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Nerven und Muskeln sind gestört

Simulationsanzug könnte Sarah Hornung aus Gaggenau-Selbach mehr Teilhabe am Leben ermöglichen

Die 29 Jahre alte Sarah Hornung aus Gaggenau-Selbach leidet an spastischer Zerebralparese. Die Krankenkasse lehnt einen speziellen Simulationsantrag ab. Nun startete sie eine private Spendenaktion.

Drei Personen auf einem Balkon
Sarah Hornung (Mitte) hofft mit ihren Eltern Andreas und Sascia Hornung darauf, dass das neuartige Hilfsmittel Besserung bringt. Foto: Anna Strobel

Vielleicht ist ein schmerzfreies Leben möglich. Sarah Hornung aus Gaggenau-Selbach gibt die Hoffnung darauf nicht auf. Die junge Frau ist heute 29 Jahre alt. Sie kam als Frühchen im sechsten Monat zur Welt.

Aufgrund ihrer frühen Geburt wurde sie acht Wochen voll beatmet und bekam dadurch eine spastische Zerebralparese, eine Störung des Nerven- und Muskelsystems.

Ein spezieller Stimulationsanzug könnte ihr helfen, mit ihrem Körper besser zurechtzukommen. Da dieser mehr als 10.000 Euro kostet, hat die Familie auf eigene Faust eine Spenden-Kampagne gestartet. „Der Mollii Suit wurde leider von der Krankenkasse abgelehnt“, schildert Sascia Hornung den Hintergrund der privaten Spendenaktion. Sie ist Sarahs Mutter.

Ich habe innerhalb von Sekunden eine Erleichterung bemerkt.
Sarah Hornung, Patientin

Durch das Sanitätshaus Schwendemann-Vogel in Baden-Baden-Sandweier ist die Familie auf den Anzug aufmerksam geworden. „Sie haben nach dem Krankheitsbild gefragt. Der Anzug ist für Spastiker und MS-Patienten gedacht“, schildert Sarah Hornung. Das Sanitätshaus hat das Hilfsmittel bestellt.

Zwei Wochen später konnte sie es anprobieren. „Ich habe innerhalb von Sekunden eine Erleichterung bemerkt“, erzählt die 29-Jährige. „Es war sehr angenehm. Ich konnte laufen, wie ich wollte ohne Einschränkung.“

Elektroden aktivieren die Muskeln

Zuvor sei der Mollii Suit im Sanitätshaus überwiegend an Schlaganfallpatienten ausprobiert worden. „Die waren selbst ganz überrascht vom Effekt“, sagt Sarah Hornung. „Ich wäre glücklich, wenn ich den Anzug bekommen würde“, betont sie.

„Anfangs komisch“ sei das Gefühl gewesen, das Hilfsmittel zu tragen, beschreibt die junge Frau. „Es sind 58 Elektroden verarbeitet. Die Muskeln wurden sehr leicht. Ich konnte ein Glas einschenken, was für mich normalerweise echt schwierig ist“, schwärmt sie und lächelt.

Das Produkt steht nicht im Heilmittelverzeichnis

„Wir haben eine Verbesserung gesehen und waren total begeistert“, betont Andreas Hornung, Sarahs Vater. Der positive Effekt habe danach noch zwei Tage angehalten.

„Mir würde das ermöglichen, besser mit meinem Körper klarzukommen“, erhofft sich die 29-Jährige.

Frau liegt in einem Anzug mit Kabeln auf einer Liege.
Sarah Hornung probiert den Stimulationsanzug in einem Sanitätshaus aus. Foto: Sascia Hornung

Im Februar habe sie den Anzug bei ihrer Krankenkasse beantragt. Dann die Ernüchterung: Vor ein paar Wochen kam der Ablehnungsbescheid.

Darin heißt es: „Das Produkt ist nicht im Hilfsmittelverzeichnis gelistet“ und „der medizinische Nutzen ist nicht belegt“. Die Krankenkasse finanziert das Hilfsmittel also nicht.

Der Medizinische Dienst der Krankenkassen entscheidet

Auf Nachfrage erläutert AOK-Sprecherin Nina Weber-Kunt: „Das Hilfsmittelverzeichnis (HMV) legt die Indikatoren fest, die medizinisch vorliegen müssen, damit die Kosten übernommen werden.“

Für neuartige Hilfsmittel werde bei der Entscheidung der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MD) hinzugezogen.

„Dieser zieht zu seiner Beurteilung ärztliche Unterlagen, medizinische Berichte oder gar Videomaterial, das die Nutzung neuartiger Hilfsmittel demonstriert, hinzu“, so die Sprecherin. Anschließend wird ein Gutachten erstellt, das die Krankenkasse für die Leistungsentscheidung berücksichtigt.

Diese Beurteilung führte zu einer Ablehnung. Grundsätzlich sei es möglich, dass die AOK die Kosten übernehme. „Die Krankenkasse muss sich daran halten, was der MD sagt“, zeigt Familie Hornung Verständnis. Das sei generell so.

Rund 7.360 Euro sind bereits zusammengekommen

Die Familie will die Hoffnung auf den Stimulationsanzug nicht aufgeben. „Die ganze Sache geht mir an die Nieren“, sagt Sascia Hornung.

Mitte Mai hat sie eine Kampagne auf „gofundme“ unter dem Titel „Sarah will ohne Schmerzen und Spastiken laufen“ ins Leben gerufen. Rund 7.360 Euro sind seither zusammengekommen. Das reicht noch nicht aus. „Das A und O ist es, dass es Leute mitkriegen“ und genügend Geld zusammenkomme, sagt Andreas Hornung.

Allgemein müsse mehr für Menschen mit Behinderung getan werden. Es gehe um Teilhabe: „Wir wünschen uns sich mehr Inklusion in der Öffentlichkeit.“

Spendenlink: https://bnn.link/4nk

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