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Was erlaubt die Schulordnung?

Schulen im Kreis Rastatt verbieten Jogginghosen, Basecaps und Hotpants

Schüler mit Basecaps und Jogginghosen, Schülerinnen in knappen Hotpants: Mehrere Schulen im Landkreis Rastatt pochen auf eine angemessene Kleidung. Schülerinnen, die zu viel nackte Haut zeigen, müssen zum Umziehen nach Hause. Der Schlabberlook ist besonders in Prüfungen verpönt. Aber: Dürfen die Schulen die Kleidung ihrer Schüler überhaupt verbieten?

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Wenig Stoff: Hotpants sind einigen Schulleitern ein Dorn im Auge. Schülerinnen, die zu viel nackte Haut zeigen, müssen zum Umziehen nach Hause. Foto: Merz

Eine Rottenburger Realschule verbietet Jogginghosen im Unterricht. Ein Gymnasium in Hannover zieht nach. An einer Schule in Nordrhein-Westfalen sind Basecaps und Schlabberlook tabu. Wer die Vorschriften missachtet, wird dreimal verwarnt – und beim vierten Verstoß zum Umziehen nach Hause geschickt. Immer mehr Schulen greifen bei Kleidersünden ihrer Schüler durch. Aber: Dürfen sie das überhaupt? Wie weit geht die Freiheit der Schüler? Und welche Regeln gelten im Landkreis Rastatt: Sind Jogginghosen, Hotpants und Miniröcke erlaubt?

An der Gernsbacher Realschule gibt es bislang keine Kleiderordnung. Von Schülerseite kam laut Rektor Joachim Schneider allerdings die Anregung, die Kleidung über eine Schulordnung zu regeln. Schüler, die in Jogginghose oder Hotpants zum Unterricht erscheinen, könnten nach ihrem Inkrafttreten ermahnt oder - im Wiederholungsfall - zum Umziehen nach Hause geschickt werden. Wenn Mädchen zu knapp bekleidet sind, leidet nach Schneiders Erfahrung auch der Unterricht darunter: „Einige Jungs sind dann abgelenkt.“

Schulkleidung in Rastatt und Gernsbach

Andere Schulen halten für solche Fälle Oversize-Shirts bereit, um Bauchnabel und Hüften zu verhüllen. In Gernsbach gibt es das nicht. Künftig will man aber Schulkleidung anbieten: Polos, Shirts und Pullover mit dem eigenen Emblem. Auf freiwilliger Basis versteht sich.

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Klare Worte: Joachim Schneider, hier bei einer Ehrung durch Reigerungspräsidentin Sylvia Felder, fordert von seinen Schülern eine angemessene Kleidung ein. Foto: Dürr

Schuluniformen sind in Baden-Württemberg nicht zulässig. An der August-Renner-Realschule in Rastatt gibt es sogar eine verpflichtende Schulkleidung. Allerdings handelt es sich dabei nur um Oberbekleidung.

Auftreten fließt in Note ein

Schneider geht es um mehr als dünnen Stoff und nackte Haut: „Wir wollen die Schüler auf ihr Berufsleben vorbereiten“, betont er, „und bei einem Bewerbungsgespräch sind Jogginghosen und Hotpants schließlich auch nicht angebracht.“

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Nicht gern gesehen: Das Tragen von Jogginghosen ist in einigen Schulen verboten. Foto: Strobel

Im Unterricht könne man über legere Kleidung mal hinwegsehen, findet Schneider, bei mündlichen Prüfungen sieht das anders aus. Weil in die Note auch das persönliche Auftreten einfließt, rät er seinen Schülern ausdrücklich zu angemessener Kleidung.

In der zehnten Klasse nimmt der Reiz der Provokation ab.

Gleichwohl sind es weniger die Prüflinge, die im Sorgen bereiten: „In der zehnten Klasse nimmt der Reiz der Provokation ab. Probleme haben wir eher mit Siebt- oder Achtklässlern.“

Kleiderordnung darf keinen Spielraum bieten

Eine Kleiderordnung hält Schneider aber nur dann für sinnvoll, wenn sie verbindlich formuliert ist. „Sie müsste zum Beispiel klar regeln, bis wohin der Rocksaum bei Mädchen reichen muss – ansonsten gibt es zu viel Spielraum zum Diskutieren.“

Keine Jogginghosen an der Karlschule

Auch an der Rastatter Karlschule existiert kein niedergeschriebener Dresscode. Allerdings gilt: „Zu Prüfungen darf niemand in Jogginghose kommen“, sagt Rektorin Nina-Barbara Lauckner. Für die Schulleiterin zählt das äußere Erscheinungsbild zu den Grundkompetenzen.

