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Mehr als hundert Bürger bei Projektvorstellung

PFC-Deponie in Gaggenau sorgt für Protest

Der Abfallwirtschaftsbetrieb Rastatt plant, auf der Entsorgungsanlage in Gaggenau-Oberweier zusätzliche Kapazitäten zu schaffen. Dabei ist auch ein Abschnitt als PFC-Deponie im Gespräch. Bei der Projektvorstellung in der Jahnhalle haben Bürger ihrem Unmut und ihrer Sorge Luft gemacht.

Die Zuhörer zeigen klare Kante: „Kein PFC nach Oberweier“ ist die deutliche Botschaft der Bannerträger und Redner in der Jahnhalle Gaggenau.
Die Zuhörer zeigen klare Kante: „Kein PFC nach Oberweier“ ist die deutliche Botschaft der Bannerträger und Redner in der Jahnhalle Gaggenau. Foto: Christiane Widmann

Mehr als 100 Menschen aus Oberweier haben sich am Mittwoch bei einer Sitzung des Ortschaftsrats über die Zukunftspläne für die Entsorgungsanlage „Hintere Dollert“ informiert. Dort dürfte der Platz im Laufe der kommenden sechs Jahre zur Neige gehen. Der Abfallwirtschaftsbetrieb Rastatt (AWB) will deshalb bis zum Ende der 2020er-Jahre zusätzliche Kapazitäten schaffen. Er erwägt, dabei einen Bereich für PFC-Böden einzurichten. Das Karlsruher Ingenieurbüro Roth und Partner hat in einer Machbarkeitsstudie entsprechende Vorschläge ausgearbeitet. Der erste Landesbeamte Jörg Peter sieht die öffentliche Sitzung als „Startschuss für ein Planungsverfahren und gegebenenfalls ein Genehmigungsverfahren“, an dem die Stadt, der Ortschaftsrat und die Bürger kontinuierlich beteiligt werden sollen.

Vergleiche mit Atommüll-Endlager

Die Oberweierer wollen den Ausbau jedoch eindeutig nicht. Nicht nur, dass sie gut auf einen weiteren Betrieb der Deponie und auf zunehmenden Anlieferverkehr verzichten könnten. Auch das Stichwort „PFC“ sorgt für Aufregung. Die Bürger fürchten um ihre Gesundheit und die Umwelt. Wortbeiträge wie „Wir wollen keine PFC-Äpfel ernten“, Vergleiche mit einem Endlager für Atommüll und Fragen zur Sicherheit der Deponie-Anlagen bei Sturm oder Starkregen belegen die Ablehnung und Sorgen. Zudem befürchten die Bürger Anlieferungen aus ganz Deutschland, weil es nur wenige PFC-Deponien gibt. „Die Verpflichtung eines Oberbürgermeisters ist eigentlich, Schaden von den Bürgern abzuhalten“, wirft ein Redner Christof Florus vor.

Ich denke, wir müssen den Finger drin haben.
Christof Florus, Oberbürgermeister von Gaggenau

Dieser sieht in dem Projekt jedoch Chancen: Böden und Trinkwasser in der Region würden geschützt, nicht zuletzt auch die Brunnen in Gaggenau. „Wenn das, was uns zugesagt wird, alles stimmt, dann kann ich mir das gut vorstellen – wenn es kein Nachteil für Oberweier ist und der Verkehr so geleitet wird, dass er nicht stört.“

Einen Vorteil sieht er im Pachtverhältnis zwischen Oberweier und dem Landkreis Rastatt. „Ich denke, wir müssen den Finger, die Hand drin haben“, sagt er. „Wir können die Deponie nicht verhindern“, aber die Interessen von Oberweier vertreten. Der aktuelle Pachtvertrag läuft bis zum Ende des Jahres, die Verhandlungen will Florus nun nach der Projektinformation aufnehmen.

Der Berater Johann Roth betonte, dass negative Einflüsse auf den Ort und die Umgebung so gering wie möglich gehalten werden müssten. „Man baut Deponien so, dass nichts passiert.“ Um Abfall-Tourismus zu vermeiden, könnte eine räumliche Beschränkung für Anlieferungen festgelegt werden. „In Baden-Württemberg haben wir im Moment keine Deponie, die PFC annimmt. Der Kreis wäre des Wahnsinns, das für andere Landkreise zu öffnen.“ Auch Jörg Peter hält eine Beschränkung für sinnvoll. „Ich bin dafür, dass man das entsprechend niederlegt.“

Es ist natürlich klar: Einen erwischt es immer.
Johann Roth, Ingenieurbüro Roth und Partner

Auch alternative Standorte würden im Verfahren geprüft, sagt Roth. „Aber es ist natürlich klar: Einen erwischt es immer.“ Die Antwort aus dem Publikum kommt postwendend: „Aber das müssen nicht wir sein!“

Aus Sicht des Landratsamts muss jedoch dringend Platz für Bodenaushub und Bauschutt geschaffen werden. Der einzige Deponiestandort für leicht und mittel belastetes Material ist Oberweier. Ferner muss der Landkreis dafür sorgen, dass auch PFC-Aushub entsorgt werden kann, der nicht vor Ort verbaut und versiegelt werden kann. „Das ist keine freiwillige Geschichte“, betont Johann Roth.

Die Kapazitäten gehen zur Neige: Auf der Entsorgungsanlage „Hintere Dollert“ in Gaggenau-Oberweier stehen nur noch 30.000 Kubikmeter Nutzvolumen zur Verfügung.
Die Kapazitäten gehen zur Neige: Auf der Entsorgungsanlage „Hintere Dollert“ in Gaggenau-Oberweier stehen nur noch 30.000 Kubikmeter Nutzvolumen zur Verfügung. Foto: Jürgen Gerbig

Oberweier hat aus seiner Sicht unter anderem den Vorteil, dass dort wegen der längst vorhandenen PFC-Belastung eine vom Land geförderte Versuchsanlage in Betrieb ist. Sie soll PFC noch effizienter aus dem Sickerwasser herausfiltern als die (ebenfalls zuverlässige) Umkehrosmose-Anlage. „Wie das ausgeht, werden wir in einem Vierteljahr sehen.“

Vorteil: Bestehende Flächen werden reaktiviert

Roth argumentiert außerdem, dass vorhandene Deponie-Flächen reaktiviert würden. „Ich nehme das Bestehende und verbessere es noch.“ Einer der vorgesehenen Bereiche, eine einstige Übergangsdeponie im Westen, müsste sowieso gesichert werden. Sie verfügt weder über eine Basisabdichtung noch über ein Sickerwassersystem. Von 1966 bis in die 1970er-Jahre wurde dort jedoch aller möglicher Unrat entsorgt, vom Hausmüll bis zum Industrieabfall. Das sei „nicht ganz ohne“. Nach Ansicht des Planers könnten hier „zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden“.

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