Rund 80 Wohnungen sollen auf dem Schwörer-Areal in Gaggenau entstehen. Doch seit drei Jahren geht das Bebauungsplanverfahren für das Gelände zwischen Aldi und Rotherma-Querspange nicht mehr voran.
Die gute Nachricht ist: Der Investor hat das Projekt nicht aufgegeben. „Wir sind überzeugt vom Standort und vom Konzept sowie der Architektur. Es wird mit Sicherheit ein Vorzeigeobjekt und eine Landmarke in Gaggenau sein“, sagt der Freudenstädter Unternehmer Orhan Tiryaki. Die schlechte ist: Wann die Bauarbeiten starten, steht noch immer in den Sternen.
2018 schien das Projekt auf der Zielgeraden zu sein
Im Februar 2018 wähnten sich die „Tiryaki Real Estate Developer“ noch „auf einem guten Weg“: Im Gespräch mit den BNN ging Orhan Tiryaki davon aus, Anfang 2019 mit dem Bau der sechs Häuser beginnen zu können.
Der Gemeinderat sollte im März die Offenlage des Bebauungsplanentwurfs „Östlich der Rotherma-Querspange“ beschließen. Das wäre ein großer Schritt in Richtung Baugenehmigung gewesen. Doch das Thema wurde von der Tagesordnung genommen. Zur Offenlage kam es bis heute nicht.
„Die Stadt geht nach jetzigem Stand von einem zeitnahen Fortschritt des Verfahrens aus“, teilte die Gaggenauer Pressesprecherin Judith Feuerer kürzlich auf Nachfrage hin mit. Wann es weitergehe, sei jedoch noch nicht absehbar. Es werde nach wie vor am städtebaulichen Konzept und dem Bebauungsplan gearbeitet. „Der Kontakt ist konstruktiv.“
Auch Orhan Tiryaki traut sich keine genaue Prognose zu. „Wir schauen, dass wir frühzeitig den Offenlagebeschluss bekommen.“ Wenn alles glatt läuft und schnell im Gemeinderat behandelt wird, könnte es schon im Frühjahr soweit sein. Das Baugesuch sei in Vorbereitung.
Es ist nicht alles nur Corona, aber das hat einige Auswirkungen.Orhan Tiryaki, Investor aus Freudenstadt
Wenn die Genehmigung vorliegt, kann der Hausbau trotzdem nicht sofort beginnen. Zunächst müssen Altlasten im Boden entsorgt werden. Allein dafür rechnet Tiryaki mindestens zwei Monate ein.
Der eigentliche Baustart hängt davon ab, wie die Planung vorangeht, aber auch von der Jahreszeit und der Witterung. Die Arbeiten dürften 16 bis 18 Monate in Anspruch nehmen. Grob überschlagen bedeutet das: Die Wohnhäuser werden frühestens Ende 2022 fertig.
Für die bisherigen Verzögerungen gibt es viele Gründe. Da wären unter anderem intensive Planungen zum Hochwasserschutz, ein Architektenwechsel im Frühjahr 2020 („Da mussten wir mehr oder weniger von vorne anfangen“) – und nicht zuletzt die Pandemie.
„Es ist nicht alles nur Corona, aber das hat einige Auswirkungen“, sagt Tiryaki. Allein die Umstellung auf digitale Kommunikationswege erschwere die zeitnahe und effiziente Abstimmung mit Planern und Gutachtern. Das Unternehmen habe sogar einzelne Projekte komplett zurückgestellt, um Prioritäten zu setzen.
Der Knackpunkt sind Haus- und Industrieabfälle im Boden
Das Hauptproblem sind jedoch die angesprochenen Altlasten. Im Februar 2018, dem Monat des Gesprächs mit den BNN, bescheinigte ein Gutachten Orhan Tiryaki deutlich mehr Altlasten im Boden als erwartet.
Zwar war bekannt, dass sich vor Jahrzehnten eine Deponie auf dem Gelände befunden hatte. Doch auf Basis der Angaben im Altlastenkataster des Landratsamts Rastatt hatte er damit gerechnet, nur belastetes Bodenmaterial bis in eine Tiefe von 1,5 Metern entsorgen zu müssen. Baggerschürfungen zeigten hingegen, dass die Altlasten dreieinhalb Meter tief reichen – fast 30.000 Kubikmeter Material, „mehr als die doppelte Menge“, betont Tiryaki. Es handle sich überwiegend um Haus- und Industrieabfälle der Deponieklassen I und II.
Das Thema ist sehr, sehr komplex. Die Entsorgung muss immer wieder neu überdacht werden.Orhan Tiryaki, Investor aus Freudenstadt
Daher musste das Unternehmen ein neues Konzept zur Bodensanierung in Auftrag geben und neue Angebote von Entsorgern einholen. Im Oktober 2019 sagte Tiryaki den BNN, das Sanierungskonzept sei in den letzten Zügen. Mittlerweile sagt er: „Die Planung steht, aber die Abstimmung mit dem Landratsamt muss noch erfolgen.“
Das Problem: „Das Thema ist sehr, sehr komplex. Die Entsorgung muss immer wieder neu überdacht und angepasst werden.“ Wenn ein Entsorgungsweg festgelegt werde, müsse er innerhalb eines halben Jahres genutzt werden, erklärt Tiryaki – „sonst ist er vielleicht nicht mehr da“. Etwa, weil die Kapazitäten auf der Deponie nicht mehr zur Verfügung stehen. Entsorgungsverträge will er daher erst schließen, wenn er die Baugenehmigung hat.
Die Entsorgungsfrage kostet nicht nur Zeit, sondern auch Geld. Um die Zusatzkosten zumindest teilweise aufzufangen, sparen die Planer unter anderem bei den Baukosten und verändern die Wohnungszuschnitte und -größen. Die Gebäudekörper und Geschosszahlen blieben jedoch gleich, betont Tiryaki. „Das entspricht alles dem Bebauungsplan.“