Skip to main content

Bund hält an Regelung fest

Pflegeheimbetreiber im Murgtal kritisieren Maskenpflicht für Bewohner

Während die Sonderregelungen für Kinder wieder gekippt wurden, hält der Bund an der Maskenpflicht für Altenheimbewohner fest. Das ärgert die Betreiber im Murgtal.

Alte Leute sitzen um einen Tisch, im Hintergrund ein stehender Mann mit Maske
Maske nur fürs Personal: So wird es in den Häusern der Gaggenauer Altenhilfe auch nach dem 1. Oktober aussehen, erklärt Geschäftsführer Peter Koch (Mitte). Foto: Peter Koch/Gaggenauer Altenhilfe

„Für uns Pflegeheime ist das eine Katastrophe.“ Das ist der erste Satz, der Kirstin Ihlenfeldt einfällt, als sie auf die Maskenpflicht für Pflegeheimbewohner in Gemeinschaftsräumen angesprochen wird.

Sie leitet das Seniorenzentrum „Am Hahnbach“ in Gernsbach und redet sich regelrecht in Rage. Genauso wie Peter Koch, Vorsitzender des Pflegebündnisses Mittelbaden und Geschäftsführer der Gaggenauer Altenhilfe. „Wir haben hier doch keine unmündigen Personen oder gar Strafgefangenen.“

Laut Theorie gilt ab 1. Oktober Pflicht zum Maskentragen

Unverständnis, vor allem aber Ärger und Wut: Das sind die vorherrschenden Gefühle bei den Betreibern von Senioreneinrichtungen im Murgtal.

Das geht über das hinaus, was in der Hochphase der Pandemie vorgegeben war.
Peter Koch, Vorsitzender Pflegebündnis Mittelbaden

Denn ab dem 1. Oktober wird der Alltag in ihren Häusern ein anderer sein. Dann nämlich gilt für Heimbewohner eine FFP2-Maskenpflicht in sämtlichen Gemeinschaftsräumen. Zumindest in der Theorie.

„Wir werden das nicht umsetzen“, sagt Peter Koch klipp und klar. „Das geht über das hinaus, was in der Hochphase der Pandemie vorgegeben war.“

Und selbst da hätten die Bewohner gemeinsam gegessen. „Wir wollen ein normales Leben innerhalb der Einrichtung.“

Betreuer in Murgtaler Pflegeheim sprechen mit Bewohnern über Masken

Darauf legt auch Kirstin Ihlenfeldt wert. „Das komplette Pflegeheim ist doch das Zuhause der Menschen. Und wir tragen doch zuhause auch keine Maske.“ Sie habe bereits mit einigen Bewohnern über die neue Pflicht gesprochen.

Die Reaktion? Unglaube, so Ihlenfeldt. „Die Menschen verstehen nicht, wieso sie das tun sollen.“ Sie sei auf der Suche nach „kreativen Lösungen“.

Und dann gebe es auch noch jene, die es gar nicht verstehen können, weil sie zu krank sind. Die Hälfte bis Dreiviertel aller Heimbewohner seien dement, erklärt Koch.

„Eine Maske muss korrekt getragen werden. Das kann ich von diesen Menschen nicht verlangen. Und dann kann ich es auch gleich lassen.“ Für ihn steht fest: „Die Politik braucht einen Schuldigen, wenn es zu größeren Ausbrüchen kommt.“

Staat fördere mit Maskenpflicht Isolation von Bewohnern

Und die wird es immer wieder geben, ist seine Gernsbacher Kollegin Ihlenfeldt überzeugt. „Die Senioren stecken sich nicht gegenseitig an“, ist ihre Erfahrung. Wenn es zu einem Ausbruch komme, dann über Besucher.

„Und die müssen auch jetzt schon Maske tragen und getestet sein.“ Trotz all dieser Vorsichtsmaßnahmen ließen sich Ausbrüche nicht verhindern. „Am Hahnbach“ habe es bereits vier Stück in diesem Jahr gegeben. „Es lässt sich nicht vermeiden.“

Der Staat fördert so die Isolation der alten Menschen.
Kristin Ihlenfeldt, Heimleiterin „Am Hahnbach“

Für Ihlenfeldt wird die Situation wieder einmal auf dem Rücken der alten Menschen ausgetragen. Traurigkeit gebe es in Seniorenheimen sowieso oftmals. Die eigenen vier Wände mussten verlassen werden, die Familie ist nicht da.

Im Herbst und mit dem Ausblick auf Weihnachten nehme die depressive Grundstimmung noch zu, sagt die Heimleiterin. „Der Staat fördert so die Isolation der alten Menschen.“

Landesgesundheitsminister findet Regelung angeblich selbst „bescheuert“

Gerade angesichts der Bilder vom proppenvollen Münchener Oktoberfest fällt es Ihlenfeldt noch schwerer, die Maskenpflicht zu akzeptieren.

„Meine 85 Bewohner dürfen nicht zu zehnt im Singkreis sitzen, obwohl sie sich alle kennen. Und im Bierzelt dürfen sie zu Tausenden sitzen und die wohnen nicht mal zusammen.“

Beim Besuch, den der Landesgesundheitsminister kürzlich dem Dahringer-Haus abgestattet hat, habe er Manne Lucha natürlich darauf angesprochen, erzählt Peter Koch. „Selbst der findet das bescheuert. Aber die Regel kommt vom Bund.“

nach oben Zurück zum Seitenanfang