Freizügige Schülerinnen müssen sich umziehen

An der Karlschule werden Schülerinnen, die zu viel von sich preisgeben, konsequent zum Umziehen nach Hause geschickt. Eine Lektion, die offenbar fruchtet: „Die meisten sind einsichtig.“

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Schuluniformen sind im angelsächsischen Raum weit verbreitet. Das Bild zeigt Schülerinnen in Irland. In Deutschland sind die Uniformen privaten Schulen vorbehalten. Foto: obs/Experiment e.V./Experiment e.V./privat

Auch Shirts mit frauenfeindlichen oder rechtsextremen Sprüchen sind auf dem Schulgelände streng verboten.

Goethe-Gymnasium in Gaggenau verbietet Basecaps

Keine Kappen im Unterricht: Das ist die goldene Regel am Gaggenauer Goethe-Gymnasium. Wer eine Basecap dabei hat, muss sie mit dem Gong absetzen. Dem stellvertretenden Schulleiter Bernhard Krabbe fällt außerdem auf, dass der Schlabberlook bei schriftlichen Abiturprüfungen in Mode gekommen ist.

„Vielleicht mache ich da mal eine Ansage“, so Krabbe. Allerdings hat er auch Verständnis für die Schüler: „Immerhin sitzen sie bis zu sechs Stunden an ihren Aufgaben. Da ist der Wunsch nach bequemer Kleidung ein Stück weit nachvollziehbar.“

Einige Schülerinnen reizen das ziemlich aus.
Bernhard Krabbe, stellvertretender Rektor des Gaggenauer Goethe-Gymnasiums, über Hotpants in der Schule

Mit knappen Höschen pflegt man am Goethe-Gymnasium dagegen einen entspannten Umgang. „Einige Schülerinnen reizen das ziemlich aus“, sagt Krabbe zwar, „aber Hotpants sind nun mal in Mode und werden gesellschaftlich toleriert.“ Von einem Verbot halte er deshalb nichts.

Was dürfen die Schulen verbieten?

Bleibt die Frage: Dürfen die Schulen eine Kleiderordnung vorgeben? Der Rastatter Schulamtsdirektor Wolfgang Held teilt dazu mit: „Die Grenzen der persönlichen Freiheit sind erreicht, wenn die Freiheit anderer gefährdet wird.“

Diese Verbote gelten:

Eine Realschule in Rottenburg (Baden-Württemberg) hat ihren Schülern untersagt, im Unterricht Jogginghosen zu tragen. Dasselbe Verbot gilt am privaten Oskar-Kämmer-Gymnasium in Hannover. Auch eine Realschule aus Bad Oeyenhausen (Nordrhein-Westfalen) hat den Schlabberlook aus dem Unterricht verbannt. Dafür hatte sich die Schulkonferenz ausgesprochen, der Lehrer-, Eltern- und Schülervertreter angehören.

An einem Essener Gymnasium sorgte das T-Shirt eines muslimischen Schülers für Aufregung: Darauf stand „Paris“ – in arabischen Lettern. Die Schulleitung verbot es. Offenbar hatte man Angst, die Schriftzeichen auf der Schülerbrust könnten subversive Botschaften enthalten – bis hin zu Sympathiebekundungen für Massenmörder. Strenge regeln gelten an der Amadeus International School in Wien. Die Elite-Schule sanktioniert das Fluchen und Kaugummi kauen. Eine Schuluniform ist dort Pflicht.

Sexistische, rassistische und gewaltverherrlichende Aufschriften auf Kleidungsstücken sind daher untersagt.

Schulamt empfiehlt Hausordnung

Die Schulen hätten nicht nur einen Bildungs-, sondern auch einen Erziehungsauftrag. „Dazu gehört, dass es für verschiedene Anlässe verschiedene Kleidung gibt“, sagt Held. Er rät zu einer Hausordnung, die Lehrer, Eltern und Schüler gemeinsam beschließen.

Kein Blickkontakt mit Burka und Basecap

Auch das Regierungspräsidium Karlsruhe (RP) verweist in seiner Stellungnahme auf die Möglichkeit der Gesamt-Lehrerkonferenz, eine Hausordnung zu beschließen – allerdings mit Zustimmung der Schulkonferenz, der Lehrer, Eltern und Schüler angehören.  Grundsätzlich könnten Schulen bei mangelnder Hygiene eingreifen oder aber, wenn ein ungestörter Blickkontakt unmöglich ist: Unter diese Regelung fallen etwa Burkas und Basecaps.

Die Schulen müssen entscheiden, ob dadurch der Unterricht gestört oder beeinträchtigt wird.
Das Regierungspräsidium Karlsruhe sieht beim Jogginghosen-Verbot die Schulen in der Verantwortung.

Und was ist mit Hotpants und Jogginghosen? „Die Schulen müssen entscheiden, ob dadurch der Unterricht gestört oder beeinträchtigt wird“, teilt das RP mit. Letztlich gehe es immer um eine „Abwägung zwischen dem persönlichen Geschmack des Schülers und dessen Handlungsfreiheit und den Aufgaben der Schule.“

Bei einem Verstoß gegen die Kleiderordnung müsse die Schule im Einzelfalls über eine angemessene Maßnahme entscheiden.

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