In Gaggenau mehren sich die Stimmen in der Kommunalpolitik, die für eine Verlängerung des kostenfreien Parkens in der städtischen Tiefgarage Murgufer eintreten. So hat sich unter anderem der CDU-Stadtverband für eine Ausweitung („eventuell bis ins Jahr 2021 hinein“) ausgesprochen, auch die SPD-Gemeinderatsfraktion brachte jüngst eine mögliche „Nachjustierung“ ins Gespräch. Es gibt aber auch Gründe, die gegen eine Verlängerung sprechen. Auf sie soll nachfolgend – als Diskussionsbeitrag – näher eingegangen werden.
Rückblick: Im Juni hatte der Gemeinderat ein Corona-Hilfspaket für Handel und Gastronomie beschlossen, das von der Werbegemeinschaft „Lebendiges Gaggenau“ sehr begrüßt worden war. Das Gesamtvolumen zu Lasten der Stadtkasse wurde im Frühjahr mit rund 120.000 Euro beziffert; enthalten waren unter anderem ein städtischer Betriebskostenzuschuss an die Werbegemeinschaft in Höhe von 10.000 Euro und der Wegfall der Sondernutzungsgebühren für das ganze Kalenderjahr.
Diese fallen dann an, wenn Gewerbetreibende öffentliche Flächen wie Plätze oder Straßen nutzen. Größter Einzelposten des Hilfspakets mit rund 55.000 Euro Einnahmeausfall war die Einführung eines zweistündigen freien Parkens in der städtischen Tiefgarage Murgufer, befristet vom 1. Juni bis 31. Oktober, also für fünf Monate. Diese Summe muss inzwischen nach oben korrigiert werden.
Befristung war als Ankurbelung gedacht
Mit dem freien Parken sollten Geschäfte und Gaststätten in der Innenstadt belebt werden. Gratis zieht bekanntlich immer: Schnell war zu sehen, dass deutlich mehr Andrang in der Tiefgarage herrschte. Die Befristung war als „Ankurbelung“ in schwieriger Zeit gedacht, nicht als Dauerzustand und genauso vom Gemeinderat beschlossen. Eine Verlängerung bräuchte also einen erneuten Gemeinderatsbeschluss – und könnte die Begehrlichkeit wecken, dass fortan immer die ersten zwei Stunden für den Autofahrer kostenfrei bleiben.
Die Große Kreisstadt Gaggenau hat bekanntlich wegen der Corona-Pandemie millionenschwere Ausfälle in ihrem Haushalt zu beklagen: Zum einen bei der Gewerbesteuer (Unternehmen setzen ihre Vorauszahlungen herab), zum anderen beim kommunalen Anteil an der Einkommensteuer (wegen Arbeitsplatzverlusten und Kurzarbeit, Einzelunternehmer haben oft deutlich geringere Einkünfte). Dabei war die Gewerbesteuer in der Benz-Stadt wegen der schwierigen Situation von Daimler und der Zulieferbetriebe schon vor Corona auf Talfahrt.
Dennoch hat die Stadt Gaggenau die Mittel aufgebracht, um Handel und Gastronomie in ganz schwerer Zeit zu unterstützen, und hat ein Hilfsprogramm aufgelegt. Würde man das kostenfreie Parken verlängern, würde das Defizit an dieser Stelle noch größer werden. Der Kämmerer beziffert den Einnahmeausfall für die fünf Monate inzwischen auf über 80.000 Euro. Eines dürfte klar sein: Einnahmeausfälle im Haushalt auf der einen Seite müssen später an anderer Stelle kompensiert werden.
Die Parkgebühr ist nicht hoch
Für den einzelnen Nutzer sind die Parkgebühren im Vergleich zu anderen Kommunen niedrig. In der städtischen Tiefgarage Murgufer kostet das Parken werktäglich von 6 bis 17 Uhr (samstags von 6 bis 13 Uhr) nur 70 Cent je angefangene Stunde. Werktags ab 17 Uhr, samstags ab 13 Uhr sowie sonn- und feiertags ist das Parken ohnehin frei. Eine Ausnahmeregelung gilt für Maimarkt und Herbstmesse in „normalen“ Zeiten. Die Gebühren gelten analog für das Parkhaus Hildastraße, das ebenfalls von der Stadt Gaggenau betrieben wird.
Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat die Stadt bereits im Dezember 2019 angehalten, „zunächst alle sich bietenden Sparmöglichkeiten auszunutzen sowie die Ertragsmöglichkeiten auszuschöpfen“. Deutlich teurer ist es für die Kunden in den Nachbarstädten: In der Badner Halle in Rastatt kostet die erste Stunde 1,50 Euro, jede weitere angefangene Stunde einen Euro. In Baden-Baden sind in der städtischen Vincenti-Parkgarage und in der Kongresshausparkgarage für jede Stunde zwei Euro fällig. Eine Ausnahme gilt montags bis freitags zwischen 7 und 11 Uhr: ein Euro je Stunde; zwischen 19 und 7 Uhr gilt ein pauschaler Nachttarif von vier Euro.
Gaggenau hat eine Klimaresolution
Der Gemeinderat Gaggenau hat im Januar 2020 mit großer Mehrheit (ohne die Stimmen von FDP und AfD) eine Klimaresolution beschlossen. Darin heißt es unter anderem: „Der Gemeinderat fordert die Verwaltung der Stadt Gaggenau auf, die Auswirkungen auf das Klima bei jeglichen Verwaltungshandlungen und Geschäften zu berücksichtigen …“
Das gebührenfreie Parken als gemeinsame Handlung von Verwaltung und Gemeinderat fördert aber den Individualverkehr mit dem Pkw und setzt – unter Klimaaspekten betrachtet – falsche Anreize. Aus Sicht des Klimaschutzes wird generell wiederholt an alle Autofahrer appelliert, insbesondere bei Kurzstrecken zu überprüfen, ob der Wagen nicht doch in der Garage bleiben kann.