Ein Unfall am Taxistand beim Bahnhof in der Nacht zum Samstag lässt die Geschäftsführung des Gaggenauer Taxi-Unternehmens aktiv werden. Zumal es nicht der erste Crash dort war. Taxi-Holl möchte laut eigener Mitteilung aufgrund des Vorfalls vom Wochenende den Dialog mit der Stadtverwaltung suchen und setzt sich dafür ein, zwei sogenannte Temposchwellen auf der August-Schneider-Straße anzubringen.
Unternehmen fordert Temposchwellen
Dies könne einen doppelt positiven Effekt haben: Raser würden entscheidend abgebremst und es würden auch die vielen Fußgänger besser abgesichert, die zwischen Bahnhof und der Innenstadt pendeln und die deshalb die August-Schneider-Straße überqueren müssen. Im Rathaus setzt man aber eher auf verstärkte Tempokontrollen statt auf bauliche Hindernisse.
Pkw kracht auf Taxi
Was ist passiert? In der Nacht zum Samstag kurz vor vier Uhr krachte ein Pkw mit großer Wucht auf das vordere der am Bahnhof stehenden Taxis; die Pressestelle der Polizei spricht von einer Kombination von überhöhter Geschwindigkeit und nasser Fahrbahn als Unfallursache. Der Aufprall dürfte nicht gering gewesen sein: das Taxi sei um rund zwei Meter weggeschoben worden. Alkohol oder Drogen seien bei dem 47 Jahre alten Fahrer, der mit seinem Wagen von der Bahnhof- nach rechts in die August-Schneider-Straße abgebogen sei, nicht im Spiel gewesen.
Sachschaden im fünfstelligen Bereich
Die Fahrzeuge mussten abgeschleppt werden, der Sachschaden liegt im fünfstelligen Bereich, verletzt wurde niemand – aber nur durch einen glücklichen Zufall, wie Vorstand Dirk Holl von Taxi-Holl im BNN-Gespräch sagt: Da es in der Nacht zu diesem Zeitpunkt sehr ruhig gewesen war, hatte sich zuvor der Fahrer zu seinem Kollegen in das dahinter stehende Taxi gesetzt.
Ähnlicher Unfall 2013
Sebastian Holl: „Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn auch dieses Mal wieder der Taxifahrer neben seinem Auto auf dem Bürgersteig gestanden hätte!“
Genau dies ist schon mal passiert – mit fatalen Folgen für den damaligen Taxi-Fahrer, Dirk Holl schildert den Vorfall vom 22. Dezember 2013: Ein langjähriger Mitarbeiter von Taxi-Holl wartete am Bahnhof auf Kundschaft; er stand auf dem Bürgersteig neben dem Taxistandplatz seines dort geparkten Wagens und vertrat sich die Beine. Plötzlich – ohne Vorwarnung und mit voller Wucht – wurde der Mann auf dem Bürgersteig von einem Motorrad erfasst und auf die Treppenstufen vor dem Bahnhofsgebäude geschleudert.
Motorradfahrer erfasste damals Taxifahrer
Auslöser der Tragödie war, so Holl, dass ein jugendlicher Motorradfahrer sich anscheinend im Internet für ein Motorradrennen in der August-Schneider-Straße in Gaggenau verabredet hatte, dabei über sein Motorrad die Kontrolle verlor, auf den Bürgersteig geriet und den Taxifahrer erfasste. Hinzu kam, dass das Motorrad zum Unfallzeitpunkt nicht verkehrssicher war und der junge Motorradfahrer nicht über die notwendige Fahrerlaubnis verfügte.
Mann seitdem arbeitsunfähig
Dirk Holl: „Heute leidet der betroffene Taxifahrer immer noch an den Spätfolgen seines Verkehrsunfalles, ist seit diesem schicksalhaften Tag im Dezember 2013 arbeitsunfähig und mittlerweile auf Hartz IV angewiesen.“
Auto-Poser unterwegs
Dass es eine Auto Poser-Szene in Gaggenau gibt, ist bekannt: Sie ist im Regelfall konzentriert auf die Sommermonate, und hier wiederum auf die milden Abende an Wochenenden. Anwohner der August-Schneider-Straße berichten von extremen Lärmbelästigungen durch getunte und PS-starke Fahrzeuge von jungen Männern, die entweder auf gerader Strecke vor dem Bahnhof oder auch gerne mal nach 22 Uhr auf dem Parkdeck des benachbarten Murgtal-Centers (nachdem der Sicherheitsdienst Feierabend hat) lautstark ihre Runden drehen.
