Familie ließen den jungen Oberweierer persönlich wachsen. Er meisterte die „Herausforderung“ auf unbekanntem Terrain. „Ich habe mich in L.A. nur verbessert“, befindet „Abbedagge“ und bezieht sich nicht nur auf seine Leistungen als Midlaner.

„Ich bin offener geworden bei Gesprächen mit meinem Team und versuchte auch mehr die Anführerrolle zu übernehmen!“, sagte der zuvor eher mundfaule und bescheidene 22-Jährige. „Ich habe festgestellt, dass es auch wichtig ist, die eigenen Kameraden anzufeuern.“ Weil er mehrere Spielzeiten in einer Mannschaft absolviert habe, seien er und seine Mitspieler erstmals enger zusammengerückt.

Gaggenauer steht plötzlich ohne Vertrag und mit viel Zeit da

An dem plötzlichen Aus in L.A. ärgert ihn nur eines: „Ich hatte zuvor viele Angebote abgelehnt und stand dann unvermittelt ohne Vertrag da.“ Und plötzlich mit viel Zeit! „Ich war gelangweilt“, gesteht Braun offenherzig. Seine Hobbys Fußball und Gitarre spielen hatte er längst aufgegeben, weil er zwölf Stunden pro Tag mit seinem Esport beschäftigt war. Besuche im Fitnessstudio reichen zudem nicht aus, um den Leerlauf eines nun langen halben Tags zu beseitigen. 

Karrierestationen von Galatasaray Istanbul bis Schalke 04

Folglich suchte er in der europäischen LEC ein neues Team. „Bei Excel Esports kannte ich ein paar Spieler“, erzählt „Abbedagge“. Weil jedes Team Auswechselspieler braucht, schloss er sich der Mannschaft an, obwohl er bei den Berlinern nur 1.000 Euro im Monat als Salär bekam.

Der Star-Midlaner, der seine Esport-Karriere 2016 beim türkischen Fußball-Renommierklub Galatasaray Istanbul begann und über vier Stationen zu Schalke 04 kam, erhielt jedoch rasch eine Chance bei den Briten von Excel Esports, die sich außer in „LoL“ auch bei „FIFA22“, „Valorant“ und „Fortnite“ tummeln. Obwohl Stammspieler Vincent „Vetheo“ Berrié zwei Nominierungen fürs All-Star-Team der LEC schaffte, lief es nicht besonders. Die ambitionierte Mannschaft blieb trotz des 21-jährigen Franzosen schlecht.

Mit „Abbedagge“ beginnt die Siegesserie

Gut, dass sie deshalb den Murgtäler in der Hinterhand hatten. Mitte März zog das Management vor drei entscheidenden Duellen die Reißleine: Braun bekam ein Angebot zu verbesserten Konditionen mit einem Monatsgehalt von 3.500 Euro netto.

„Ich zögerte, weil das Team zweimal nur Zehnter wurde – doch weil ich bei Schalke auch eine ähnliche Situation meisterte und sieben Siege in Folge erzielte, nahm ich die Herausforderung an.“ Fortan lief es bei Excel perfekt. Die Berliner schafften es dank „einer super Serie“ sogar noch ins Saison-Finale! Am Sonntag ging es gegen Fnatic, die von den Buchmachern klar favorisiert wurden.

Excel-Team vergibt Matchball im Finale

Fnatic, das ebenso wie Excel enttäuschend ins Jahr gestartet war, ging in Führung. Excel drehte die Serie jedoch und hatte beim Stand von 2:1 im vierten Durchgang sogar einen Matchball. Den wehrte der Gegner allerdings ab und sicherte sich im entscheidenden fünften Spiel den 3:2-Sieg.

Eine bittere Pille für Braun und seine Kameraden. „Die haben verdient gewonnen“, konstatiert Braun fair und streut selbstkritisch Asche auf sein Haupt, „Fnatic war nicht besonders gut, aber wir waren noch schlechter!“

Fnatic kämpft nun gegen Team BDS um die direkte Qualifikation für die Weltmeisterschaft in Südkorea. Der Verlierer muss sich in der sogenannten „Worlds Qualifying Series“ gegen die Golden Guardians aus der LCS um den verbleibenden WM-Startplatz streiten. Auf X, vormals Twitter, wünschte Braun seinen Bezwingern alles Gute, auf dass Fnatic die europäische Liga LEC würdig vertrete.

Fahrstunden und Führerschein-Prüfung zunächst im Fokus

Trotz der Pause bis zur neuen Saison im Herbst kommt bei Felix Braun diesmal in Oberweier keine erneute Langeweile auf: Der Vertrag von „Abbedagge“ bei Excel läuft aus. „Ich denke, die Briten wollen schon verlängern“, vermutet der Blondschopf. Aber auch andere Angebote dürften dem Star-Midlaner ins Haus flattern.

Vorerst genießt jedoch Banaleres Priorität bei ihm. „Ich will endlich den Führerschein machen“, sagt der 22-Jährige. Die theoretische Prüfung hat er bereits bestanden. In der praktischen scheiterte er. Deshalb nimmt er für den zweiten Anlauf noch ein paar Fahrstunden bei seinem Fahrlehrer in Bischweier.

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