Die Stimmung ist durchwachsen – genauso, wie das Wetter an diesem ersten Adventszauber-Samstag. Obwohl die Buden des Wochenmarkts den Marktplatz füllen, ist zwischen den Buden des Mini-Weihnachtsmarkts fast nichts los.
„Die meisten laufen gezielt von Marktstand zu Marktstand und sind dann wieder weg“, hat Bahar Ertoy beobachtet. Und trotzdem will die junge Frau hinter der Theke mit den türkischen Spezialitäten sich die Laune nicht verderben lassen.
„Wir sind zum ersten Mal dabei und haben daher gar keinen Vergleich“, erzählt Ertoy. Sie und ihre Familie, die den Stand „im Schichtbetrieb“ schmeißen, hoffen auf den Mittagstisch unter der Woche.
Adventszauber Gaggenau und Corona: Besser ein kleiner Markt als gar keiner
„Ich würde heute bei dem Wetter ja auch keinen Ausflug mit meinen Kindern hierher machen“, räumt sie ein. Eine Absage, weil das Adventsmarktkonzept kurzfristig geändert wurde, kam für sie und ihre Familie aber nicht infrage.
Das gilt auch für die anderen Marktbeschicker. „Bevor gar nichts ist...“ ist immer wieder zu hören. Immerhin habe man sich über Wochen und Monate vorbereitet. Nurten Sarac etwa hat bereits Mitte Oktober angefangen, Linzertorten und Lebkuchen zu backen.
Danach ging es mit Pralinen und Plätzchen weiter. „Sonst hätte ich wieder in der Apotheke verkaufen müssen“, sagt sie. Dort ist sie hauptberuflich tätig und als vergangenes Jahr der Adventsmarkt komplett gestrichen wurde, war das die Notlösung, bevor alles schlecht geworden wäre. „Ich habe das Glück, dass ich viel Stammkundschaft habe. Die kommen gezielt“, erzählt sie.
Es kann ja nur besser werden.Michaela Möller, Standbetreiberin
Und prompt taucht Gisela Köhler auf. Die gehört zwar noch nicht zu Saracs Kundenstamm, könnte es aber bald. „Mir wurde gesagt, dass das Gebäck sehr gut sein soll“, sagt die Seniorin und kauft eine Plätzchenmischung. „Da kann ich dann alles probieren und später die besten einzeln kaufen.“
Einige Stände weiter freuen sich Barbara und Reto Tietz darüber, dass sie überhaupt einen Stand haben können. „Wir kommen aus Landshut in Bayern, da ist alles abgesagt worden.“ Da er in Gaggenau aufgewachsen ist und kurzfristig ein Stand frei gewesen sei, hat sich das Ehepaar für zwei Tage in die alte Heimat aufgemacht, um ihre kunstvollen Seifen mit dem Namen „soap solution“ zu verkaufen.
Schräg gegenüber steht Michaela Möller aus Baden-Baden vor ihrem Stand mit Kindersachen aus Stoff und Wolle. „Es kann ja nur besser werden“, sagt sie mit einem Schulterzucken.
Rückzug ist für die Händler beim Gaggenauer Adventszauber keine Option
Auch für sie war ein Rückzug keine Option, immerhin habe sie seit über einem Jahr an Kuscheltieren, Mobilés und Co gearbeitet. Der Weihnachtsmarkt in Baden-Baden sei auch keine Alternative für sie. „Ich fand es immer schön hier und nicht so groß und kommerziell wie in Baden-Baden.“ Und es gehe ja auch darum, im tristen Corona-Alltag für ein bisschen Abwechslung und Normalität zu sorgen.
Bei Ursula Fieg hat das jedenfalls geklappt. Sie steht gerade am Weihnachts-Deko-Stand von Klaus Behse. „Ich suche gestrickte Strümpfe und Räucherkerzen“, erzählt die Gernsbacherin. Bei Weihnachtsmarkt-Urgestein Behse is sie fündig geworden – anders als in Rastatt. „Da bin ich enttäuscht gewesen.“ Zu viel Verzehr und zu wenig Weihnachtsstimmung.
Die Stimmung ist nicht, wie sie sein sollte.Mitarbeiterin der Parfümerie Niendorf
Die Beleuchtung, die werde immer wieder von Kunden gelobt, weiß auch Melitta Strack von der Jeans Box in der Hauptstraße, die zugleich Vorsitzende der Gaggenauer Gewerbegemeinschaft ist.
Einen positiven Effekt des kleinen Adventszaubers für den Einzelhandel verspricht sie sich in diesem Jahr allerdings nicht. „Diese Gesamtstimmung, gemütlich Einkaufen und dann was Trinken auf dem Weihnachtsmarkt – das kann der Adventszauber überhaupt nicht leisten.“
Das ist auch der Eindruck auf der gegenüberliegenden Seite in der Parfümerie Niendorf. „Die Stimmung ist nicht, wie sie sein sollte“, sagt eine Mitarbeiterin. Eigentlich sei an den Adventssamstagen immer ordentlich was los. „Aber heute ist es ganz schlimm.“ Vielleicht liege das auch an der 2G-Regel, die in der Parfümerie gelte.
3G als Chance für den kleinen lokalen Einzelhandel in Gaggenau
Und doch – Melitta Strack sieht in der aktuellen Situation auch Chancen für den lokalen Einzelhandel. Gerade in den großen Einkaufszentren sorgten die Nachweis- und Zertifikatkontrollen für Wartezeiten. „Da kommt der ein oder andere doch lieber in die kleinen Städte anstatt Schlange zu stehen.“
Denn kriegen könne man in Gaggenau auch alles, was die Großen hätten. Und im Gegensatz zum Internet kriege man noch kostenlose Beratung dazu und könne die Sachen anfassen, die man kaufen wolle. „Und die Händler“, weiß Strack, „die freuen sich.“