Skepsis im Rathaus
Im Rathaus sieht man Temposchwellen eher skeptisch. Das Problem zu hoher Geschwindigkeiten kenne man aus vielen Bereichen der Stadt, regelmäßig gebe es Nachfragen nach Temposchwellen, sagt Pressesprecherin Judith Feuerer. Sie gibt zu bedenken: nach einer Schwelle werde erst recht beschleunigt und dadurch Lärm erzeugt.
Am Bahnhof gilt Tempo 20
Auch dürften die Schwellen gar nicht sehr hoch sein, damit ein tiefer gelegter Wagen nicht beschädigt wird. Nach dem Unfall vom Dezember 2013 sei am Bahnhof „Tempo 20“ eingeführt worden. Die Stadtverwaltung setze statt baulicher Einschränkungen auf mehr und gezielte Geschwindigkeitskontrollen – auch am Bahnhof.
Ein Kommentar von Dominic Körner:
In der Pflicht
Es war nur eine Frage der Zeit: Am Sonntagmorgen kracht ein Auto vor dem Gaggenauer Bahnhof in ein abgestelltes Taxi. Die Ursache: Mit großer Wahrscheinlichkeit überhöhte Geschwindigkeit. Nur durch Glück wird niemand verletzt. Es ist ein weiteres, unrühmliches Kapitel der hemmungslosen Raserei auf der August-Schneider-Straße, unter der Anwohner und Passanten seit Jahren leiden. Schon 2013 kam es auf der innerstädtischen Rennstrecke zu einem folgenreichen Unfall, bei dem ein Taxifahrer schwer verletzt wurde. Noch immer leidet der Mann unter den Spätfolgen, mittlerweile ist er arbeitsunfähig.
Was muss noch passieren?
Unweigerlich drängt sich die Frage auf: Was muss noch alles passieren, bis die Gaggenauer Raser endlich die Härte des Gesetzes spüren? Muss erst ein Kind zu Tode gefahren werden? Sporadische Kontrollen und Geschwindigkeitsdisplays mit Smileys haben keine abschreckende Wirkung – ebenso wenig wie die eingerichtete Tempo-20-Zone.
Strafen müssen wehtun
Sobald es warm wird, kann man auf sie zählen: Junge Männer in dicken Karren, die ihre Minderwertigkeitskomplexe mit durchdrehenden Reifen therapieren wollen. Sie pfeifen auf Rücksichtnahme, weil sie um die Zahnlosigkeit des Rechtsstaates wissen. Und gleichzeitig ist ihr spätpubertäres Verhalten Zeugnis einer verrohenden Gesellschaft. Motto: Was kümmern mich meine Mitmenschen? Am Baggersee werden die Boxen aufgedreht, in der Bahn grölen spätabends nicht nur Halbstarke, als gäbe es kein Morgen mehr – und in der Benz-Stadt geilt man sich am Röhren seines Auspuffs auf. Damit muss endlich Schluss sein. Allein empfindliche (Geld-)Strafen treffen Raser dort, wo es sie am meisten schmerzt – am Budget für die neue Soundanlage.
Klares Signal gegen PS-Proleten
In Gaggenau steht der Rechtsstaat in der Pflicht, ein klares Signal zu entsenden. Er muss zeigen, dass er am längeren Hebel sitzt als diese hirnlosen PS-Proleten. Bislang vermittelt er den um ihre Sicherheit besorgten Bürgern den Eindruck, die Raser könnten Gas geben, wie sie wollen. Die Polizei, so viel ist hinlänglich bekannt, ist personell unterbesetzt und tut sich schwer, Präsenz zu zeigen. Ein Gruß geht deshalb auch an die Landesregierung in Stuttgart: Abhilfe tut not. Besser heute als morgen. Dominic Körner