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Erneute Wende im Streit

Kreisausschuss bremst Erweiterung in Gaggenau-Oberweier und PFC-Zentraldeponie aus

Das war so nicht abzusehen: Statt klaren Fakten zu einer Deponieerweiterung in Oberweier und neuen Standorten für die PFC-Ablagerung im Raum Bühl gab es im Kreisausschuss einen interfraktionellen Beschlussvorschlag. Und der bringt der Region vor allem eines: Mehr Zeit.

BI Stop Deponie Oberweier vor der Badner Halle in Rastatt
Lohnender Einsatz: Die BI Stop Deponie Oberweier harrte gut eine Stunde im strömenden Regen vor dem Sitzungsort aus. Wie der Beschluss am Ende zeigte, wurden ihre Anliegen von den Ausschussmitgliedern durchaus gehört. Foto: Dominik Schneider

Erneute Wendung bei der Deponie Oberweier: Statt schnell Fakten zu schaffen, gibt es nun eine Warteschleife, um Informationen zur PFC-Ablagerung heranzuholen.

Das ist das Ergebnis der gut 90-minütigen Diskussion rund um die Hintere Dollert und die Möglichkeiten der PFC-Ablagerung, die letztlich sogar in einem interfraktionellen Antrag gipfelte – der auch im südlichen Landkreis vorerst für Erleichterung sorgen wird.

Vier zentrale Punkte haben sich dabei herauskristallisiert: Statt die Erweiterung der Hinteren Dollert ins Zentrum der weiteren Schritte zu stellen, soll es zuvor darum gehen, überhaupt herauszufinden, in welchem Zustand sich die Deponie in Gaggenau-Oberweier eigentlich befindet und welche Sanierungsschritte erforderlich sind, um sie in einen sicheren Zustand zu versetzen.

Experten sollen unabhängig und unbelastet an das Thema PFC-Deponie herangehen

Dafür soll ein Fachingenieur oder sogar ein Ingenieurbüro mit entsprechender Expertise gefunden werden, dass nicht regional verwurzelt ist und unbelastet an das Thema herangeht. Zudem soll die Kommunikation verbessert werden, indem ein Mediationsverfahren veranlasst werden soll, bei dem die Stadt Gaggenau und die Bürgerinitiative „Stop Deponie Oberweier“ eingebunden sind.

Und zuletzt sollen vor der weiteren Auseinandersetzung mit der Frage der Ablagerung von PFC-belasteter Erde die offenen Fragen mit den zuständigen Landesbehörden geklärt werden.

Alles, was dazu beiträgt, dass die Diskussion versachlicht wird, begrüße ich sehr.
Jörg Peter, Erster Landesbeamter

Dieser Kompromiss wurde nicht nur einstimmig von sämtlichen Mitgliedern des Betriebsausschusses „Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises Rastatt“ getragen, sondern auch mit großer Offenheit seitens der Kreisverwaltung angenommen.

„Alles, was dazu beiträgt, dass die Diskussion versachlicht wird, begrüße ich sehr“, sagte der Ausschussleiter und Erste Landesbeamte Jörg Peter mit Blick auf das Mediationsverfahren. Zuvor hatte er bestätigt, dass gerade im Zusammenhang mit den Fragen um eine zentrale PFC-Deponie und den plötzlichen Rückzug vom Standort Oberweier zugunsten möglicher Standorte im Bühler Raum „viel Porzellan zerschlagen“ worden sei.

Letztlich habe man sich bei den Gutachten aber an die rechtlichen Vorgaben gehalten, so Peter, der im Herbst einen Vor-Ort-Termin auf der Deponie in Oberweier in Aussicht stellte.

Niemand will eine Deponie in seiner Nachbarschaft.
Robert Wein (FW), Bürgermeister von Bischweier

In der Region sei eine große Betroffenheit und Verunsicherung zu spüren, konstatierte Andreas Merkel im Namen der CDU. Es gebe viele Fragen, auf die es jedoch keine verlässlichen Antworten gebe. „Wir brauchen einen Fachingenieur, der uns einen schonungslosen Blick auf den Ist-Zustand ermöglicht“, so Merkel deutlich.

PFC-Deponie betrifft nicht nur Gaggenau, sondern die ganze Region

Das unterstrich auch Gaggenaus Oberbürgermeister Christof Florus im Namen der Freien Wähler. Bevor kein Sanierungskonzept erarbeitet und die Sickerwasserentsorgung nicht sicher sei, „dürfen keine Fakten geschaffen werden“. Grundsätzlich gehe es bei der Entscheidung nicht allein um Gaggenau, sondern um die gesamte Region. Auch Bischweier, Kuppenheim und Muggensturm seien betroffen.

Entsprechend erklärte auch Bischweiers Bürgermeister Robert Wein (FW): „Bei der Frage um das PFC geht es darum, dass das Verfahren sachlich, fachlich und technisch sauber und rechts- und gerichtsfest sein muss.“ Es dürfe keinesfalls der Eindruck entstehen, dass laute Proteste dazu führten, dass dann auch keine PFC-Deponie käme. „Niemand will eine Deponie in seiner Nachbarschaft.“

Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Auch wenn es Geld kostet – oder unter Umständen auch viel Geld kostet.
Walter Jüngling, SPD

Der Bürgerinitiative sei es aber zu verdanken, dass das Thema überhaupt öffentlich wahrgenommen wurde, sagte Beate Benning-Gross (Grüne). „Sie haben dafür gesorgt, dass das ein Thema im Kreistag wurde.“ Nun sei es notwendig, sowohl in der Frage der PFC-Ablagerung als auch eines Standorts für die Abfälle der Deponieklasse I die Bürger zu beteiligen.

PFC-Deponie als tickende Zeitbombe?

„Das darf keine Sache eines Ausschusses sein“, so Benning-Gross. „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“ lautete die Forderung der SPD, die Walter Jüngling aufstellte. „Auch wenn es Geld kostet – oder unter Umständen auch viel Geld kostet.“ Die Lösungen, die nun gesucht werden, dürften „die nächste und übernächste Generation nicht über Gebühr belasten.“

Man habe es sich in der Vergangenheit „sehr leicht gemacht“, konstatierte auch Armin Kellert (AfD), der in der Hinteren Dollert „eine tickende Zeitbombe“ für die nächsten Jahrzehnte, „wenn nicht 100 Jahre“ sieht.

Ein „Reset, um eine neue Entscheidungsgrundlage zu bekommen“, forderte Lutz Jäckel für die FDP/FuR-Gruppierung. Ein externes Gutachten müsse „die rechtlichen und finanziellen Konsequenzen transparent auf den Tisch“ bringen. Freude auch bei Linken-Kreisrat Dieter Balle: „Das ist ein erfreulicher Tag.“

In dem interfraktionellen Antrag sah er „eine für alle befriedigende Lösung“. Die Bürgerinitiative „Stop Deponie Oberweier“ hatte vor der Sitzung eine Stunde im strömenden Regen demonstriert, bevor sie die Diskussion in der Badner Halle durchaus zufrieden verfolgte.

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