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Biomethan statt Elektro

Wie ein Gaggenauer Transport-Unternehmen schon früh auf alternative Antriebe setze

Alternative Antriebe sind auch im Lkw-Verkehr ein Zukunftsthema. Der Gaggenauer Unternehmer Ferdinand Hurrle setzte schon früh auf Biomethan.

Die FDP-Landtagsabgeordneten Hans Dieter Scheerer (von links), Christian Jung und Friedrich Haag lassen sich von Ferdinand und Ingo Hurrle den Recyclinghof und ihre Firma Hurrle Spezial-Transporte zeigen.
Die FDP-Landtagsabgeordneten Hans Dieter Scheerer (von links), Christian Jung und Friedrich Haag lassen sich von Ferdinand und Ingo Hurrle den Recyclinghof und ihre Firma Hurrle Spezial-Transporte zeigen. Foto: Hartmut Metz

„Ich versuche, immer innovativ vorne zu sein“, verkündet Ferdinand Hurrle und erinnert sich noch gut, dass er „auch bei Biomethan anfangs ausgelacht wurde“, als der Geschäftsführer von Hurrle Spezial-Transporte die damit angetriebenen Lkw anschaffte. Mittlerweile hat der 67-Jährige in seinem Fuhrpark in Ottenau zwölf Lkw stehen, die mit Biomethan fahren. „Die funktionieren hervorragend!“ Dazu gesellen sich zwei weitere, die synthetischer Kraftstoff antreibt. Hurrle ist von den Fahrzeugen begeistert.

Und regt sich als Unternehmer wie als ehemaliger Gaggenauer Gemeinderat der Freien Wähler über den nahen „Unsinn“ auf der B462 auf: Das Projekt eWayBW setze ohne zusätzlichen Erkenntnisgewinn Millionen in den Sand. Die Liberalen im Land sehen das genauso und informierten sich drei Mann hoch – die gesamten Vertreter der FDP im Landtagsausschuss für Verkehr – bei dem Vorzeigeunternehmer im Murgtal. Er dient Christian Jung (Wahlkreis Bretten), dem Stuttgarter Friedrich Haag und Hans Dieter Scheerer (Wahlkreis Leonberg) als lebender Beweis für die von FDP-Parteichef Christian Lindner postulierte Zukunftsfähigkeit des Verbrennungsmotors.

Der Bundesfinanzminister setzt im Autoland nicht nur auf den Elektroantrieb, sondern glaubt fest daran, dass CO2 durch Electric-Fuels (E-Fuels) ebenso eingespart werden kann. Die synthetischen Kraftstoffe basieren nicht auf Erdöl, sondern werden mittels Elektrizität aus Wasserstoff und CO2 hergestellt. Weil so in den Kreislauf kein zusätzliches CO2 gelangt, sind diese E-Fuels klimaneutral.

Die ideologische Fokussierung auf Elektro ist Quatsch.
Hans Dieter Scheerer, FDP-Landtagsabgeordneter

Angesichts von 40 Millionen Autos mit Verbrenner, die im Jahr 2030 noch über Deutschlands Straßen rollen sollen, will die FDP direkt daran ansetzen. Auch wenn die Liberalen „nichts gegen das Elektroauto haben“, wie Jung betont – „die ideologische Fokussierung auf Elektro ist Quatsch“, wirft Scheerer den FDP-Koalitionären in der Bundes-Ampel vor.

Zuvor hatte er erfahren, dass mit Bio-Methangas aus Gülle (CNG) auf 44.300 Lkw-Kilometern rund 40 Tonnen CO2 eingespart werden bei Hurrle Spezial-Transporte. Der 67-jährige Firmenchef nimmt nächsten Monat eine noch größere Photovoltaik-Anlage in Betrieb, wonach das 100-Mann-Unternehmen, das Mitarbeiter aus 20 Nationen beschäftigt, „autark ist, wenn die Sonne strahlt“.

E-Fuels spielen bei Lkw noch keine Rolle

„E-Fuels spielen bei Lkw noch keine Rolle“, stellt Hurrle klar, schiebt jedoch mit dem Blick in die Zukunft nach, „das kann sich aber ändern“. Wie Heidi Schottmüller in einem Vortrag für die Landtagsabgeordneten ausführt, benötigen Elektro-Lkw zu lange Ladezeiten, verfügen über eine zu geringe Reichweite, außerdem sei die Tankstellen-Infrastruktur schlecht. Nicht zu vergessen: Durch das Batteriegewicht, das Scheerer mit sechs Tonnen bezifferte, verringere die Nutzlast.

Insofern halten Schottmüller und Hurrle den CNG-Lkw derzeit für überlegen. Dass es nicht an Kraftstoff dafür mangelt, unterstreicht der 67-Jährige nach einem Besuch an der Uni Kaiserslautern: „Abfälle können 40 Prozent des Gasbedarfs bundesweit abdecken“, sagt der Gaggenauer Recycling-Spezialist, der in seiner Branche enorme Fortschritte ausmacht: „Vor 15 Jahren landeten 90 Prozent der Abfälle auf der Deponie, heute sind es fünf Prozent.“ Inzwischen würde nur verseuchter Müll wie Asbest nicht recycelt.

Jung, Haag und Scheerer zeigten sich sehr angetan vom Einsatz des 73 Jahre alten Traditionsunternehmens. Sie versprachen, die von den Grünen geführte Landesregierung auf die Berechnungen und Erkenntnisse der Ottenauer aufmerksam zu machen.

Gaggenauer Unternehmer fordert: Führerschein-Alter und -Kosten senken

Zudem will sich das FDP-Trio dafür einsetzen, dass die Transport-Branche eher Mitarbeiter findet. Hierbei haben die Beteiligten nicht nur die hohen Kosten für den Lkw-Führerschein im Auge, der in Deutschland an die 10.000 Euro kostet und in Österreich nur 3.000 Euro. Dieser soll auch bereits mit 18 statt 21 Jahren gemacht werden können. „Und mit 17 Jahren sollen die Jugendlichen mitfahren können“, fordert Hurrle, die große zeitliche Lücke zu schließen, die bei der Ausbildung verschenkt wird, weil Schulabsolventen so lange vom Lenkrad ferngehalten werden.

„Toll, wenn einer so vorangeht“, lobt Haag das Engagement des Spezial-Transportunternehmens und ergänzt, „bleiben Sie so umtriebig“. Inzwischen ist den anderen Transporteuren das Lachen vergangen angesichts der politischen Vorgaben und der explodierten Spritpreise seit dem russischen Überfall auf die Ukraine.

Ja, kleinlaut rief sogar unlängst ein Kollege bei dem weitsichtigen Ferdinand Hurrle an und schlug vor, dass man sich doch einmal zu einem Gespräch über Biogas-Lkw treffen könnte. Als er davon berichtete, musste der 67-jährige Unternehmer auch ohne den Einsatz von Lachgas lachen. Wer zuletzt lacht, lacht am besten.

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