Im Pressegespräch nach der Betriebsversammlung am Dienstag zog auch der Standortverantwortliche Thomas Twork eine positive Jahresbilanz: „Die Auftragslage ist weiterhin gut und wir sind sehr gut ausgelastet. Wir am Standort Gaggenau sind das Kompetenzzentrum für elektrische Antriebskomponenten – und dies gilt es weiter aufzubauen und voranzutreiben.“
So sei man „eine strategische Partnerschaft“ mit dem mittelständischen Unternehmen Gehring Technologies GmbH eingegangen. Maßgebliches Ziel sei Kompetenzaufbau bei der Prozessentwicklung und beim Prototypenbau von nutzfahrzeugspezifischen Elektromotoren.
Twork nannte Beispiele für die erfolgreiche Entwicklung: Das Werk Gaggenau fertigt Komponenten für den batterieelektrisch angetriebenen eActros und auch für den eEconic, der dieses Jahr Serienstart im Werk Wörth hatte. Neben eActros und eEconic sollen weitere batterieelektrische Lkw mit Komponenten aus Gaggenau folgen: die Modelle eCascadia und eM2 für den nordamerikanischen Markt.
Der Standortleiter bilanzierte: „In diesem Jahr konnten wir darüber hinaus ein Doppel-Jubiläum feiern: Wir produzieren seit 50 Jahren am Standort Gaggenau Außenplanetenachsen. Über drei Millionen dieser besonderen Aggregate haben wir mittlerweile gefertigt.“ Dies sei ein Verdienst der engagierten Belegschaft.
Sehr gute Auftragslage: „Die aktuellen Auftragsbestände sind weiterhin extrem hoch“, bilanzierte Michael Brecht. Doch komme es immer wieder zu Schließtagen und Ausfallschichten insbesondere in der Achs- und Getriebeproduktion: „Mittlerweile fehlten nicht nur Halbleiter, sondern viele verschiedene Bauteile.“
Für Udo Roth, den stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden ist klar: „Wir wollen eine Vereinbarung, welche die Situation mit allgemein fehlenden Bauteilen regelt.“ Trotz der angespannten Liefersituation besteht seit Juni im Werk Gaggenau keine Kurzarbeit mehr.
Leiharbeiter: Es werden Anfang des Jahres in Gaggenau weitere 50 zusätzliche Leiharbeiter eingestellt. Deren Gesamtzahl umfasst dann knapp 360. Die vorhandenen Verträge werden bis Juli verlängert, so der Betriebsrat. Bis März werde es 25 Übernahmen in Festverträge geben.
Murgtalstrategie im Zuge der Neuausrichtung: Im Rahmen der sogenannten Murgtalstrategie hatte auch der Betriebsrat ein komplexes „Personalmatching“ zu absolvieren – also eine neue Zuordnung von Arbeitsplätzen: „Durch Ausläufe und Nachfolgeprodukte mussten über 200 Kolleginnen und Kollegen in der Mercedes-Benz AG eine Weiterbeschäftigung finden.“ Rund 60 Beschäftigte werden Zug um Zug ohne Nachteile in die Daimler Truck AG wechseln.
Kritik an „Deindustrialisierung“: Der Betriebsrat unterstütze die Transformation in Richtung eines emissionsfreien Güter- und Warenverkehrs, versichert Michael Brecht: „Wir sprechen uns für einen schnellen Hochlauf von emissionsfreien Fahrzeugen aus.“ Dafür brauche es aber die notwendigen wirtschaftlichen und technischen Rahmenbedingungen, „damit ein Hochlauf sozial verträglich umsetzbar ist“.
Doch „in Deutschland und teilweise in ganz Europa“ finde „eine sich beschleunigende Deindustrialisierung“ statt. Die Energiekrise sei nur eine von mehreren Ursachen. Die Entwicklung könne „nicht mehr einfach als normaler Strukturwandel abgetan werden“.
Die Metall-, Auto- und Chemiebranche stehe unter enormen Druck aufgrund höherer Produktionskosten. Brecht: „Wir benötigen gute Industrialisierungsvoraussetzungen in Deutschland und der EU, damit wir mit China und den USA mithalten können. Sonst verliert Europa als Produktionsstandort an globaler Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität.“ Auch Standortleiter Thomas Twork machte deutlich: „Wir sind darauf angewiesen, Produkte global liefern zu können.“