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Masterstudium in Köln

Wie eine Musikstudentin aus Gaggenau die Corona-Pandemie erlebt

Die Oboistin Jannika Fritz vermisst in der Corona-Zeit die Live-Auftritte mit anderen Musikern. Die 24-Jährige aus Gaggenau studiert derzeit im Master an der Musikhochschule in Köln. Sie glaubt trotz Corona fest an ihren Traum, einen Platz in einem Profi-Orchester zu bekommen.

Mehrere Musiker im Casino Baden-Baden
Große Leidenschaft: Jannika Fritz aus Gaggenau spielt Oboe seit ihrem zehnten Lebensjahr. Im Februar 2020 trat sie im Casino Baden-Baden auf. Foto: Ralf-Joachim Kraft

Monatelang hat die Oboistin Jannika Fritz auf diesen Moment hingearbeitet. Im September 2020 gibt die 24-Jährige aus Gaggenau ihr Abschlusskonzert für den Bachelor of Music. Die 45-minütige Darbietung macht 50 Prozent der Gesamtnote an der Hochschule für Musik in Mainz aus. „Das waren richtig schwere Solostücke“, sagt die Oboistin. Hinzu kommt, dass sie wegen Corona keine Generalprobe hatte.

Trotzdem lässt sie sich von der Nervosität nicht unterkriegen. „Ich bin in der Regel eine coole Socke. Zum Glück“, sagt die 24-Jährige und lacht. Am Ende läuft alles bestens und sie erhält die Note 1,1. „Das war das bisher wichtigste Konzert meines Lebens.“ Fritz kommt damit ihrem großen Traum einen Schritt näher, einen Platz in einem Profi-Orchester zu ergattern.

Einen Wermutstropfen gibt es aber: Corona. Normalerweise finde die Abschlussprüfung in einem vollen Saal statt, erzählt Fritz. Freunde, Bekannte, ja sogar WG-Bewohner hätten in normalen Zeiten den Klängen ihrer Oboe lauschen können.

Wegen Corona bleibt ihr nicht nur dort ein großes Publikum verwehrt. Auch ihre Auftritte mit Orchestern fallen aus. Für einzelne Projekte wirkt die Studentin immer wieder etwa in der Philharmonie Baden-Baden oder im Philharmonischen Staatstheater in Mainz mit.

Meine finanziellen Verdienste sind komplett weggefallen.
Jannika Fritz, Oboistin aus Gaggenau

„Meine finanziellen Verdienste sind komplett weggefallen“, sagt Fritz. Mit ihrer positiven Art lässt sie sich aber nicht so leicht von ihrem Weg abbringen. Sie beginnt im Oktober 2020 ihr Masterstudium Solo/Kammermusik mit Hauptfach Oboe an der Hochschule für Musik und Tanz in Köln. Das ist nach Fritz Aussage neben der Staatlichen Hochschule für Musik in Stuttgart die führende Adresse in Deutschland.

Dementsprechend schwer sei die Aufnahmeprüfung gewesen. Noch anspruchsvoller als beim Bachelor, bei dem sie etwa unbekannte, komplizierte Stücke vom Blatt spielen musste. Auch am Klavier wurde die 24-Jährige damals in ihrem musikalischen Talent geprüft. Für den Masterplatz habe sie nur Oboe vorspielen müssen, aber auf einem sehr hohen Niveau.

Fritz übt im Schnitt vier Stunden am Tag

„Ich bin sehr stolz, es geschafft zu haben“, sagt Fritz. Doch das Masterstudium leidet ihrer Ansicht nach stark unter Corona. Ihr fehlt vor allem das gemeinsame Musizieren im Orchester.

Das sei aber sehr wichtig für die musikalische Weiterentwicklung, führt Fritz an. Auch mit einem Quintett, das sie mit Kommilitonen gegründet hat, konnte sie nicht proben. Videokonferenzen etwa über die Plattform Skype sind nach ihrer Ansicht keine Alternative zu normalen Proben. „Das Signal kommt oft zeitverzögert an“, berichtet Fritz.

Sie hofft deshalb, dass bald wieder Normalität einkehrt. Die Musikerin sieht in der Pandemie aber auch einen Vorteil. Sie habe weniger Stress und mehr Zeit, Oboe zu üben. Im Schnitt spielt sie vier Stunden am Tag.

Ihr Lieblingsstück: „Drei Romanzen“ von Robert Schumann. „In meiner Freizeit höre ich aber auch viel moderne Musik“, erklärt Fritz und fügt lachend hinzu: „Mozart bringt schließlich keine neue Musik raus.“ Trotzdem ist die klassische Musik das dominierende Genre auf der Oboe. Die Faszination dafür habe sie erst durch das Instrument entwickelt, sagt Fritz.

Im Alter von zehn Jahren fing sie an, Oboe zu lernen. Von Anfang an habe es ihr sehr viel Spaß gemacht, berichtet Fritz. „Schon mit 13 war mir klar, dass ich Musikerin werden will.“ Bei einem Projekt für junge Musiker in der Jugendakademie der Baden-Badener Philharmonie wird ihr Talent entdeckt. Der dort angestellte Oboist Young-Guk Lee gibt ihr danach vier Jahre lang Unterricht. „Er war ein Mentor für mich“, so Fritz.

Während sie ihr Abitur am Goethe-Gymnasium Gaggenau macht, spielt sie unter anderem im Jugendorchester Baden-Baden und im Bezirksjugendorchester. „Ich bin dankbar, dass mich meine Eltern immer unterstützt haben. Bis heute“, sagt Fritz. Aktuell sucht sie neben dem Master nach einem Platz in einem Profi-Orchester. Ihre Traumstelle: Solo-Oboistin.

Rund 100 Bewerber auf einen Platz im Orchester

Auf einen Orchester-Platz kommen laut Fritz häufig rund 100 Bewerber. Beim Vorspielen müsse man einen perfekten Tag erwischen. „Musiker zu sein ist ein harter Beruf. Man wird auch nicht reich dabei“, sagt sie. „Aber für mich gibt es keinen Plan B.“ Fritz ist zuversichtlich, dass sie sich bald ihren Traum erfüllen kann, von der Musik zu leben.

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