Die Folgen des Ukraine-Kriegs auf die Energieversorgung in Deutschland werden immer konkreter. Am 23. Juni hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck die zweite von drei möglichen Eskalationsstufen im Gas-Notfallplan ausgerufen: Seitdem gilt die sogenannte Alarmstufe. Was genau das für Gaggenau bedeutet, fragten gleich mehrere Stadträte in der jüngsten Gemeinderatssitzung am Montagabend das Stadtoberhaupt.
Die Antworten von Oberbürgermeister Christof Florus (parteilos) blieben dabei noch relativ vage – etwa auf die Frage, von FWG-Stadtrat Martin Hahn. „Was passiert, falls ab Oktober kein Gas mehr fließt?“, fragte Hahn und sprach speziell die Situation in den öffentlichen Gebäuden, Schulen und Kindergärten an. „Welche Notfallpläne gibt es?“
Bisher offenbar keine. „Wir sind gerade dabei, ein Konzept zu erarbeiten und Lösungen zu finden“, so OB Florus. Derzeit würden alle Verbraucher intensiv durchgegangen. Dies geschieht in enger Abstimmung mit den Stadtwerken, deren Chef Paul Schreiner ebenfalls in der Sitzung anwesend war. „In der jetzt geltenden zweiten Stufe haben wir alle die Aufgabe, Energie zu sparen“, so Schreiner. Die jetzt geltende Alarmstufe beschreibe eine „Gasmangellage“.
Stadt Gaggenau und Stadtwerke prüfen Einsparmöglichkeiten
Wie das Rathaus auf Nachfrage dieser Redaktion erklärt, haben sich Stadtverwaltung und Stadtwerke erstmals am Montag über mögliche Konsequenzen aus der Alarmstufe ausgetauscht. Nach der Überprüfung aller Einrichtungen und ihrer Einsparmöglichkeiten, soll in einem zweiten Schritt überlegt werden, welche Maßnahmen umgesetzt werden sollen. Dies werde auch mit den betroffenen Einrichtungen besprochen.
Deutlicher könne man derzeit nicht werden, heißt es aus dem Rathaus weiter. „Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird es gewisse Einschränkungen geben müssen, die wir heute aber noch nicht konkret benennen können“, so Pressesprecherin Judith Feuerer. Auch der Zeitrahmen für die Erarbeitung des Notfallkonzepts ist noch offen: Ziel sei es, „schnellstmöglich mehr Klarheit darüber zu erhalten, welche Möglichkeiten der Einsparung in welchem Rahmen bestehen“.
Werden Ampeln künftig am Abend abgeschaltet?
Eine einfache Sparmöglichkeit brachte Ellen Markert ins Spiel. „Könnte man nicht die ein oder andere Ampel am Abend einfach abschalten?“, fragte die CDU-Stadträtin. Tatsächlich blinkt bereits die ein oder andere Ampel in den Abendstunden, so etwa an der Hauptstraße in Richtung Daimler-Werk. Dies sei allerdings keine direkte Reaktion auf die Energiesituation, wie die Stadt auf Nachfrage erklärt. „Das machen wir schon länger so bei Ampeln, die zu bestimmten Zeiten wenig frequentiert werden.“
Wirklich kritisch und spürbar für alle wird es ab der dritten Stufe, der sogenannten Notfallstufe. Dann nämlich wird der Verbrauch vom sogenannten Bundeslastverteiler – also der Bundesnetzagentur – reguliert. „Er würde dann Gas zuteilen“, so Schreiner. „Wer dann in den ,Genuss‘ kommt, zu sparen, kann man derzeit nur schwierig sagen“, ist die Einschätzung des Stadtwerke-Chefs. „Wir hoffen, dass die dritte Stufe nicht kommt.“
Schreiner betonte dennoch, dass sich nicht nur Menschen mit Gasherd oder Gasheizung angesprochen fühlen sollten, Energie zu sparen, sondern jeder Verbraucher: „Ein Teil des Stroms wird aus Gas gemacht“, so seine klare Botschaft.
Die Ankündigung Habecks, dass angesichts der Energiekrise vorerst kein Gas mehr verstromt werden soll, sei derzeit lediglich eine Absichtserklärung, die zudem noch einige Fragen unbeantwortet lässt: „Es ist beispielsweise noch völlig offen, ob auch Blockheizkraftwerke davon betroffen wären“, so Schreiner gegenüber dieser Redaktion. Und davon gibt es einige in Gaggenau, die größten versorgen das Rotherma und das Murgana, aber auch das Oskar-Scherrer-Haus wird mit einem BHKW versorgt – sowie zahlreiche Privathaushalte.
Alarmstufe: Energieversorger können Preissteigerungen an Kunden weiterreichen
Die Alarmstufe macht es theoretisch möglich, dass Energieversorger ihre Preissteigerungen direkt an die Kunden weiterreichen können. Geltende Verträge werden automatisch außer Kraft gesetzt, Preisgarantien hinfällig.
Da kommt die Nachricht, dass die Stadtwerke trotz der angespannten Situation die Absenkung der EEG-Umlage wie vor einigen Wochen schon angekündigt an ihre Stromkunden weitergeben werden, gerade recht. Laut Mitteilung spart ein Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 3.500 Kilowattstunden rund 155 Euro. Allerdings gehen Habecks Experten davon aus, dass sich die Energiepreise bis zum Jahresende mehr als versechsfachen könnten.