Nach der Aufzeichnung der RTL-Show macht Annalena Baerbock der Gaggenauerin Tanja Hornung ein Versprechen. „Sie hat gesagt, sie würde es sich schon einmal vor Ort anschauen, was ich mir mit eigener Kraft aufgebaut habe“, sagt Hornung auf BNN-Nachfrage.
Gemeint ist das Nagel- und Kosmetikstudio, das die 43-jährige Selbstständige in Rastatt führt. Davor lebte die Alleinerziehende zeitweise von Hartz IV.
Hornung ist am Dienstagabend eine von sechs ausgewählten Bürgern, die in der RTL-Sendung „Am Tisch mit Annalena Baerbock - Deutschland fragt nach“ mit der Grünen-Kanzlerkandidatin diskutieren. Die Runde leitet Peter Kloeppel, der Chefmoderator der Nachrichtensendung „RTL Aktuell“.
Nach einem kurzen Vorstellungsvideo, das ein RTL-Team vergangenen Freitag bei Hornung zuhause gedreht hat, konfrontiert sie Baerbock in Berlin mit ihrer ersten Frage: „Was wollen Sie mit den Grünen dafür tun, dass Frauen, die sich trennen, keine Angst mehr haben müssen, in die Armut abzurutschen?“
Baerbock gibt sich verständnisvoll: Das Thema bewege sie stark, weil sie das Problem auch in ihrem eigenen Umfeld erlebe, sagt sie.
In der nächsten Bundesregierung müsse das Thema Kinder und Familien eine ganz andere Priorität haben. Es sei sehr ungerecht, wenn Alleinerziehende aufgrund ihrer prekären Situation um ihren Job bangen müssten. „Für mich ist das das Gegenteil einer gerechten Gesellschaft“, betont Baerbock.
Baerbock hebt Hornungs Leistung als Alleinerziehende und Selbstständige hervor
Sie macht schließlich konkrete Vorschläge, um das Problem in den Griff zu bekommen: Baerbock will es Alleinerziehenden ermöglichen, in Vollzeit wieder auf ihre vorherige Arbeitsstelle zurückzukehren.
Ich war arbeitslos, als ich schwanger wurde.Tanja Hornung, Alleinerziehende aus Gaggenau
„Die Frage der Gleichberechtigung von Frauen ist die Aufgabe für die nächsten Jahre“, sagt Baerbock. Danach ergreift Tanja Hornung das Wort: „Ich war arbeitslos, als ich schwanger wurde. Ich habe gar keinen Rückhalt bekommen.“ Die Arbeitsagentur habe ihr gesagt, sie solle sich auf eigene Kosten fortbilden.
Baerbock betont daraufhin, dass es zusätzlich spezielle Weiterbildungsagenturen geben müsse, die sich um diese Problematik kümmern.
Schließlich sagt sie in Bezug auf Hornungs Lebensgeschichte: „Mein größter Respekt. Sich mit einem zweijährigen Kind selbstständig zu machen ist eine große Leistung.“
Hornung ist sichtbar gerührt ob dieser Wertschätzung für ihre Leistung. Das habe gut getan, erzählt sie rückblickend.
Größere finanzielle Unterstützung für Alleinerziehende
Schließlich nennt Baerbock noch die Kindergrundsicherung als Mittel, um gerade Frauen wie Hornung zu unterstützen. Bedeutet: Kinder etwa von Alleinerziehenden sollten eine größere finanzielle Unterstützung bekommen als Kinder von wohlhabenderen Eltern.
Als Kloeppel fragt, ob all ihre Fragen beantwortet seien, zögert Hornung und antwortet schließlich mit ja. Dann betont sie: „Ich wünsche mir mehr Anerkennung für unsere Branche. Und eine andere Corona-Politik.“ Denn ihr Studio habe sie für neun Monate schließen müssen. Danach leitet Kloeppel zur nächsten Teilnehmerin, einer Frührentnerin, über.
„Ich hätte ohne Probleme noch zwei Stunden länger mit Baerbock reden können“, sagt Hornung und lacht. Doch es seien nur 60 Minuten für alle sechs Bürger zur Verfügung gestanden. Die weiteren Kandidaten in der Show waren eine Frührentnerin, ein Stahlarbeiter, eine Landwirtin, der Leiter eines Pflegeheims und eine Umweltaktivistin.
Wahlkampf machen ist die eine Sache, Politik die andere.Tanja Hornung, Alleinerziehende aus Gaggenau
„Baerbock kann sich sehr gut verkaufen“, erklärt Hornung. Der ein oder andere Vorschlag von Baerbock habe sie überzeugt. Aber: „Wahlkampf machen ist die eine Sache, Politik die andere.“
Hornung fügt an: „Ich kann mir finanziell aber nicht leisten sie zu wählen.“ Sie gibt zu, dass sie vor der Show sehr nervös war. Das habe sich aber gelegt, nachdem sie spontan am Dienstag live in die Sendung „Punkt12“ in Köln zugeschaltet wurde.
Eine Art Vorgeschmack auf die Diskussionsrunde am Abend. Außerdem habe Kloeppel eine „ansteckende Ruhe“ ausgestrahlt.
RTL kommt über BNN-Bericht auf Gaggenauerin
Auf Hornung ist RTL über einen Artikel der BNN aufmerksam geworden. Dieser ist Teil des multimedialen BNN-Volontärprojekts zur Bundestagswahl.
Unterstützung für ihren Fernsehauftritt erhält sie - nach anfänglicher Zurückhaltung - auch von ihrem 16-jährigen Sohn. „Er findet es gut, dass ich das gemacht habe.“ Mit ihm telefonierte sie während ihrer Zeit in Berlin dreimal täglich.
Hornung kann es sich vorstellen, in Zukunft wieder bei einer Fernsehshow mitzumachen. „Es hat Spaß gemacht.“ Ob Baerbock sie in der Zwischenzeit in ihrem Studio in Rastatt besuche, bleibe abzuwarten. Schließlich habe sie das nicht vor laufender Kamera, sondern nach der Show versprochen.